Mögliche Lieferung an Ukraine: Wer kontrolliert die Panzer?

Seite 2: Panzer an die Ukraine. Und dann?

Als Journalist kann man sich den Wellen der Aufmerksamkeit und Erregung kaum entziehen. So war es während der Corona-Pandemie, so ist es mit Blick auf den russischen Angriff auf die Ukraine, bei dem zuletzt – auch bei Telepolis sichtbar – ein Thema dominiert: Panzer, Panzer, Panzer!

Nun hat also Polen bei der Bundesregierung offiziell die Lieferung von Kampfpanzern des Typs "Leopard 2" an die Ukraine beantragt. Der polnische Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak erklärte auf Twitter, Deutschland habe "unsere Anfrage erhalten":

Deutschland hat bereits unsere Bitte erhalten, der Lieferung von Leopard-2-Panzern an die Ukraine zuzustimmen. Ich appelliere auch an die deutsche Seite, sich der Koalition der Länder anzuschließen, die die Ukraine mit Leopard-2-Panzern unterstützen. Das ist unsere gemeinsame Sache, denn es geht um die Sicherheit ganz Europas!

Mariusz Blaszczak

Allerdings hatte Polen zuvor bereits durchblicken lassen, dass es seine eigenen "Leoparden" auch ohne Zustimmung Berlins in den Osten schicken würde.

Und das zeigt ein oft übersehenes Problem: den latenten Kontrollverlust in der Rüstungsdebatte. Nicht umsonst fordern besonnene Rüstungsexperten seit Jahren eine stärkere Endverbleibskontrolle bei Rüstungsexporten.

Aber wie soll das bei den Panzern für die Ukraine funktionieren? Niemand kann sagen, wie und wo die deutschen – und sonstige – Waffensysteme dann eingesetzt werden und wie sich ihr Einsatz auf den Konflikt auswirkt. Das wird ausgeblendet und bei den Befürwortern durch mangelnde Sachkenntnis und Illusionen mehr schlecht als recht ersetzt. Das merken wir auch selbst in manchen Reaktionen auf unsere Berichterstattung, wenn z.B. die schwersten Kampfpanzer, die es gibt, plötzlich zu "lebensrettenden Defensivpanzern" werden.

Zu den schwer erträglichen moralischen Herausforderungen der Ukraine-Debatte gehört, dass bei Waffenlieferungen umso mehr Zurückhaltung geboten ist, je mehr der Wunsch nach Vergeltung bei den angegriffenen Ukrainern wächst.

Es gehe darum, "den Feind zu bestrafen", schrieb dieser Tage der Chef des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak. Er bezog sich dabei auf ein gefordertes UN-Sondertribunal gegen Russland, das nach derzeitigem Stand nicht kommen wird.

Wenn dann die kaum zu kontrollierenden ukrainischen Streitkräfte, Spezialeinheiten und Milizen über schwere westliche Waffensysteme verfügen, dürfte dies zu einer neuen Eskalation führen. Wer heute noch behauptet, Panzer schafften Frieden, wird sich dann wehmütig an das "Zögern" im Bundeskanzleramt erinnern.