"Mogelpackung" von ARD und ZDF?
Die Sparpläne, die die Gebührensender am Freitag präsentierten, überzeugen zwar die SPD, aber nicht die FAZ
Am Freitag präsentierten die deutschen Gebührensender drei einheitlich "Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im digitalen Zeitalter" betitelte Papiere mit "Sparvorhaben". Die hatten die Bundesländer vorher angefordert, damit die Akzeptanz dieser Medieneinrichtungen in der Bevölkerung nicht weiter sinkt.
Die Pläne, die die ARD-Vorsitzende Karola Wille als "größten Reformprozess der ARD-Geschichte" lobte, sehen unter anderem vor, dass die ARD in elf "Strukturprojekten" zusammen mit dem ZDF "Doppelstrukturen abbaut" und "Kapazitäten bündelt". Senderintern sollen die "IT-Infrastruktur vereinheitlicht oder eine gemeinsame Software in der Verwaltung" eingesetzt sowie Korrespondentenbüros für Hörfunk, Fernsehen und Online "unter einem Dach […] crossmedial umgestellt" werden (vgl. ARD und ZDF wollen sparen - aber nicht auf Kosten des Programms).
Die rheinland-pfälzische Medien-Staatssekretärin Heike Raab von der SPD, die die Arbeitsgruppe für die Reformen leitet, begrüßte die Vorschläge, die ihren Worten nach "zeigen, dass die Zeichen der Zeit erkannt worden […] und Reformschritte für effizientere Strukturen eingeleitet worden sind". Anderer Ansicht ist man in der Frankfurter Allgemeine Zeitung, wo man von einer "Mogelpackung" spricht, die ARD und ZDF den Länderpolitikern und der Öffentlichkeit "andrehen" wollen. Die 951 (ARD) und 270 (ZDF) Millionen Euro aus den oben geschilderten "Strukturprojekten" wirken der Zeitung zufolge weit weniger eindrucksvoll, wenn man sich ansieht, dass sie sich auf acht Jahre verteilen, in denen die Sender aus Rundfunkbeiträgen etwa 64 Milliarden Euro einnehmen werden. Zudem holten die Anstalten damit lediglich nach, was der öffentliche Dienst "längst hinter sich hat".
Luxuspensionen sollen ein bisschen weniger stark steigen
Die etwa andere Hälfte der zwei Milliarden an behaupteten Einsparungen entfällt FAZ-Medienredakteur Michael Hanfeld nach darauf, dass alte Luxuspensionen "künftig um ein Prozent weniger als die Löhne [bei] ARD, ZDF und Deutschlandradio" ansteigen. Weil der Vertrag mit der Gewerkschaft Verdi, in dem das festgelegt ist, eine extrem lange Laufzeit hat, sind fünfzehn Jahre lang keine stärkeren Kürzungen möglich, was vorher bereits der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linken bemängelt hatte.
Wozu ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk nach dem Ende des Zeitalters der knappen Frequenzen gut?
Neben ihm äußerten sich auch der Privatsenderverband VPRT und der Zeitungsverlegerverband BDZV skeptisch: Ihnen fiel auf, dass es nicht nur bei den 21 Fernseh- und 66 Radiosendern bleiben soll, sondern dass die Konkurrenten mit Gebührenvorteil ihr Angebot im Internet sogar noch weiter auszubauen wollen. Bei der ARD hieß es dazu, der "Bedarf nach freiem Zugang aller Menschen zu verlässlicher und unabhängiger Information" habe sich "im digitalen Zeitalter nicht überholt, sondern verstärkt".
Diese Meinung teilen viele Social-Media-Nutzer nicht. Als die WDR-1Live-Radiomoderatoren am 22 September eine Stunde lang nur Musik spielten, "um in den stockenden Tarifverhandlungen Druck zu machen", meinte beispielsweise der Jäger Maximilian Sternberg auf Twitter: "Der Schuss kann aber nach hinten los gehen, WDR - merkt doch eh' keiner wozu der öffentlich-rechtliche Rundfunk im 21. Jahrhundert gut sein soll."
Für die ebenfalls auf Twitter aktive ZDF-Journalistin Eva-Maria Lemke ist er zum "Einordnen" gut, weil sie ungefilterte Meinungen von Bürgern für "gefährlich" hält. Mit diesem Bekenntnis erzeugte sie viel Widerspruch. Der Medienblogger Stefan Slaby meinte dazu beispielsweise: "Das Massaker von Las Vegas schrumpft im ÖRR zur Schießerei - das muss die 'Einordnung' sein, die Journalisten der Anstalten so wichtig macht. Andere Beobachter vermuten den Grund für den Weiterbestand der Sender nach dem Ende des Zeitalters der knappen Frequenzen darin, dass Politiker sie für strukturell gewogene dienstbare Werkzeuge halten. Ein Indiz dafür lieferte unlängst (und wahrscheinlich ungewollt) Ex-Regierungssprecher Bela Anda, der auf einen ihm nicht genehmen Beitrag im Deutschlandfunk hin verlautbarte, vom "Staatsfunk" erwarte er etwas anderes.