Much ado about Kepler-452b

Bild: NASA/JPL

Der neue von der NASA als "zweiter Cousin" der Erde vorgestellte Exoplanet ist nicht erdgleich und noch weit davon entfernt, eine bewohnte Welt zu sein

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Am Donnerstag den 23. Juli 2015 verkündete die für ihre offensive Pressepolitik bekannte US-Raumfahrtbehörde NASA die Entdeckung des kleinsten in einer habitablen Zone gelegenen Planeten, der einen sonnenähnlichen Stern umkreist und auf dem Wasser und Leben vorkommen könnte. Doch entgegen dem Medienhype ist der 1400 Lichtjahre entfernte Exoplanet weit davon entfernt, eine zweite Erde zu sein. Und ob auf ihm Leben existiert, bleibt reine Spekulation. Frühestens die nächste Teleskop-Generation könnte hierfür indirekt Indizien finden. Ein exobiologisch harter Beweis wäre nur im Rahmen einer In-situ-Mission zu erbringen.

Bei der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA gehört es längst zum guten Ton, eine offene Informationspolitik zu pflegen, die mit einer direkt-offensiven Gangart einhergeht. Geht es darum, die jeweilige Administration zu beeindrucken und Gelder für den Raumfahrtetat zu sichern und Kongressabgeordnete für weitere Fördermittel zu gewinnen, greift die NASA gerne in die Marketing-Trickkiste und stilisiert nicht selten wissenschaftliche Studien und Observationen zu Jahrhundertentdeckungen und Sensationen hoch, die diesen Stellenwert in der Science Community indes nicht haben.

So geschehen am 6. August 1996, als die NASA der Weltöffentlichkeit in einer kurzfristig einberufenen, aber dennoch viel beachteten Pressekonferenz vor laufenden Kameras einen kleinen, unscheinbaren Stein mit der kryptischen Bezeichnung ALH 84001 präsentierte. Dabei verkündete sie, dass es sich bei dem Gebilde zweifelsfrei um einen Marsmeteoriten handelt, in dessen Innern wurmartige Strukturen zu sehen sind, die auf ehemals biologische Aktivität hinweisen. Sichtlich beeindruckt von dem Fund ließ sich seinerzeit sogar US-Präsident William Jefferson Clinton einen Tag später zu einem überaus emotionalen Statement hinreißen.

Mikroben in ALH 84001 oder nicht? Das ist hier die Frage, auf die es noch keine zufriedenstellende Antwort gibt. Bild: NASA/JSC

Heute scheiden sich die Geister an dem 1940 Gramm schweren und kartoffelknollengroßen Meteoriten. Die damalige PR-Offensive lief ins Leere. Noch stehen sich die Pro- und Contra-Lager gegenüber und streiten miteinander. ALH 84001 wird immer noch nicht von den Fachleuten vorbehaltlos als marsianer Stein des Lebens gewürdigt, so wie es die NASA gerne sähe.

Dick aufgetragen

Auch heute haben NASA-Pressekonferenzen nichts von ihrer Brisanz verloren. Organisiert die NASA kurzfristig ein wichtiges Meeting mit Journalisten, trägt sie nach wie vor in schöner Regelmäßigkeit dicker auf als dies gerechtfertigt wäre. Vor allem wenn die besprochene Studie einen astrobiologischen Bezug hat oder es um die Entdeckung neuer extrasolarer Planeten geht. Dann kann es schon einmal vorkommen, dass der medienwirksam präsentierte Exoplanet zu einer potenziell lebensfreundlichen Welt oder zumindest zu einem Himmelskörper avanciert, der für spätere bioastronomische Studien von höchstem Interesse sein soll.

Für diese Chuzpe gab es in der Vergangenheit zahlreiche Beispiele: So stellte die NASA vor vier Jahren mit HD85512b eine Supererde vor, auf der nach Ansicht der Forscher durchaus biologische Lebensformen überleben könnten. Ein Jahr später lancierte sie mit großem Tamtam die Entdeckung von GJ6667c. Diesem extrasolaren, in einer habitablen Zone gelegenen Planeten attestierte die NASA ebenfalls gute Chancen, Leben hervorzubringen.

Ein Exoplanet in der Fantasie eines Space-Art-Malers. Fast 2000 Exoplaneten konnten Astronomen bis heute bestätigen. Zirka 300 davon, größtenteils Supererden, umrunden ihr Gestirn in habitablen Zonen. Bild: ESO/M. Kornmesser

Vor mehr als einem Jahr erreichte der Medienrummel einen neuen Höhepunkt - dank Kepler-186f. "Das ist definitiv der erste erdgroße Planet in einer habitablen Zone, der einen anderen Stern umkreist", freute sich im April 2014 Elisa Quintana vom SETI Institut beim NASA Ames Research Center in Kalifornien. Obwohl Kepler-186f zirka 490 Lichtjahre entfernt einen Zwergstern umkreist, bezeichnete die NASA die ferne Welt als "Cousin" der Erde, auf dem unter bestimmten Umständen Leben existieren könnte.

Lebensfreundlicher Planet und Steckbrief

Am 23. Juli 2015 präsentierte die NASA auf einer großen Pressekonferenz einen weiteren "Cousin" der Erde, auf dem der NASA zufolge flüssiges Wasser vorkommen und Leben gedeihen könnte. "Diese aufregende Entdeckung bringt uns einen Schritt näher, die Erde 2.0 zu finden", schwärmte der Leiter des Wissenschaftsprogramms der NASA, John Grunsfeld mit Blick auf den Exoplaneten Kepler-452b.

Für Jon Jenkins vom Ames Research Center der NASA, der mit seinem Team die Daten des NASA-Weltraumobservatoriums Kepler durchforstete und den Exoplaneten nachbeobachtete, hätte Leben hier gute Chancen, sich zu entfalten. Nicht zuletzt deshalb, weil der Himmelskörper schon seit sechs Milliarden Jahre in der habitablen Zone des Sternsystems weilt. "Das sind schon echt gute Bedingungen für das Aufkommen von Leben, sofern die notwendigen Zutaten und die Umweltbedingungen hierfür vorhanden sind."

Bild: NASA

Der Steckbrief der neuen Welt, den die NASA auf der Pressekonferenz vorstellte, wirkt auf den ersten Moment vielversprechend: Kepler-452b umkreist seine Heimatsonne binnen 385 Tage einmal. Sein Stern ist wie unsere Sonne vom Typ G2V. Er ist 1,5 Milliarden Jahre älter, hat fast die gleiche Temperatur und ist 20-mal heller als unsere Sonne und hat 4 Prozent mehr Masse als die Sonne. Im Durchmesser 60 Prozent größer als die Erde, umrundet der Planet seine Muttersonne in einer Entfernung, die nur fünf Prozent größer ist als die Distanz Erde-Sonne. Er befindet sich demnach in der bewohnbaren Zone, im grünen Gürtel des Systems, also in jener Region, in der Planeten flüssiges Wasser konservieren und in der sich biologisches Leben ausbreiten kann.

Mediale Reaktionen

Für zahlreiche deutsche Zeitungen, Online-Magazine und andere Medien war dieser Steckbrief Anlass genug, um Kepler-452b zur zweiten Erde und wasserreichen Welt des Lebens zu verklären. Für die "Bild" etwa elektrisiert die "Nachricht von der Existenz einer 'zweiten Erde'" einerseits die "Menschheit", andererseits beflügelt diese auch die Suche nach intelligenten Aliens.

Die Schweizer Boulevard-Zeitung "Blick" macht sich schon Gedanken darüber, wie Tiere auf dem fernen Exoplaneten aussehen könnten. Auf der n-tv-Website berichtet ein Autor, dass die Nachricht ein "Weltraumfieber" ausgelöst habe, von dem auch die Forscher und Amateurastronomen weltweit infiziert seien. In dem Beitrag spielt der Verfasser auch das Szenarium durch, wie eine Reise zu der 1400 Lichtjahre entfernten zweiten Erde realisiert werden könnte.

Bild: NASA

Während der österreichische "Kurier" berichtet, die NASA hätte einen "Erdzwilling" lokalisiert, bezeichnet der Bonner General-Anzeiger den Planeten sogar als "Erde 2.0". Und "The Guardian" wirft in einem Online-Beitrag die Frage auf, ob dieser Planet der Menschheit nicht die einmalige Chance böte, endlich außerirdisches Leben zu finden. Noch dramatischer stellt der regionale, in Baden-Württemberg ansässige Fernsehsender RTF die Entdeckung dar. Er bezeichnet die NASA-Pressemeldung über den Fund sogar als "historische Jahrtausend-Nachricht".

Keine voreiligen Schlüsse

Sensationsmeldungen wie diese mögen zwar der Auflage einer Zeitung oder der Quote eines Senders zugutekommen - aber sie korrespondieren nur selten mit der Wahrheit - auch im Fall von Kepler-452b nicht. Fakt ist, dass diese Welt weder eine zweite Erde noch ein irdischer Zwilling ist. Im Durchmesser 60 Prozent größer als unser Planet, erweist sich Kepler-452b vielmehr als klassische Supererde, worunter Astronomen gemeinhin Exoplaneten verstehen, die die eineinhalb- bis 14-fache Erdmasse aufweisen.

Wenn Jon Jenskins der New York Times in einer E-Mail verdeutlicht, dass Kepler-452b theoretisch auch ein kleiner Gasplanet sein könnte, aber nur mit 50- bis 62-prozentiger Wahrscheinlichkeit ein Felsenplanet, wird das ganze Dilemma evident: Die Datenbasis ist einfach zu dünn, um sich in bioastronomische Spekulationen zu verlieren. Jede Mutmaßung geht mit dem Risiko einher, den Leser mit Desinformationen in die Irre zu führen.

Fernab der habitablen Zone: Auf diesem Himmelskörpern hätte Leben keine Chance auf Entfaltung. Bild: NASA, ESA, and G. Bacon (STScI). Science Credit: J. Linsky (University of Colorado, Boulder, Colo., USA)

Dies gilt im Besonderen für die zuvor aufgeführten unzutreffenden Behauptungen diverser Medien, Kepler-452b sei eine wasserreiche Welt mit biologischer Aktivität. Ob diese jemals in den Annalen der Bioastronomie als Hort außerirdischen Lebens aufgeführt wird, vermag zum jetzigen Zeitpunkt kein Gelehrter vorherzusehen. Schließlich kennt keiner die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre. Bei alledem ist noch nicht einmal sicher, ob Kepler-452b überhaupt eine solche besitzt. Das NASA-Weltraumteleskop Kepler mag noch vor dem Hubble- und Spitzer-Fernrohr sowie dem ESA-Observatorium CoRot der bis heute effektivste Planetenjäger im All sein. Was jedoch die Bestimmung dieser Parameter angeht, stößt auch das Kepler-Fernrohr wie alle bodengebundenen und orbitalen Teleskope an seine Grenzen. Dass die Forscher derweil keine Kenntnisse von der Dichte und genauen Masse des neuen extrasolaren Planeten haben, ist größtenteils der noch unzureichenden Sensibilität der Instrumente geschuldet. Während die Suchstrategien, Methoden und Techniken immer ausgefeilter werden, haben die aktiven Weltraumteleskope ihr Limit erreicht. Mehr geht nicht zurzeit. Und dies gilt insbesondere für den Nachweis eines echten erdähnlichen Planeten, der Leben hervorgebracht hat.

Langer Weg bis zum Ritterschlag

Oft wird vergessen, dass Astronomen diese Objekte nur unter größtem Aufwand detektieren können. Um einen Himmelskörper mit dem exoplanetaren Ritterschlag adeln zu können, braucht es Zeit und Geduld. Lokalisiert das Weltraumteleskop Kepler etwa einen unbekannten Himmelskörper, der gerade vor seinem Heimatstern vorbei zieht und dabei dessen Licht geringfügig abschwächt, reicht ein einmaliger Transit bei weitem nicht aus, um teure Folgebeobachtungen zu rechtfertigen. Vielmehr muss Kepler bei einem Planetenkandidaten zunächst drei Transits aufzeichnen. Je nach Entfernung des Planeten zu seinem Gestirn und der sich daraus ergebenden Umlaufzeit kann dies viele Jahre in Anspruch nehmen.

Doch selbst wenn die erste große Hürde genommen ist und die obligaten drei Transits aufgezeichnet sind, muss eine zweite Quelle, besser gesagt ein auf dem Prinzip der Radialgeschwindigkeitsmethode arbeitendes Teleskop, den Status des vermeintlichen Exoplaneten bestätigen. Abhängig von der Größe, Masse und Distanz des observierten Objekts zur Erde können die Forscher hierbei weitere wichtige Daten gewinnen.

2014 berichteten Forscher im "Nature" von HAT-P-11b, einem Neptun großen Planeten, in dessen Atmosphäre sie den Biomarker Wasserdampf entdeckten. Der einzigartige Fund gelang zufällig und war nur möglich, weil der Planet eine atmosphärische Besonderheit aufwies. Bild: NASA

Kepler, der von 2009 bis 2013 sage und schreibe 160000 Sterne in den in den Konstellationen Cygnus (Schwan) und Lyra (Leier) unter die Lupe nahm und dabei insgesamt 4696 Planetenanwärter sammelte, erhob bisher 1033 Kandidaten in den planetaren Olymp. Doch selbst dem besten Planetenjäger war es nicht vergönnt, eine entlegene Welt aufzuspüren, auf der es nachweislich flüssiges Wasser oder sogar Indizien für Leben gibt. Nein, was alles an verheißungsvollen Versprechungen à la Erde 2.0 bislang im irdischen Blätterwald so rauschte - gegenwärtig gibt es noch keinen Weg, auf fernen Planeten Wasser und Leben direkt nachzuweisen, noch nicht einmal indirekt. Kein Indiz liegt hierfür vor, weder ein Schwarz-Weiß-Foto eines erdgroßen Exoplaneten noch ein farbiges Bild einer größeren Supererde, geschweige denn spektrografische Daten.

Der Biosignatur-Trick

In der nächsten Dekade könnte sich dies ändern, wenn das chemische Fingersignatur-Verfahren in der Exoplanetenforschung breite Anwendung findet. Für Astronomen könnte sich dieses als wahrer Segen erweisen. Da jedes chemische Element einen unverwechselbaren Fingerabdruck im Lichtspektrum hinterlässt, verraten sich sogleich alle Biosignaturen. Es ist ein Fingerabdruck, der auch über Lichtjahre hinweg nicht verblasst.

Zu ihnen zählen chemische Verbindungen wie Methan (CH4) oder Ozon (O3), bisweilen auch Kohlenstoffmonoxid (CO). Ihr Nachweis im Lichtspektrum wäre zumindest ein indirektes Indiz für die Anwesenheit von biologischem Leben fernab der Erde, aber gleichwohl kein Beweis. Ebenso ein guter Biomarker ist Oxygenium: Sauerstoff. Er fällt auf der Erde als Nebenprodukt der Photosynthese an, wird aber auch bei vielen nicht-biologischen Prozesse frei und konzentriert sich in der Atmosphäre und wohl auch in Exo-Atmosphären. Fernerhin gilt auch Wasserdampf als zuverlässiger Biosignatur, indiziert er doch das Vorhandensein von flüssigem Wasser auf der Oberfläche. Damit der Fingerabdruck bei der Spektralanalyse, besser gesagt während der Spektropolarimetrie-Untersuchung an Konturen gewinnt, muss das Teleskop extrem leistungsfähig sein und das sehr schwache Licht einfangen. Es muss sensibel genug sein, während des Transits Daten von der Atmosphäre eines Exoplaneten zu sammeln.

Beginn eines Transits in der Vorstellung eines Illustrators. Bild: NASA

Transits ereignen sich, wenn der Sterntrabant aus der Perspektive des Beobachters zwischen Teleskop und extrasolarer Sonne steht und die Planetenbahn nahezu senkrecht zur Himmelsebene liegt. Dann schimmert das Sternenlicht für einen kurzen Zeitraum durch die Planetenatmosphäre. In dieser kurzen Zeitspanne muss das jeweilige Teleskop das gefilterte schwache Licht des Sterns ziel- und punktgenau sammeln und bündeln, bevor der Spektrograf dann nach Biosignaturen suchen kann.

Neue Generation bereits in Lauerstellung

Derweil aber ist weder ein erdgestütztes noch im Orbit operierendes Teleskop in der Lage, konventionelle Biosignaturen auf kleineren Exoplaneten nachzuweisen. In drei bis vier Jahren sieht dies gleichwohl anders aus, wenn das James Webb Space Telescope (JWST) als Nachfolger der Hubble-Sternwarte ins All startet und mit seinem 6,5-Meter-Durchmesser großen Primärspiegel kosmische Objekte ausspäht, die nur ein Hundertstel so hell sind wie Hubbles Kandidaten. Es soll das schwache Licht erdnaher Exoplaneten einfangen und in deren Atmosphären gezielt nach Biomarkern fahnden.

Doch bereits in der nächsten Dekade erhält das JWST von anderen Planetenjägern Besuch, die noch kleinere Exoplaneten aufspüren können. Die übernächste Generation der neuen Weltraumobservatorien wie etwa die NASA-Mission TESS, die allein bis zu 10000 Exoplaneten entdecken soll, oder die ESA-Observatorien CHEOPS und PLATO stehen bereits in den Startlöchern.

Das E-ELT soll bereits in neun Jahren den wissenschaftlichen Betrieb aufnehmen. Bild. ESO/L. Calçada

Flankiert wird die kosmische Vorhut von dem extrem leistungsstarken bodengestützten "European Extremely Large Telescope" (E-ELT), dessen Primärspiegel einen Durchmesser von sage und schreibe 39,3 Metern haben wird. Tritt das in der chilenischen Atacamawüste operierende Observatorium 2024 seinen Dienst an, wird es das weltweit größte sein und auch intensiv auf Planetenjagd gehen.

Ihm dicht auf den Fersen ist das "Thirty Meter Telescope" (TMT), das unter der Federführung des California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena/Kalifornien bereits ab 2022 auf dem schlafenden Vulkan Mauna Kea in Hawaii den wissenschaftlichen Betrieb aufnehmen soll. Beide Großteleskope haben unter anderem auch den Sonderauftrag, neue Exoplaneten zu finden, die größeren erdnahen Exemplare davon zu fotografieren und deren Atmosphären spektrografisch zu untersuchen.

Das "Thirty Meter Telescope" (TMT) soll zwei Jahre vor dem E-ELT seine Arbeit aufnehmen. Kommt es hier zu einem neuen Wettlauf zwischen Europa und den USA? Bild: Caltech

All-Gigant ATLAST

Doch als wahrer Weltraumteleskop-Riese könnte ab 2030 das "Advanced Technologies Large Aperture Space Telescope" (ATLAST) für Furore sorgen. Ausgerüstet mit einem Primärspiegel von bis zu 20 Meter Durchmesser, soll es dereinst den Himmel mit 2000-mal höherer Empfindlichkeit als Hubble im weißen Licht, im fernen Ultravioletten und Infrarotlicht durchleuchten.

Dank seiner extrem hohen Auflösung wäre ATLAST in der Lage, sogar das Licht von erdgroßen Exoplaneten in einer Entfernung von bis zu 45 Parsec (1 Parsec = 3,26 Lichtjahre) einzusammeln und zu analysieren. Um in den Atmosphären erdähnlicher Exoplaneten chemische Lebensspuren aufzuspüren, sollen die ATLAST-Spektrographen das von den Planeten reflektierte Licht in seine farblichen Bestandteile zerlegen und dabei alle Biomarker dingfest machen.

ATLAST in der Vorstellung eines Space-Art-Grafikers. Bild: NASA

Ob ATLAST später einmal am Lagrange-Punkt (L2), 1,5 Millionen Kilometer entfernt von der Erde entfernt, Position bezieht, ist offen, da es sich noch in der Planungsphase befindet. Doch sollte es bereits in der übernächsten Dekade wirklich zu neuen exoplanetaren Ufern aufbrechen und Bilder von Planeten und Monden schießen, die noch nie ein Mensch zuvor in dieser Auflösung gesehen hat, bleibt Kepler-452b trotz allem außen vor.

Pass auf, Kepler-452b!

Es ist nämlich davon auszugehen, dass auch ATLAST die abgelegene Welt ebenso wenig fotografieren wie Biomarker in seiner Atmosphäre bestimmen kann. Dafür ist der vermeintlich erdähnliche Himmelskörper schlichtweg zu klein und zu weit entfernt. Und selbst wenn dies gelänge, wäre der Fund nicht mehr als ein indirektes Indiz für Leben. Stießen Bioastronomen in der Atmosphäre der Kepler-Welt auf Methan, Ozon, Wasserdampf oder Sauerstoff, würde sich dadurch allenfalls die Wahrscheinlichkeit auf biologische Aktivität erhöhen - mehr aber auch nicht.

Boulevard-Journalisten, die nicht in die Verlegenheit kommen wollen, der Auflage und Quote zuliebe erneut viel Lärm um nichts machen zu müssen, sollten eine Roboter-Expedition zu der fernen Welt initiieren, um den direkten Nachweis von Leben auf Kepler-452b in situ anzutreten. Im Idealfall könnten diese sogar in Eigenregie dorthin fliegen. Es sind ja nur schlappe 1400 Lichtjahre, eine gemessen an astronomischen Maßstäben lächerlich geringe Distanz. Der Aufwand würde lohnen. Denn nur vor Ort und eben nicht in der eigenen Fantasie lässt sich der absolute und wissenschaftlich fundierte Beweis erbringen, ob Mikroben, Vielzeller oder sogar intelligente Lebensformen hier tatsächlich heimisch geworden sind. Pass auf, Kepler-452b! Sie kommen …

Youtube-Video: "Earth-Like Planet" [Space Documentary - National Geographic Channel]

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