Mythen und Fakten: Wer darf jetzt in die Frauensauna?

Wollte mit einer Art "Saunaparagraph" die Wogen glätten: Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne).

Wollte mit einer Art "Saunaparagraph" die Wogen glätten: Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne). Foto: Gam9bit / CC-BY-SA-4.0

Kabinett beschließt Selbstbestimmungsgesetz. Transpersonen können Geschlechtseintrag ohne Gutachten ändern lassen, Minderjährige brauchen Zustimmung Sorgeberechtigter. Was sonst noch geplant ist.

Transpersonen müssen in Zukunft keine intimen Fragen mehr beantworten, um ihren Vornamen und ihren Geschlechtseintrag vom Standesamt ändern lassen zu können. Nur um diese Änderungen ging es heute, als das Bundeskabinett das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) auf den Weg brachte – das muss wohl angesichts der seit vielen Monaten emotional geführten Debatte, in der wilde Gerüchte über den Inhalt des Gesetzentwurfs durch die "Sozialen Medien" geisterten, noch einmal betont werden.

Die geplante Regelung sieht ausschließlich die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen vor. Die Frage, ob eine Person, die zusätzlich geschlechtsangleichende körperliche/medizinische Maßnahmen in Erwägung zieht, solche vornehmen kann, wird nicht durch das SBGG geregelt. In diesem Fall gelten wie bisher allein fachmedizinische Prüfkriterien


Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Junge oder Mädchen: Im Zweifel sollen Familiengerichte entscheiden

Die Änderung des Geschlechtseintrags muss zudem drei Monate vor der Erklärung gegenüber dem Standesamt angemeldet werden müssen – wenn sie erfolgt ist, gilt eine Sperrfrist von einem Jahr, falls sie dann doch wieder rückgängig gemacht werden soll.

Für Minderjährige bis 14 Jahre sollen nur die Sorgeberechtigten die Änderungserklärung gegenüber dem Standesamt abgeben können. Minderjährige ab 14 Jahren sollen sie zwar selbst abgeben können, müssen dafür aber der Zustimmung der Sorgeberechtigten einholen. Im Streitfall kann allerdings auch der Beschluss eines Familiengerichts diese Zustimmung ersetzen, falls es zu der Überzeugung kommt, dass Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen nicht dem Kindeswohl widerspricht.

Frage des Hausrechts: Was gilt nun in der Sauna?

Neben der Sorge um das Kindeswohl hatten Kritikerinnen aus der feministischen Szene, aber auch aus dem konservativen Bereich immer wieder mögliche Konflikte um den Zugang zu Frauen- und Mädchen-Umkleideräumen und Saunabereichen thematisiert. Schließlich gelten dann auch Personen mit Penis rechtlich als Frauen. Das geplante Gesetz erlaubt hier aber eine Differenzierung nach Augenmaß:

Es ist daher etwa im Rahmen des Hausrechts weiterhin möglich, aus sachlichem Grund, etwa um dem Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit Rechnung zu tragen (zum Beispiel beim Zugang zu Saunen oder Fitnessstudios für Frauen oder zu Umkleidekabinen) im Einzelfall zu differenzieren.


Aus dem Gesetzentwurf der Bundesregierung

Ob dies in der Praxis häufig zu Konflikten führt, wird sich zeigen. Kritisiert wurde der "Saunaparagraph" unter anderem im queeren Magazin Siegessäule. Das ehemalige "Monatsblatt für Schwule" in Berlin sieht darin ein Zugeständnis an transfeindliche Feministinnen, sogenannte "Terfs" und einen diskriminierenden Generalverdacht gegen Transfrauen: Diese seien für "Terfs" nur verkleidete "Cis-Männer", die sich mit übergriffigen Absichten Zugang zu Frauenräumen verschaffen wollen.

Tatsächlich definierten sich bislang Cis-Männer eher in satirischer Absicht als Frauen, um die "Self-ID" ad absurdum zu führen. Bei den Grünen sorgte vor einiger Zeit David Allison für Irritationen, als er in seinem Kreisverband auf einem quotierten Frauenplatz für den Vorstand kandidierte. Dort gab es bereits 2021 die Regelung, dass innerparteilich ein "Sprechakt" genüge, um als Frau zu gelten, allerdings ohne dreimonatige Bedenkzeit.

Gewählt wurde Allison allerdings nicht. Stattdessen verlor er seinen Job bei einer baden-württembergischen Landtagsabgeordneten. Von der feministischen Zeitschrift Emma, die seinen Erfahrungsbericht veröffentlicht hatte, wurde er allerdings für die provokante Aktion gefeiert. Emma-Gründerin Alice Schwarzer gilt als eine schärfsten Kritikerinnen des Selbstbestimmungsgesetzes.

Das seit 1981 geltende Transsexuellengesetz hatten Betroffene als entwürdigend empfunden, weil sie sich für die Änderung des Geschlechtseintrags begutachten lassen und teils sehr persönliche Fragen beantworten mussten, etwa zu sexuellen Vorlieben, Unterwäsche und Masturbation.