Nach 41.700 Jahren aus dem Eis erwacht?
Russische Wissenschaftler wollen Fadenwürmer aus dem Permafrostboden wiedererweckt haben
Fadenwürmer sind sehr primitive Lebewesen. So primitiv, dass man sie dazu benutzt, um Leben digital zu rekonstruieren (vgl. Durchbruch beim Künstlichen Leben?). Aber gleichzeitig so effektiv, dass sie nach 41.700 Jahren im Eis wieder zum Leben erwachen - das behauptet zumindest ein Forscherteam um A. V. Schatilowitsch von der Russischen Akademie der Wissenschaften.
In seiner in den übersetzten Berichten der Akademie auf Englisch erschienenen Studie schreibt er, man habe bei der Untersuchung von Nematoden aus dem jakutischen Duvanny Yar "erste Daten erhalten, die die Fähigkeit multizellulärer Organismen zu einem lang andauernden Kryobiose-Ruhezustand im Permafrostboden der Arktis belegen".
Ruhezustands-Zysten
Bereits vorher wusste man, dass Fadenwürmer in von ihnen gebildeten Ruhezustands-Zysten jahrzehntelang überleben. Solche Zysten entdeckten die Forscher in Bohrungen alter Erdhörnchenlöcher, die ins Labor des Moskauer Instituts für Bodenwissenschaften gebracht und zu jeweils ein bis zwei Gramm in Petrischalen (bei minus 20 Grad Celsius angefangen) langsam aufgetaut wurden. In zwei der insgesamt 300 Proben - einer 41.700 Jahre alten vom Alaseya- und einer 32.000 Jahre alte vom Kolyma-Ufer - erwachten daraufhin Fadenwürmer zum Leben: Ein Rhabditida und ein Plectida. Beide fraßen und bewegten sich.
Ob dieses Leben wirklich aus 41.700 und 32.000 Jahre alten Zysten, und nicht aus Verunreinigungen stammt, wird nun wahrscheinlich von anderen Wissenschaftlern in Folgeuntersuchungen überprüft. Eine andere Möglichkeit ist, dass der Boden in den Bohrungen nicht immer gefroren war und die (dann jüngeren) Würmer während Tauperioden aufnahm.
Andererseits ist auch durchaus nicht physikalisch ausgeschlossen, dass Leben mehr als tausend Jahre lang überwintert. Das zeigen mittlerweile als gesichert geltende Erkenntnisse eines Teams um den britischen Forscher Peter Convey: Den Forschern gelang es 2014, ein auf der Antarktisinsel Signy in mehr als einem Meter tiefen Permafrostboden gefundenes Chorisodontium-Aciphyllum-Moos wiederzubeleben, bei dem eine C14-Analyse ein Alter von 1530 Jahren ergab (siehe dazu auch: Antarktis begrünt sich).
Potenzielle Bedeutung für Medizin und Raumfahrt
Schatilowitschs Team glaubt, dass seine Entdeckung weit über den Fadenwurm hinaus Bedeutung hat: Die "adaptiven Mechanismen", die den Fadenwürmern das lange Überwintern ermöglichen, könnten seiner Ansicht nach für die Medizin und die Astrobiologie wichtig werden, wenn man herausfindet, wie man Transplantationsorgane länger lagert und Astronauten während langer Raumfahrten zu fernen Gestirnen am Leben hält.
Für eine andere Methode der Fahrt in andere Sonnensysteme, bei der sich die Astronauten vermehren und den Auftrag an ihre Kinder weitergeben, haben Frédéric Marin von der Universität Straßburg und Camille Beluffi vom Forschungsunternehmen CASC4DE mit einem Computermodell einige Voraussetzungen berechnet:
Danach müssten für eine 6300 Jahre dauernde Reise zum mit einer Entfernung von 4,2 Lichtjahren relativ nahe gelegenen Exoplaneten Proxima Centauri b 49 genetisch gesunde Paare ausgesucht werden, die sich im Alter zwischen 32 und 40 Jahren nach Plan fortpflanzen. Für ihre Nachkommen gilt dieser Plan ebenso wie ein Inzesttabu. Weil es sehr sportlich wäre, anzunehmen, dass 6300 Jahre ohne unvorhergesehene Ereignisse vergehen, haben die beiden Franzosen auch eine Katastrophe einkalkuliert, bei der die Besatzung um ein knappes Drittel schrumpft.
Eine Alternative dazu und zum Einfrieren der Astronauten wäre der Upload von Bewusstsein in nichttraditionelle Denkmaschinen.
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