Nachtaktion: Als ukrainische Spezialkräfte auf der Krim landeten

Laut Ukraine halten gelandete Spezialeinheiten auf der Krim hier ihre Flagge mit ukrainischen Farben hoch. Bild: Screenshot Video eines ukrainischen Regierungskanals

Die russische wie ukrainische Seite bestätigen den Kommandoeinsatz. Der Erfolg der Landung in der Nacht zum Mittwoch ist strittig. Was waren die Ziele?

Sehr selten gibt es im Ukrainekrieg übereinstimmende Meldungen über militärische Aktionen, da jede Seite nur ihre eigenen Erfolge und die Verluste des Gegners an die Presse liefert.

Eine Ausnahme bildet dabei eine aktuelle Kommandoaktion ukrainischer Spezialeinheiten auf der von Russland beherrschten Halbinsel Krim in der Nacht zum Mittwoch. Diese diente nach Angaben der Kiewer Truppen zur Sabotage und Aufklärung.

Kämpfe an der Westspitze der Halbinsel

Sie verlief nicht unblutig, sondern es kam bei der nächtlichen Landung der Elitesoldaten zu Kämpfen mit der russischen Armee, bestätigte der Vertreter des ukrainischen Militärgeheimdienstes Andrey Yusov auf Telegram. Von der Landeaktion existiert ein YouTube-Video auf einem offiziellen Regierungskanal, das Einheiten auf Jetskis und eine auf der Krim mitgeführte ukrainische Fahne zeigt. Die Ukrainer sprechen bei den Kämpfen von "vielen toten russischen Soldaten", aber auch eigenen Verlusten, die "nicht mit den russischen vergleichbar sind".

Dass es sich bei der Aktion nicht um eine Inszenierung handelt, beweisen russische Meldungen, wonach der Inlandsgeheimdienst FSB auf der Krim bei einer feindlichen Landungsaktion einen Saboteur festgenommen habe. Dieser habe ausgesagt, die Ukrainer wollten bei der Aktion Fotos und Videos "vor dem Hintergrund der ukrainischen Flagge" auf der Krim machen – genau jene, die auf dem YouTube-Film der Ukrainer zu sehen sind.

Aufnahmen des Festgenommenen existieren und es handelt sich laut unbestätigten Meldungen um einen namentlich bekannten Offizier der ukrainischen Streitkräfte, der für den Militärgeheimdienst arbeitet. Wie viele der übrigen Teilnehmer der Kommandoaktion überlebt haben, ist angesichts der unterschiedlichen russischen und ukrainischen Angaben strittig.

Die Landungstruppe hat nach Auskunft des Gefangenen aus 16 Soldaten bestanden, die mit Booten und Jetskis von Odessa aus über das Schwarze Meer gekommen sind. Sie seien von Grenztruppen des FSB und der Russischen Garde, einer Art Nationalgarde, vertrieben worden.

Die russischen Meldungen präzisieren auch den Ort der Landung am Kap Tarchankut im äußersten Westen der Halbinsel. Die Moskauer Zeitung Kommersant berichtet, die Landung sein von Raketen- und Drohnenangriffen auf das Umland begleitet worden.

Verunsicherung und Zerstörung von Luftabwehr

Tatsächlich dürfte ein Ziel der Aktion ein propagandistischer Erfolg und eine Verunsicherung der russischen Truppen auf der Halbinsel gewesen sein. Zur tatsächlichen Zerstörung von Infrastruktur auf der Krim setzt Kiew vor allem Drohnen und Marschflugkörper ein.

Sabotage dürfte angesichts der baldigen Entdeckung des Landungstrupps schwer möglich gewesen sein. Kommersant spricht jedoch auch davon, dass russische Luftabwehreinheiten Ziel des Landungstrupps gewesen seien.

Die Luftangriffe auf der Halbinsel wurden in den letzten Wochen derart heftig, dass Russland Teile seiner Schwarzmeerflotte aus Sewastopol auf das russische Festland abzog. Am 13. September hatte eine ukrainische Rakete dort ein Trockendock getroffen und zwei Schiffe schwer beschädigt.

Am 22. September erfolgte ein Treffer auf das Flottenhauptquartier in der Stadt. Die meisten ukrainischen Flugkörper werden jedoch vor dem Erreichen ihres Ziels abgeschossen. Deshalb wäre die russische Flugabwehr vor Ort durchaus ein realistisches Ziel einer Kommandoaktion.

Die Krim spielt als Nachschubbasis der russischen Truppen in der Ukraine eine entscheidende Rolle. Die Versorgung der Invasionsarmee läuft hauptsächlich über die Halbinsel.

Deswegen konzentrieren die Ukrainer ihren Beschuss darauf, obwohl eine Eroberung der Krim bei der weitgehend festgefahrenen Situation an der eigentlichen Front auf dem Festland in den nächsten Monaten nicht zu erwarten ist. Größere Gebietsgewinne der Kiewer Truppen stehen trotz einer seit dem Frühsommer andauernden Offensive weiter aus.