Namibisches Buschholz statt Kohle: Greenwashing in Hamburg
Es soll ein Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz sein, doch in einer neuen Studie stellt die Deutsche Umwelthilfe klar: Das Verbrennen von Buschholz aus Namibia im Hamburger Heizkraftwerk Tiefstack ist keine nachhaltige Alternative
Im Mai letzten Jahres hatte die Hansestadt Hamburg sich gerühmt, mit Namibia ein "Memorandum of Understanding" unterzeichnet zu haben. Beide Länder wollten prüfen, ob in Namibia geerntete Biomasse in Hamburg Kohle, Öl und Gas als Energieträger ablösen könne. "Biomasse wird in einer dekarbonisierten Wärmeversorgung eine wichtige Rolle spielen", hatte Michael Beckereit, Geschäftsführer der Wärme Hamburg, erklärt.
In Namibia und anderen südafrikanischen Ländern gebe es ein großes ökologisches Problem, ist auf der Internetseite der Hansestadt zu lesen: die "Verbuschung der Savanne". Das Gestrüpp zerstöre Lebensräume für Tiere sowie Landwirtschaftsflächen und entziehe dem Boden Wasser. Seit Jahren werde mit deutscher Entwicklungshilfe versucht, die Verwertung des Buschholzes in Gang zu bringen; aber es wachse in so großen Mengen nach, dass in dem Land nur ein kleiner Teil sinnvoll verwertet werden könne. Die Experten seien sich einig, dass "nur internationale Nachfrage und Verwertung", also der Export des Holzes, zur Lösung des Umweltproblems beitragen könne.
Diese Erzählung hatten Umweltorganisationen kritisch hinterfragt und Proteste gegen diese Pläne organisiert. In einer "Öffentlichen Stellungnahme" hatte beispielsweise die Umweltorganisation Robin Wood im März auf das Grundproblem hingewiesen: Die Verbuschung könne zwar problematisch werden für die Rinderzucht - die hohe Anzahl von Rindern in der Savannenlandschaft sei jedoch eine der Ursachen der Verbuschung.
Neun bis 13,5 Millionen Tonnen jährlich
Nach Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat die Holzernte in Namibia Potenzial. In einem Brief an Robin Wood vom 9. März 2021 heißt es, durch das Wachstum von Büschen seien bislang 300 bis 450 Millionen Tonnen Biomasse entstanden. Würde nur der jährliche Zuwachs genutzt, könnten zwischen neun und 13,5 Millionen Tonnen im Jahr geerntet werden - und das sei klimaneutral. Bislang würden dagegen nur zwei Millionen Tonnen Biomasse pro Jahr entnommen und wirtschaftlich genutzt.
Die Aktivisten von Robin Wood hatten Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) widersprochen. Nun hat auch die Deutsche Umwelthilfe in einem Gutachten gezeigt: Die Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) begründet die Nutzung namibischer Biomasse im Kraftwerk Tiefstack mit falschen Annahmen. Nachhaltigkeit und Klimabilanz des Vorhabens würden beschönigt. Dass zwischen Hamburg und Namibia mehr als 8.000 Kilometer Luftlinie und mehr als 12.000 Kilometer Landweg liegen, ist demnach noch nicht einmal das Hauptproblem.
Problem der "Verbuschung" überbewertet
Die Autoren der Studie, Professor Pierre Ibisch und Dr. Axel Schick von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde (HNEE), erklärten: Weder die genannten Zuwachsraten noch die angegebenen Flächen von namibischen Gehölzen entsprächen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Ibisch führte aus:
"Unsere Auswertung legt nahe, dass sowohl das Problem der 'Verbuschung' als auch das entsprechende Potenzial an erntefähiger Buschbiomasse überbewertet werden. Folgerichtig stellt unser Gutachten die Kohlenstoffbilanzen und die Nachhaltigkeitsbewertungen einer Buschholzernte ernsthaft in Frage. Alles in allem stützt der derzeitige Wissensstand in keiner Weise die Annahme, dass ein nachhaltiger Export von Buschbiomasse aus Namibia möglich und sinnvoll ist - schon gar nicht, wenn das Ziel ein Beitrag zum Klimaschutz ist."
Statt Kohle tonnenweise Holzpellets in Heizkraftwerke zu kippen, bedeute "einen gigantischen Druck auf die globalen Ökosysteme aus und verschärft somit die Klima- und Biodiversitätskrise", erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Statt auf namibisches Holz zu setzen, empfiehlt die DUH der Hamburger Umweltbehörde, auf erneuerbare Alternativen zu setzen: Großwärmepumpen, heimische biogene Reststoffe und Solarthermie. Dafür müsse aber auch die Bundespolitik mitspielen und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dürfe bei der Förderung für erneuerbare Fernwärme nicht länger auf der Bremse stehen.
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