Neue Intendantin des RBB: Direkter Draht zum Staat
Ex-Regierungssprecherin wird Intendantin. Wie man bei der Intendantenwahl alles richtig macht. Oder doch nicht? Eine Polemik.
Beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) haben sie diesmal alles richtig gemacht. Die Zeichen der Zeit endlich verstanden. Ulrike Demmer wurde am Freitag zur neuen Intendantin gewählt.
Demmer ist eine Medienschaffende, die in der Politik bestens vernetzt ist, durch ihre fünfjährige Arbeit als stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung, auf SPD-Ticket damals von 2016 bis 2021. Sie ist aber eben auch für die Unionsparteien kein unbeschriebenes Blatt. Sie ist also in der demokratischen Mitte der Gesellschaft hervorragend verankert.
Die Frau kennt sich daher – und zum Glück für den Sender – exzellent aus in den Machtapparaten. Dass sie zudem auch für wichtige Medien wie ZDF, Spiegel und Focus als Journalistin tätig war, mag noch als Bonus hinzukommen.
Die rbb-Gremien hatten in der Intendanz-Ausschreibung völlig zu Recht auf etwaige kulturelle Kriterien verzichtet wie einen programmatischen, journalistisch-unabhängigen Ansatz oder auch darauf, dass der Sender künftig die Menschen der Region besser repräsentieren sollte in ihrer Vielfalt und Widersprüchlichkeit.
Stattdessen wird sich die neue Intendantin auf die wirklich wichtigen Fragen konzentrieren: Budget und Führung.
Dabei mag helfen: Ulrike Demmer wurde in Solingen geboren. Damit kommt sie wie ihre Finalgegnerin, die Medien- und Technologiemanagerin Heide Baumann, sowie auch die amtierende Intendantin Katrin Vernau tief aus dem Westen bzw. Südwesten der Bundesrepublik und ist damit zum Glück gefeit gegen etwaige Vorwürfe, zu sehr mit dem Osten des Landes verbandelt zu sein, zu dem ja das rbb-Sendegebiet gehört.
Was ein Glück: Ost-Kandidatin zog Bewerbung für Ost-Sender zurück.
Die einzige Endrunden-Kandidatin, die in Ostdeutschland geboren wurde, Juliane Leopold (1983 in Halle an der Saale), zog aus jenem Quartett als Erste ihre Bewerbung zurück. Ein Glück!
Aber noch waren drei Leute im Rennen. Man darf es der Weisheit des langjährigen Brandenburger Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) danken, dass er am 8. Juni ganz offiziell einen Brief an den rbb schrieb und dem Verwaltungsrat dort in Form einer Bitte sehr kluge Empfehlungen gab, wie bei der Wahl zur Intendanz vorzugehen sei.
Der Kandidat, der bei der Belegschaft offenbar auf große Zustimmung stieß, der Programmdirektor von Radio Bremen, Jan Weyrauch, war daher schon mal fast aus dem Rennen. Auch er zog schließlich seine Bewerbung zurück.
Das ganze Verfahren wird natürlich auch keine weitere Medienschelte in Form der reaktionären Losung "GEZ abschaffen" auslösen, weil die entsprechenden politischen Kräfte sich im Falle des Falles ganz ähnlich verhalten würden.
Diese Leute werden nach diesem Musterbeispiel effizienten Medienmanagements ganz sicher den Mund halten. Und andere, vernünftige Kritik an diesem Verfahren und am Stand der Dinge beim rbb kann es ganz einfach gar nicht geben.
Dazu war die Wahl schlicht zu gut organisiert, zu transparent und zu sehr am Auftrag der öffentlich-rechtlichen Medien orientiert, uns als Beitrag-Zahlende bestmöglich medial grundzuversorgen.
Einziger Wermutstropfen: Ulrike Demmer ist eine Frau. Ein erfahrener Mann, gerne Ex-Regierungssprecher oder auch Medienmanager, hätte vielleicht noch mehr für Stabilität und Berechenbarkeit gestanden in diesen bewegten Zeiten.
Aber selbst für die neue Intendantin und den rbb mag gelten: Nobody is perfect.
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