Neue Site über Menschenrechte in China gehackt

Staatliche Souveränität vor Meinungsfreiheit

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Kurz nachdem in China eine offizielle Website zum Thema Menschenrechte von der chinesischen Gesellschaft für Menschenrechte ins Netz gestellt wurde, ersetzte Brone Buster von der Hackergruppe Legions of the Underground die Homepage durch einen Aufruf, China zu boykottieren.

Für kurze Zeit war dort zu lesen - Antionline hat die gehackte Version gespeichert - , daß Buster einfach nicht die Scheißpropaganda auf der Site glauben will: "Chinas Menschen haben überhaupt keine Rechte, geschweige denn Menschenrechte. ... Sie zensieren, morden, foltern, schlagen und machen alles, wovon wir dachten, daß es im Mittelalter zurückgelassen wurde." Der Hacker forderte auf, sich etwa bei Amnesty zu informieren, und verband die Anklage gegen China mit dem Vorwurf an die USA, Kevin Mitnik unrechtmäßig eingesperrt zu haben: "Fry Kevin." Über den Webmaster der chinesischen Site machte er sich lustig: "Deine Sicherheit ist ein Witz. Wir haben deine Box in Rekordzeit gerootet. Wir brauchten gerade einmal zwei Minuten."

Auf der Website ist der Link zur Lage der Menschenrechte in China noch nicht aktiv. Ansonsten findet man hier auf chinesisch und englisch offizielle Dokumente, Artikel von Zeitungen, Texte zur Rechtsprechung und Vorträge eines Symposiums. So findet man beispielsweise einen Artikel, in dem verkündet wird, daß eine Gruppe von chinesischen Experten große Fortschritte in der Theorie und Praxis der Menschenrechte erzielt habe. China werde, sagte Professor Li Yunlong. eine wichtige Rolle bei der weltweiten Förderung der Menschenrechte spielen, aber er fügt gleich warnend hinzu, daß die Erhaltung der staatlichen Souveränität ein wichtiger Bestandteil der Menschenrechte sei.. Deswegen blockieren wohl auch die chinesischen Behörden den Zugang zu Websites von Menschenrechtsorganisationen und politischen Dissidenten im Ausland, auch wenn China erst vor wenigen Wochen eine weltweite Vereinbarung zum Schutz der Rede- und Versammlungsfreiheit unterschrieben hatte.

Fast gleichzeitig mit dem Umbau der Website durch den Hacker Buster haben chinesische Behörden am Montag dieser Woche die unabhängige Organisation China Development Union dicht gemacht, die Forschungen und Seminare über Demokratie und Umweltschutz fördert. Einige Tage lang wurden auch Menschenrechtsaktivisten festgehalten, die einen Kollegen unterstützen wollten. Und aus dem Handel gezogen wurde das im August veröffentlichte Buch "Political China: Facing the Era of Choosing a New Structure". Das Buch versammelt Aufsätze über Demokratie und politischen Wandel. Das ging den Behörden denn doch zu weit und stellt anscheinend die Souveränität in Frage. Einer der Herausgeber, Shi Binghau von der Zeitung The China Economic Times, wurde im September festgenommen und sitzt noch immer in Haft - wahrscheinlich zwar nicht wegen des Buches, sondern wegen seinen Kontakten mit dem früheren Führer der Kommunistischen Partei, Zhao Ziyang, der übrigens in Bejing unter Hausarrest, weil er 1989 zu sanft mit den protestierenden Studenten umgegangen sei.