Neues vom Anfang des Universums

Die kosmische Hintergrundstrahlung nach WMAP und Planck (Bild: NASA)

Schon in seiner Frühzeit hat das Universum scheinbar ein Ungleichgewicht entwickelt, das mit heutiger Physik nicht zu erklären ist. Das Problem verschwindet jedoch, wenn man die Daten auf neue Weise analysiert

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Der Anfang von Raum und Zeit muss sich in unvorstellbarem Chaos abgespielt haben. Vor ungefähr 13,7 Milliarden Jahren konzentrierte sich die komplette Masse des Universums von heute 1053 Kilogramm in einem einzigen Punkt, einer Singularität. Die Naturgesetze galten noch nicht, Kräfte wie Gravitation oder Kernkraft gab es noch nicht; stattdessen trieb eine Art Urkraft den 1032 Grad heißen Brei auseinander. Erst nach Ablauf einer Planck-Zeit (10-43 Sekunden) beginnt die Physik. Der winzige Materietropfen ist durch seine anfängliche Ausdehnung um die Planck-Länge ein bisschen kälter geworden, sodass die Schwerkraft aus der Urkraft kondensieren kann wie Tau aus feuchter Luft. Undankbar stellt sie sich der Ausdehnung des Alls entgegen, hat aber noch keine Chance. Nach Ablauf von 10-38 Sekunden spalten sich auch die Starke Kernkraft und die elektroschwache Kraft aus der Urkraft ab.

Jetzt folgt die Inflationsphase. Das Universum bläht sich von der Größe eines Protons auf den Umfang eines Fußballs auf, weil es von exotischen Inflatonen (für die die Schwerkraft abstoßend wirkt) auseinandergetrieben wird - Teilchen, die nie wieder im Universum auftauchen werden. Danach entstehen einige der heute noch bekannten Teilchen, etwa Elektronen und Positronen, Quarks und Antiquarks, Neutrinos, Vorläufer der Photonen sowie die Gluonen, die für die Vermittlung der Starken Kernkraft zuständig sind. Teilchen und Antiteilchen sind in gleicher Zahl vorhanden, treffen sie sich, annihilieren sie sich gegenseitig. Es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Die Ausdehnung bremst sich ab.

Eine Fünftelsekunde nach dem Urknall ist das Universum schon 50 Lichtjahre groß. Nach etwa 17 Minuten sind alle noch vorhandenen Neutronen in Atomkernen gebunden. Etwa drei Viertel der Kerne sind Wasserstoffkerne, der Rest Helium. Als es noch etwas kälter wird, binden sich auch Elektronen elektromagnetisch an positiv geladene Atomkerne. Sie werden aber von den Photonen der immer noch heißen Ursuppe dauernd aus der Bahn geworfen. Das Universum, dessen Zusammensetzung von den Lichtteilchen dominiert wird, muss auf den Beobachter zu diesem Zeitpunkt wie ein glühender Nebel wirken.

Das ändert sich für verhältnismäßig lange Zeit nicht. Ab etwa 70.000 Jahren nach dem Urknall liegt das Verhältnis von atomarer Masse und Strahlung bei 1:1. Etwa 380.000 Jahre nach dem Urknall entsteht die Grundlage für einen der ersten Beweise, den die Menschen für ihre Theorie von der Entstehung des Universums gefunden haben: die kosmische Hintergrundstrahlung. Bei einer Temperatur von gut 2700 Grad besitzen die Photonen nicht mehr genug Energie, Elektronen aus ihren Umlaufbahnen um Atomkerne zu stoßen.

Das Licht wird so auch nicht mehr gestreut, das Weltall wird plötzlich klar und das Zeitalter der neutralen Atome beginnt. Noch heute finden sich in jedem Kubikzentimeter kosmischen Vakuums etwa 400 Lichtteilchen der kosmischen Hintergrundstrahlung, die sich durch die Expansion des Universums bis heute in den Mikrowellenbereich verschoben hat.

Schon vor über zehn Jahren haben allerdings die Messungen der WMAP-Sonde gezeigt, dass diese kosmische Hintergrundstrahlung nicht so homogen ist, wie sie sein müsste, wenn sich das Universum nach den Gesetzen der bekannten Physik entwickelt hätte. Das Planck-Teleskop hat diese Beobachtung im vergangenen Jahr mit noch größerer Genauigkeit bestätigt. Die Daten lassen unter anderem einen deutlich kälteren Bereich erkennen, in dem die Hintergrundstrahlung ein paar Zehnmillionstel Grad kälter ist.

Das hat die Physiker gefreut, lässt es doch hoffen, entweder die Vorstellungen über die Evolution des Universums oder aber gleich die Physik selbst ändern zu können. Leider folgt nun im Journal of Cosmology and Astroparticle Physics zumindest eine teilweise Entwarnung (der Artikel ist auch bei Arxiv.org abrufbar).

Schweizer und französische Forscher haben sich darin die Planck-Daten noch einmal genauer angesehen. Offenbar hatte man zuvor den Beitrag sekundärer Effekte nicht ausreichend berücksichtigt. Zieht man diese nun korrekt in Betracht, ergibt sich daraus, dass keiner der früheren Befunde mehr als statistisch signifikant gelten kann. Das heißt, es wäre zwar möglich, dass es einen kalten Fleck und andere Inhomogenitäten gibt - die Planck-Daten genügen als Beweis dafür jedoch nicht. Von insgesamt sechs Anomalien bleibt eine einzige übrig - zu wenig, um sich auf neue Physik freuen zu können.