Neutrinos: Nun jagt auch China Geisterteilchen

komplexe Messtechnik in einer Glaskugel

Fotodetektor für Neutrino-Nachweise. Foto: VPales, shutterstock

China hat einen großen Neutrino-Detektor mit hoher Messgenauigkeit gebaut. Nun kann Peking auch auf diesem Gebiet eigenständige Grundlagenforschung aufbauen.

Jetzt hat auch China den Bau Neutrinodetektors in 700 Meter Tiefe abgeschlossen. Die kugelförmige Anlage, die die schwer fassbaren Teilchen nachweisen soll, besteht aus Acryl und hat einen Durchmesser von 35,4 Metern. Sie befindet sich in einer Granitschicht in Kaiping, einer Stadt in der Provinz Guangdong im Süden Chinas

Der Bau des Projekts, das von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und den Behörden der Provinz Guangdong initiiert wurde, hatte bereits 2015 begonnen. Die Installation des Detektors wird voraussichtlich bis Ende November abgeschlossen sein. Der Regelbetrieb ist ab August 2025 geplant.

Neutrinos sind elementare subatomare Teilchen ohne elektrische Ladung und mit sehr geringer Masse. Sie entstehen zum Beispiel beim radioaktiven Betazerfall. Da sie nicht elektrisch geladen sind, haben Neutrinos keine ionisierende Wirkung. Mit Materie wechselwirken sie nur durch die schwache Kraft.

Neutrinos sind die Geisterteilchen der modernen Physik

Es sind daher die durchdringendsten subatomaren Teilchen, die eine enorme Anzahl von Atomen durchdringen können, ohne eine Reaktion auszulösen. Nur eines von zehn Milliarden Neutrinos, das die Materie über eine Strecke durchquert, die dem Durchmesser der Erde entspricht, reagiert mit einem Proton oder einem Neutron.

Weil sie durch alles schlicht hindurchfliegen, ist ihr Nachweis unglaublich schwierig und deshalb werden meist auch imposante Anlagen für ihren Nachweis gebaut. Andererseits strahlt die Sonne so viele dieser Elementarteilchen ab, dass pro Sekunde etwa 100 Milliarden von ihnen jeden unserer Daumennägel durchqueren. Aufgrund dieser extrem großen Zahlen werden Nachweise doch wieder möglich.

Immerhin ein Prozent ihrer Energie gibt unsere Sonne in Form von Neutrinos ab.

Neutrinodetektoren unterirdisch …

Viele Neutrinodetektoren sind unterirdisch errichtet worden, um sie vor kosmischer Strahlung und anderer Hintergrundstrahlung abzuschirmen. Der Nachweis ist nur indirekt und mit extrem empfindlicher Messtechnik möglich.

Bekannt geworden ist vor allem der Super Kamiokande in Japan, weil man darin so tolle Fotos machen kann. Dieser Detektor in Japan besteht aus einer Kugel, die mit 50.000 Kubikmeter Wasser gefüllt werden kann. Das Wasser ist von Fotodetektoren umgeben, die Wechselwirkungen zwischen den Neutrinos und den Wasseratomen aufspüren.

Weitere unterirdische Detektoren befinden sich etwa in Kanada, in Italien und den USA. Sie unterscheiden sich vor allem durch die Medien, die verwendet werden, um die geisterhaften Teilchen "einzufangen", also zu Wechselwirkungen zu veranlassen. Neben Wasser kommt dafür auch Schweres Wasser zum Einsatz sowie fester Kunststoff oder spezielle Flüssigszintillatoren.

… oder unter Wasser

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Neutrinodetektoren in natürlichem Wasser oder in Eisformationen unterzubringen. In diese Kategorie fällt zum Beispiel KM3NeT, ein Tiefsee-Neutrino-Teleskop, das an drei Standorten im Mittelmeer etwa fünf Kubikkilometer Wasser auf Neutrino-Wechselwirkungen prüft. Auch Russland betreibt eine ähnliche Anlage – tief unten im Baikalsee.

Imponierend ist auch IceCube, ein Detektor tief unter dem Südpol, der einen Kubikkilometer klares, altes Eis überwacht. Wechselwirken von Neutrinos mit dem Eis, entstehen Lichtquanten, die nachgewiesen werden können. An diesem Projekt ist auch Deutschland maßgeblich beteiligt.

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