Nordkoreanischer Raketentest: Trump beschwichtigt
Nach südkoreanischen Angaben sind von der nordkoreanischen Küste mehrere "Projektile" abgefeuert worden
Nordkorea hat anscheinend wieder Raketen getestet. Allerdings herrscht wenig Klarheit darüber, welche Flugkörper genau abgeschossen wurden und welche Botschaft dahinterstecken könnte. In Japan ist man von der jüngsten nordkoreanischen Militäraktion nicht allzu sehr beunruhigt, da es sich um Raketen mit geringer Reichweite handeln soll, wie die Tagesschau berichtet.
Wie schon die Überschrift des Tagesschau-Berichts zeigt, ist darüber hinaus wenig über die getesteten Waffen bekannt. Man scheut dort vor dem Einsatz des Wortes "Rakete" zurück: "Nordkorea feuert wieder Geschosse ab", heißt es stattdessen. Auch in der New York Times ist mit Verweis auf den Sprachgebrauch des südkoreanischen Militärs von "Projektilen" die Rede. Erklärt wird, dass der Begriff - engl. "projectile" - von Südkoreas Armeeführung immer dann in öffentlichen Statements benutzt wurde, wenn man die abgeschossenen Raketen nicht genau identifizieren konnte.
"Zwischen 70 und 200 Kilometer weit geflogen"
Feststeht bislang, dass am Samstagmorgen, zwischen 9:06 und 9:27 Ortszeit, aus der Nähe von Wonsan, einer Küstenstadt östlich von Pjöngjang, mehrere Raketen abgeschossen wurden, die "zwischen 70 und 200 Kilometer weit flogen", bis sie im Meer zwischen Nordkorea und Japan landeten. Die Projektile seien südkoreanischen Angaben zufolge im Abstand von etwa 20 Minuten abgeschossen worden.
In der Berichterstattung der New York Times wird mit der Spannung gespielt, dass dies der erste Raketentest in Nordkorea seit 2017 sein könnte: "A missile test would be the North’s first since 2017". Diese Behauptung, die auch im genannten Tagesschau-Bericht und in anderen Medien auftaucht, ist nicht wirklich solide begründet.
Denn es gab bereits Mitte April und im November letzten Jahres in Nordkorea Tests mit Raketen. Südkoreanische Militärexperten spekulierten im April, ob es sich um einen "neuen Marschflugkörper" handelte oder um eine "neu entwickelte ultramoderne taktische Waffe", wie dies im November gemeldet worden war (Nordkorea: Neuer Raketentest als Botschaft an die USA?).
Wichtig ist darüber hinaus, was die US-Zeitung am Ende ihres Berichts zu den aktuellen "projectile-tests" schreibt, dass sie nämlich nicht gegen das Versprechen des Moratoriums verstoßen, das der nordkoreanische Staatschef Kim Jong Un vor einem Jahr gemacht hatte. Denn der Stopp betraf Atomtests und den Start von ballistischen Interkontinentalraketen.
Will Kim Jong Un Trump etwas mitteilen?
Zwischen diesen Punkten - "Wir wissen nicht, was getestet wurde, aber allen Anzeichen nach waren es Kurzstreckenraketen" und "Ein Abweichen von Versprechungen wurde nicht festgestellt" - liegt dann der Raum für Interpretationen des Signals, das mit dem neuerlichen Abfeuern von Geschossen von der nordkoreanischen Küste Richtung Japan verbunden wird. Will Kim Jong Un dem US-Präsidenten Donald Trump damit etwas mitteilen?
Die New York Times ist bekanntlich kein Fan-Magazin der Politik Trumps (auch wenn sie ihm aktuell erstaunlichen Erfolg bei der Beschäftigung, bei der Lohnentwicklung und der niedrigen Inflation einräumen muss). Entsprechend liegt ihr tendenziell daran, die Kehrseiten von Trumps Politik aufzuzeigen. Trump selbst verweist ja gerne auf seine besondere Beziehung zum nordkoreanischen Autokraten und was er trotz des Scheiterns beim Treffen mit Kim Jong Un im Februar in Hanoi schon erreicht hat.
Dahinein zielt die Auslegung der Tests durch die Zeitung.
Der Test am Samstag signalisierte, dass Mister Kim darauf aus ist, die Spannungen zu eskalieren, indem er versucht, die Oberhand zu bekommen.
New York Times
Was Trump als Verhandlungserfolg herausstreicht - dass er Kim Jong Un dazu gebracht habe, eine weniger aggressive Politik zu führen -, ist bloße Augenwischerei, wie es ihm viele Kritiker vorhalten und so auch die New York Times. Die Aktion am Samstag führt es erneut vor.
Wie so oft, wenn es um Kritik aus Medien geht, mit denen der US-Präsident in Hassliebe verbunden ist, reagierte er schnell. Er twitterte, dass zwar alles möglich sei in dieser interessanten Welt, dass Kim Jong Un sich aber seiner Überzeugung nach an seine Versprechen halten wird.
"Große Potentiale" mit Nordkorea und Russland
Nord Korea habe ein großes wirtschaftliches Potential (siehe z.B. mit seinen "Traumstränden" in der Nähe der Raketenabschussstelle) und den Deal, der damit verbunden ist, würde Kim Jong Un nicht aufs Spiel setzen. "Deal will happen!"
Interessant ist, dass diesem Tweet in zeitlich kurzem Abstand ein zweiter folgt, in dem Trump die Beziehung zu Russland rühmt. Er habe am Vortag ein sehr gutes Telefongespräch mit Putin geführt und sehe nun, nach dem Ausräumen der "Russland-Collusion"-Vorwürfe, ein "enormes Potential für eine gute/großartige Beziehung mit Russland".
Auch das kann man als Antwort auf die Kritik an seiner Nordkorea-Politik sehen. Als Kim Jong Un kürzlich nach Russland fuhr, wobei er keine große Strecke zurücklegen musste, (Kim-Putin-Gipfel: Geplantes Ende ohne gemeinsame Erklärung), gab dies Anlass zu Kommentaren und Spekulationen, wonach sich hier mit Putin eine Konkurrenz aufbaue, die sich besser auf internationale Politik und auch auf den Umgang mit dem nordkoreanischen Machthaber versteht.