Notebooks für Grundschulkinder
Niedersächsische Konsequenzen aus der PISA-Studie
Schon der ehemalige Ministerpräsident Gerhard Schröder hatte ein Faible für schulische Belange und bezeichnete die niedersächsischen Lehrer schon mal als faul - auch wenn er es nach allgemeinem Aufheulen schnell wieder zurücknahm. Auch der zur Zeit amtierende niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel hat die Bildungspolitik zur Chefsache erklärt und eine groß angelegte Anzeigenkampagne gestartet. Nur die Grünen maulen und halten die Anzeigen im Wert von 153.000 Euro für nicht vertretbar.
Doch so richtig ernst nehmen die niedersächsische Bildungsinitiative nur die Schulvertreter der kleinen Stadt Rodenberg am Deister. Hier werden demnächst die ersten Kinder mit dem Notebook unter dem Arm nach Hause marschieren.
Die niedersächsischen Grünen werfen dem Ministerpräsidenten Sigmar Gabriel vor, nicht die wirklichen Konsequenzen aus der PISA-Studie zu ziehen und starteten deshalb im Landtag eine kleine Anfrage. Die Grünen-Abgeordnete Rebecca Harms wollte wissen, "welche konkreten Maßnahmen, z. B. zur Schulstrukturreform, als Reaktion auf die Ergebnisse der Pisa-Studie in der Anzeige verkündet wurden".
Noch streiten sich in Niedersachsen die Fraktionen, welche Konsequenzen aus der PISA-Studie zu ziehen sind, doch die SPD will an dem Konzept der generellen Separation nach der vierten Klasse festhalten, obwohl die Studie u.a. aussagt, dass schwächere Schüler von den stärkeren profitieren können. Gabriel bastelt derweil an seiner Schulstrukturreform weiter. Getreu dem Motto: Was wir brauchen, ist eine offene Beratung und Mut, auch Neues zu denken, legt er Tempo in einer Reformpolitik vor, ohne eine umfassende Analyse der PISA-Studie vorzunehmen und die nationale Auswertung abzuwarten.
Doch auch die niedersächsischen Grünen, die sich immer als Bewahrer von sozial schwachen Schülern aufspielen, zeigen, dass sie schnelle Reformen wollen und fordern eine Verpflichtung zum Kindergartenbesuch. Man muss nicht betonen, dass die IT-Grundbildung in diesem Schlagabtausch keine Rolle spielt.
Dennoch zeigt die kleine Stadt Rodenberg im Schaumburger Land, dass sie die Zeichen der Zeit richtig erkannt hat und beantragte kürzlich im Schulausschuss die Finanzierung zur Erweiterung des Computerpools. Für rund 25.000 Euro sollen jetzt Notebooks für Grundschüler angeschafft werden. Medienpädagogisches Ziel ist sogar, dass die Kinder die Geräte mit nach Hause nehmen dürfen. Kein Problem, denn über das niedersächsische IT-Förderprogramm n-21 können alle Schulen Förderanträge zur Ausstaffierung stellen. Allerdings müssen sie 50 Prozent der Anschaffung selbst tragen. In der Regel wird der Kauf durch Spenden oder öffentliche Mittel mitfinanziert.
Bislang konnten auch die Rodenberger Schulen ganz gut von solchen Fördermaßnahmen profitieren, obwohl die Haushaltslage der Gemeinde alles anders als rosig aussieht. Insofern wollte die Gemeinde auch jede weitere Anschaffung besonders kritisch unter die Lupe nehmen. Doch die Schule befindet sich im IT-Rausch, denn wie sonst kann sie einen weiteren Förderantrag für 20 Computertische, 30 höhenverstellbare Stühle und einen neuen Computer für das Sekretariat stellen? Allein dieser Antrag hat einen Umfang von 10.000 Euro. Zusätzlich soll die Gemeinde die Anschaffung von Notebooks für die Grundschüler mitfinanzieren. Hier beträgt das Volumen noch einmal 25.000 Euro, wobei die Gemeinde sich zu 50 Prozent beteiligen soll.
Kein Wunder, dass da selbst im Schulausschuss die Frage gestellt wurde, warum Grundschüler denn einen Laptop haben müssen. Doch darauf war die Rodenberger Medienexpertin gut vorbereitet und rechtfertigte das Medienkonzept mit der Ansicht, dass mit den Notebooks die bisherige IT-Ausbildung sinnvoll fortgeführt werden könne. So könnten Kinder, die keinen eigenen Computer haben, das Notebook zum Üben mit nach Hause nehmen. Selbst an einen Einsatz im Waldklassenzimmer sei gedacht.
Nicht bedacht wurde, dass den Kindern auch die Verantwortung für die hochwertigen Computer übertragen wird. Dabei wirft schon das Aussehen der Leihschulbücher Fragen zum pfleglichen Umgang damit auf. Zwar wurde im Ausschuss darauf hingewiesen, dass zukünftig noch mehr Anschaffungen notwendig seien, zumal die Computer durchschnittlich nur drei Jahre einsatzfähig seien. Der Ausschuss stimmte den Anträgen trotz einiger Bedenken zu, doch das letzte Wort hat nun der Samtgemeindeausschuss. Und dieser wird sich fragen müssen, ob die hochtrabenden IT-Pläne der Grundschule wirklich mit dem Haushaltsaufkommen von Rodenberg im Einklang sind und ob angebliche medienpädagogische Argumente wirklich im Vordergrund stehen sollten. Im Rahmen einer betreuten Grundschule, die bislang noch nicht einmal in Rodenberg eingeführt ist, könnten die Kinder auch am Nachmittag an den stationären Computern arbeiten.