Ölembargo: Wie Robert Habeck die Arbeiter in Schwedt "vergackeierte"

Seite 2: Umrüsten auf Wasserstoff

Die Raffinerie in Schwedt (Oder) muss sich aber nicht nur an neue Ölsorten anpassen – Minister Habeck forderte, dass sie sich insgesamt weiterentwickeln solle. Denn die Gesellschaft in Deutschland habe sich schließlich zu einer Energiewende entschlossen. In diesem Zusammenhang sprach Habeck von einer "Raffinerie der Zukunft", die ohne Öl auskommt und stattdessen Wasserstoff nutzt.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Michael Kellner (Grüne), meinte auf Twitter: Die Zukunft liege "in der Umstellung auf grünen Wasserstoff, Biochemie und Kreislaufwirtschaft am Standort Schwedt".

Telepolis fragte nun beim Bundeswirtschaftsministerium nach, ob es dafür Konzepte gebe. Schließlich muss auch die Versorgung mit grünem Wasserstoff sichergestellt werden. Und für die Vorprodukte der chemischen Industrie, die in der Raffinerie produziert werden, sind auch Kohlenwasserstoffe notwendig. Die Fragen blieben unbeantwortet.

Aber auch der Wirtschaftsminister von Brandenburg, Jörg Steinbach (SPD) hatte sich zuletzt in einem Interview mit den Potsdamer Neuesten Nachrichten (PNN) zur Zukunft der Raffinerie geäußert. Er sprach von einer "Raffinerie 2.0", die auf der Verwendung von Wasserstoff und entsprechenden Biomaterialen basiert.

Telepolis wollte auch von ihm wissen, ob die Vorstellungen schon ausgegoren sind. Doch sein Ministerium machte gleich deutlich, dass man sich dort nicht dafür zuständig fühlt. Für die Konzepte seien die Unternehmen selbst verantwortlich.

Man gehe von einem Zeitrahmen für die Transformation von acht bis zehn Jahren aus, erklärte die Sprecherin des Brandenburger Wirtschaftsministeriums. Allerdings wollte sie sich nicht dazu äußern, in welcher Größenordnung die Raffinerie dann arbeiten werde. Denn auch hier gilt: Biomaterialien und Wasserstoff müssen verfügbar sein, und das zu einem Preis, der eine rentable Produktion gewährleistet.

Das alles seien aber Fragen eines "tragfähigen Konzeptes", erklärte die Sprecherin des Ministeriums, und darum müsse sich das Unternehmen selbst kümmern.

Konkret bedeutet alles zusammengenommen: Die PCK-Raffinerie als Unternehmen und die Arbeiter werden von der Politik mit Visionen und Vorgaben konfrontiert, dann aber weitgehend im Stich gelassen.

Die Linke im Brandenburger Landtag fand klare Worte für das, was an Vorstellungen über die Zukunft der Raffinerie durch die Medien geistert. Sebastian Walter, Fraktionschef der Linken, sagte: "Diese Versprechungen sind nicht mehr als heiße Luft". Die Annahme, die Anlagen der Raffinerie kurzfristig auf Wasserstoff umzustellen, sei Augenwischerei und "fachlich nicht gedeckt". Er betonte: "Wasserstoff herzustellen braucht Jahre Zeit".

Sollte der Betrieb der Raffinerie nicht gesichert werden, dann drohe, "dass die ostdeutsche Wirtschaft um Jahrzehnte zurückgeworfen wird", so Walter. Und er zeigte sich überzeugt, dass eine Debatte um ein Öl-Embargo nicht geführt und mit Nachdruck verfolgt würde, Raffinerien nicht in Leuna und Schwedt, sondern in Hamburg und Bielefeld stehen würden.

In den deutschen Amtsstuben scheint man sich tatsächlich nicht immer über die Folgen im Klaren zu sein, die manche Entscheidungen verursachen. Auf eine machte Peter Hübner, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie aufmerksam.

Sollte die Raffinerie in Schwedt (Oder) vor dem Aus stehen, dann hätte das auch extreme Folgen für den Straßenbau. Denn sie produziere "ein Drittel des in Deutschland für den Straßenbau benötigten Bitumens, nämlich 1,3 von vier Millionen Tonnen", erklärte Hübner gegenüber der Wirtschaftswoche. Auf einem Drittel der Baustellen drohe dann ein Mangel des benötigten Baustoffs.

Um die Raffinerie zu retten, fordert Walter ein Strukturwandelprogramm, das ähnlich zu dem in der Lausitz ist. Die Landesregierung solle gemeinsam mit dem Bund treuhänderisch in die PCK einsteigen und eine Beschäftigungsstrategie aussprechen – bei vollen Bezügen.

Doch ohne klare Konzepte für den Betrieb und die Weiterentwicklung hätte man nur etwas Zeit gewonnen – die Zukunft wäre aber noch längst nicht gesichert. Damit wird sich demnächst der Landtag in Brandenburg noch beschäftigen: Sowohl Die Linke als auch die Alternative für Deutschland (AfD) haben entsprechende Anträge eingebracht, die in der kommenden Woche diskutiert werden sollen.

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