Österreich: Straches Ex-Leibwächter festgenommen

Heinz-Christian Strache. Foto: Multimedia-Blog Bundespräsident. Lizenz: CC BY-SA 2.0

Der Polizist soll Medienberichten nach eine Schlüsselrolle in der Ibiza-Affäre spielen, zu der jetzt eine Spesenaffäre dazukam

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Vier Monate nach dem Öffentlichwerden der Ibiza-Äffäre hat es den Informationen des Standard zufolge die erste Festnahme eines Verdächtigen gegeben. Den bislang mit Verweis auf eine "Verschlusssache" und "laufende Ermittlungen" noch nicht offiziell bestätigten aber übereinstimmenden Berichten nach handelt es sich dabei um einen Polizisten und Wiener FPÖ-Bezirksrat, der etwa ein Jahrzehnt lang als Leibwächter, Chauffeur und "Sicherheitsreferent" von Heinz-Christian Strache tätig war.

Dabei soll es zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Abrechnung und Bezahlung von Überstunden und der Behandlung nach einem schweren Krankheitsfall gekommen sein. Der Verdächtige soll deshalb nicht nur belastendes Material gesammelt, sondern dieses Material auch zum Kauf angeboten haben. Danach fuhr er laut Ö24 einen "teuren Sportwagen", trug "Luxusuhren am Handgelenk" und "posierte auf Yachten". Zudem soll es Verbindungen zu einen Wiener Rechtsanwalt geben, der eine Beteiligung an der Entstehung des Ibiza-Videos bereits im Mai einräumte (vgl. "Piefke Collusion").

Kleidung für Straches Ehefrau Philippa und Miete für eine 3.500 Euro teure Wohnung

Dass der Verdächtige jetzt festgenommen wurde liegt den Berichten nach an unlängst öffentlich gewordenen einer anonymen Anzeige mit neuen Vorwürfen gegen den gestürzten Ex-Chef der Freiheitlichen: Die Staatsanwaltschaft prüft deshalb, ob Straches Spesenabrechnungen und Zahlungen mit einer "goldenen Partei-Kreditkarte" den Tatbestand der Untreue erfüllen. Dabei geht es unter anderem um Kleidung für Straches Ehefrau Philippa und die Miete für eine 3.500 Euro teure Wohnung. Der Ex-Parteichef ließ dazu über seinen Rechtsanwalt Johann Pauer mitteilen "alle Spesen und Sachleistungen" seien "stets ordnungsgemäß abgerechnet beziehungsweise erbracht" worden. Auf Facebook schreibt er von einer "Schmutzkübelkampagne kurz vor der Nationalratswahl" [am Sonntag].

Die aktuelle FPÖ-Führung hat trotzdem eine "interne Sonderprüfung" aller Abrechnungen seit 2013 angeordnet. Das Verhältnis zwischen ihr und Strache ist den Informationen der Presse nach kein ungetrübtes. Der Gestürzte denkt nämlich angeblich darüber nach, ober er im nächsten Jahr als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Wien antreten soll: "Und zwar notfalls auch mit einer eigenen Liste, sollte sich die freiheitliche Landespartei gegen Strache und für ihren jetzigen Obmann, Dominik Nepp, entscheiden."

Peschorn: "Natürlich Hintermänner"

Wie Straches Nachdenken ausgeht, könnte auch davon abhängen, was bei den Ermittlungen zu Ibiza-Affäre noch alles herauskommt. Der aktuelle Innenminister Wolfgang Peschorn sagte der Zeit im Bild dazu am 28. August in einem sehr sehenswerten Interview, die Medien wüssten weniger als er über diesen "wahnsinnig großen" und "spannenden Kriminalfall" - und es gebe "natürlich Hintermänner". Ob diese etwas mit ausländischen Geheimdiensten zu tun haben könnten, ließ der erfrischend wenig politikerhaft auftretende parteifreie Interimsminister offen.

Kurz vorher hatte ein in die Affäre verwickelter Detektiv der deutschen Tageszeitung Die Welt unter Zuhilfenahme eines Rechtsanwalts verboten, "Genaueres" über Merkwürdigkeiten im Zusammenhang mit Aussagen zu berichten, die "im Widerspruch zu amtlichen Dokumenten stehen". Weiterhin schreiben darf die Zeitung über eine Behauptung des Detektivs, wonach einer früheren "Auseinandersetzung mit der Justiz eine Operation zugrunde liegt", die dieser "im Auftrag einer Behörde durchgeführt haben [wollte], die ihn in Folge nicht habe schützen können".

Auch andere Zeitungen machten über Berichte zur Ibiza-Affäre die Bekanntschaft des Berliner Juristen, darunter die Wochenzeitung Die Zeit. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) zitierte ihn in diesem Zusammenhang mit einem bemerkenswert deutlich formulierten Hinweis, dass man Fragen zu den Umständen der Weitergabe des Videomaterials nicht gutheißt.