Oettinger will Mineralölsteueranteil für die EU

Grafik: TP

Der Haushaltskommissar begründet seine Forderung nach mehr Geld mit dem Brexit, einer "gemeinsamen" Sicherheits- und Verteidigungspolitik und der Migrationskrise

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Der CDU-Politiker Günther Oettinger, der im Januar vom EU-Digital- zum EU-Haushaltskommissar befördert wurde, verlangt im Handelsblatt mehr Geld für Brüssel - und zwar einen "mindestens einen einstelligen Milliardenbetrag" im Jahr. Diese Forderung begründet der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident mit dem Wegfall von neun Milliarden Euro nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs, einer "gemeinsamen" Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie der Migrationskrise.

Oettinger will den dadurch entstehenden Finanzbedarf nicht nur durch Einsparungen bei den Agrarsubventionen und anderen Ausgaben decken, sondern "zusätzliche Haushaltsmittel", weshalb Deutschland "etwas mehr zahlen" und "zum Beispiel einen oder zwei Cent [aus] der Mineralölsteuer für die EU reservieren" oder "einen Teil der Einnahmen aus der Versteigerung von CO2-Emissionszertifikaten nach Brüssel überweisen" soll. Derzeit liegt die Mineralölsteuer (die seit 2006 offiziell "Energiesteuer" heißt), bei 65,45 Cent für den Liter Benzin und bei 47,04 Cent für den Liter Diesel.

Deutsches Bundesfinanzministeriums lehnt "die Einführung neuer, steuerbasierter Eigenmittelquellen zur Finanzierung des EU-Haushalts" ab

Die Entscheidung über die Einführung einer neuen EU-Steuer liegt nicht bei der EU-Kommission oder beim EU-Parlament, sondern beim Ministerrat, in dem Minister der 27 Mitgliedsländer sitzen. Das deutsche Bundesfinanzministeriums verlautbarte nach dem Bekanntwerden der Forderung, es lehne "die Einführung neuer, steuerbasierter Eigenmittelquellen zur Finanzierung des EU-Haushalts" ab.

Ob diese Position die Bundestagswahl im Herbst überlebt, ist offen: Vor eineinhalb Jahren hatte die Süddeutschen Zeitung berichtet, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble über einen "Flüchtlings-Soli"-Aufschlag auf die Mehrwert- oder die Mineralölsteuer nachdenkt, der nicht nach Berlin, sondern direkt nach Brüssel fließen soll. Nach weitgehend negativen Reaktionen auf das Gerücht sagte die deutsche Bundeskanzlerin der Bild-Zeitung, diese Steuer werde es in dieser Form nicht geben (vgl. Finanzierung des Asylbewerberandrangs weiter unklar).

Mehrere Vorstöße in der Vergangenheit

Die Vorstöße für eine Steuer, über die die EU-Kommission direkt und ohne Umweg über die Haushalte der Mitgliedsländer verfügen kann, gehen allerdings noch viel weiter zurück: Bereits 2009 forderte die EU-Kommission in einem "Diskussionspapier" zur Aufstellung des Haushalts ab dem Jahr 2014, die Debatten über die Höhe der Beiträge der einzelnen Mitgliedsstaaten dadurch zu beenden, dass Brüssel unmittelbar von den Bürgern eine Steuer erhebt (vgl. EU will Extra-Steuern erheben).

Im Jahr darauf versuchte der damalige polnische EU-Haushaltskommissar Janusz Lewandowski der Öffentlichkeit so eine direkte EU-Steuer mit dem Argument zu verkaufen, dass damit ja die Überweisungen der Regierungen weniger werden könnten. Von geringeren Belastungen für die Steuerzahler sprach er wohlweislich nicht. Sein Vorschlag stieß damals in Deutschland nur bei den Grünen auf offene Ohren, die meinten, es sei "'höchste Zeit', der EU neue Finanzquellen zu verschaffen". Union, FDP, SPD und Linke lehnen ihn ab (vgl. Sommertheater oder kommen bald auch EU-Steuern?).

Nettominus

Aktuell finanziert sich die EU vor allem durch Zahlungen der Mitgliedsländerregierungen, deren Höhe ausgehandelt wird, wobei die Wirtschaftskraft als Anhaltsgröße gilt. Die früher wichtigen Zölle spielen durch den heute weitgehend herrschenden Freihandel mit unter 13 Prozent der Gesamtmittel nur mehr eine verhältnismäßig geringe Rolle.

Der am 28. November vom Rat genehmigte EU-Haushaltsplan für 2017 enthält 157,86 Milliarden Euro an "Verpflichtungen" und 134,49 an "Mitteln für Zahlungen". Um zu ermitteln, wie viel Deutschland davon zahlt und bekommt, muss man weiter zurückgehen: 2015 ergab sich für das Land ein Nettominus in Höhe von 14,3 Milliarden Euro, während Länder wie Polen mit 9,4 Milliarden Euro, Tschechien mit 5,7 Milliarden Euro und Rumänien mit 5,2 Milliarden Euro profitierten.

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