Olympische Spiele im Schatten des "Krieges gegen den Terror"
Griechenland: NATO Kräfte und ausländische Geheimdienste sollen für sichere Spiele sorgen
Schon der bisherige Kostenvoranschlag für die Sicherheit der Olympischen Spiele im August dieses Jahres in Athen (vgl. Triumphbogen gegen Völkerschlachtdenkmal) betrug mehr als eine Milliarde Euro. Nach dem Anschlag vom 11. März in Madrid ist diese Summe um weitere 500 Millionen angewachsen. Soviel wird der neu vorgesehene Einsatz von Bodentruppen und Seestreitkräften der NATO kosten.
Von internationalen Gewässern aus soll die Flotte der NATO das Eindringen von Terroristen auf dem Seeweg verhindern. Zu Lande dagegen soll den Einheiten der NATO vor allem die Aufgabe obliegen, den Folgen eines eventuellen Anschlages mit biologischen, chemischen oder radioaktiven Waffen zu begegnen. Bisher war der NATO nur die Überwachung des griechischen Luftraumes durch fliegende Radare vom Typ AWACS zugedacht. Im Prinzip haben sich NATO und Griechenland auf die Erweiterung geeinigt. Offen ist, wer für die aufkommenden Kosten bezahlen soll.
Als Athen im Jahre 1996 den Zuschlag für die olympischen Spiele 2004 bekam, lagen der 11. September und der 11. März noch vor uns. Niemand hatte gedacht, dass ausgerechnet das kleine Griechenland Olympische Sommerspiele unter der Furcht vor Terroranschlagen vorher nie gekannten Ausmaßes ausrichten wurde. Seit Bekanntwerden des Sicherheitskonzeptes argwöhnt denn auch die ausländische Presse in aller Welt, ob die Griechen den Anforderungen überhaupt gerecht werden können. USA und Großbritannien drohen immer wieder damit, ihre Sportler nicht nach Athen zu schicken.
Dabei stellen die Briten und US-Amerikaner die bedeutendsten Kontingente der ausländischen Spezialeinheiten und Geheimdienstmitarbeiter zum Schutze der Athleten und Besucher. An allen Schaltstellen des Sicherheitssystems findet man ihre Mitarbeiter. Auch bei den bisherigen Übungen nahmen Briten und US Amerikaner eine herausragende Rolle ein. Dabei wird sowohl von der vormaligen Regierungspartei PASOK als auch von der jetzt regierenden Nea Dimokratia übergangen, dass die Präsenz und Aktivitäten ausländischer bewaffneter Kräfte auf griechischem Territorium nach der Verfassung nur mit einem entsprechenden Gesetz zulässig ist.
Weitere wichtige "Partner" im Sicherheitskonzept sind der israelische Geheimdienst Mossad sowie der russische KGB Nachfolger SVR. Von ihnen erhoffen sich die griechischen Behörden vor allem Informationen über potenzielle Attentäter. Im Gegenzug für die russische Hilfe, das Einsickern von Terroristen über ehemalige Staaten und Verbündete der Sowjetunion zu verhindern, wird der griechische Staat seine etwa 1.500 tschetschenischen Einwanderer unter besondere Beobachtung nehmen. Neben den ausländischen Unterstützern hat Griechenland insgesamt etwa 40.000 Leute, darunter 6.000 Freiwillige der Armee aufgeboten, um die Spiele gegen "ausländische Terroristen und einheimische Anarchisten" (vgl. Die europäische Liste der Terroristen) zu schützen. Mehr als 1.600 Kameras an Sportstätten, Straßen und Platzen werden alle Bewegungen erfassen und aufzeichnen. 1.000 der Kameras sollen nach den Olympischen Spielen im Einsatz bleiben. Die neuen Kenntnisse und technischen Möglichkeiten eignen sich hervorragend, um zukünftig Demonstrationen gegen Sozialabbau zu kontrollieren und helfen außerdem bei der Schaffung "sauberer Innenstädte" ohne Bettler und fliegende Händler.
Einen Vorgeschmack dessen, was uns bei den Spielen erwartet, konnte man bei der Feier zur Entzündung des Olympischen Feuers am 25. März im Stadion des antiken Olympia bekommen. Mehr als tausend Polizisten hatten das Gelände vom Vortag an abgeriegelt. Hunderte von uniformierten und bewaffneten Beamten, Sprengstoffhunde und Zivilpolizisten kontrollierten die Szenerie. Jeder der etwa 1.500 Besucher musste eine Leibesvisitation und Taschenkontrolle über sich ergehen lassen. Gegen die "Errichtung eines Polizeistaates" fanden in Griechenland bereits mehrfach Demonstrationen statt. An der bisher größten am 11. März dieses Jahres nahmen mehrere tausend Menschen teil.
Heike Schrader, Athen