Paket-Auslieferer und Scheinselbstständigkeit: Schluss mit Ausbeutung?

Seite 2: Vorreiter Spanien: Richtlinien für bessere Bedingungen für Plattformarbeiter

Obwohl Spanien nur als Gesetz durchsetzen konnte, was der Oberste Gerichtshof schon als Doktrin festgelegt hatte, sprach Díaz davon, dass "Spanien zum Vorreiter internationaler Gesetzgebung" mit dem Rider-Gesetz geworden sei.

Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht. So hat das Europaparlament vergangene Woche erst seine Position zur geplanten Richtlinie für bessere Bedingungen für Plattformarbeiter abgesteckt, um die ausufernde Scheinselbstständigkeit in diesem Sektor zu bekämpfen. Die Mehrheit dafür fiel allerdings sehr knapp aus (siehe: Gegen Scheinselbständigkeit: EU-Parlament will Plattformarbeiter besser stellen).

Das Vorhaben stellt fest, dass man zunächst grundsätzlich davon ausgehen soll, dass zum Beispiel Fahrer fest angestellt sind. Kommt es zu einem Rechtsstreit, dann soll die Plattform – und nicht wie bisher der Beschäftigte – beweisen müssen, dass der Beschäftige real ein Selbstständiger ist.

Ausweitung der Kontrollen

Die beliebte Arbeitsministerin Díaz, die im November bei den Parlamentswahlen als Kandidatin für den Posten des Regierungschefs antreten will, kann sich aber real auf die eigenen Fahnen schreiben, dass sie die Kontrollen deutlich ausgeweitet hat. Sonst ist Papier in Spanien besonders geduldig.

Gesetze klingen zwar gut, aber niemand kümmert sich allgemein darum, ob sie auch umgesetzt werden. Das ist im Fall des Arbeitsministeriums anders, weshalb die Ministerin sogar bisweilen sogar offen ausgesprochene Morddrohungen erhält.

Denn bei den Kontrollen wird nicht nur festgestellt, dass Lieferdienste weiter auf Scheinselbstständige setzen, sondern oft sogar sogenannte illegale Einwanderer ohne gültige Papiere zum Teil unter sklavenähnlichen Bedingungen ausgebeutet werden.

Millionen-Bußgelder für Glovo

Erst kürzlich wurde Glovo Januar wieder mit einem Millionen-Bußgeld von der Arbeitsaufsicht belegt. 57 Millionen Euro soll der Lieferdienst bezahlen, der 2015 in Barcelona gegründet wurde, nun aber in 1.500 Städten und in 25 Ländern operiert, weil er weiter gegen die neuen Gesetze verstößt.

Von der Summe gehen 19 Millionen als Nachzahlung an die Sozialversicherungskasse, denn auch die geht bei den Scheinselbstständigen weitgehend leer aus. Mehr als 7.000 neue Fälle wurden registriert. Dazu kommt eine weitere Strafe von 5,2 Millionen, da auch Fahrer ohne gültige Arbeitserlaubnis eingesetzt wurden.

Und Glovo ist ein alter Bekannter der Arbeitsaufsicht. Es handelt sich um einen Wiederholungstäter. Man hat nun schon Bußgelder und Nachzahlungen an die Sozialversicherung imUmfang von mehr als 205 Millionen Euro aufgehäuft.

Im vergangenen Jahr wurde der Lieferdienst gezwungen, die Lage von 10.000 Fahrern zu regeln, die allein in Valencia und Barcelona scheinselbständig für Glovo tätig sind. Allein dafür musste die Firma eine Strafe von 79 Millionen Euro zahlen.

Zwar wurde das Unternehmen auch schon im Vorjahr dazu verdonnert, das Verhältnis von mehr als 11.000 Beschäftigten zu regeln, dabei fiel die Geldstrafe mit gut 16 Millionen allerdings vergleichsweise bescheiden aus.

Díaz sagt den Firmen den Kampf an, die gegen das Rider-Gesetz verstoßen.

Keine Firma in Spanien, egal wie groß oder klein, steht über dem Gesetz

Yolanda Díaz

So erinnerte die Arbeitsministerin nach dem neu verhängten Bußgeld gegen Glovo daran, dass den Verantwortlichen auch Haftstrafen von bis zu sechs Jahren drohen.