Pandemiebekämpfung vom Reißbrett
Seite 4: "Eine schnelle Reise": Optimierungsideen vom Reißbrett
- Pandemiebekämpfung vom Reißbrett
- Antikörper aus dem Labor
- Hoffnungsträger: Zwei Orale Virostatika
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Die Entwicklung von Virostatika ist kompliziert. Man könne diese Medikamente "an einer Hand abzählen", so der Virologe Timothy Sheahan von der University of North Carolina in einem Beitrag im Magazin National Geographic.
Jetzt sind die oralen Virostatika von Pfizer und Merck & Co. im Begriff, sich zu etablieren. Das Wissenschaftsmagazin Nature schrieb vor wenigen Tagen:
(...) Paxlovid hat sich in nur 20 Monaten von einem Präparat in der Tiefkühltruhe und Optimierungsideen auf dem Reißbrett zu einem Zulassungsantrag entwickelt
Aus dem Nature-Beitrag
"Es war eine schnelle Reise", wird Mikael Dolsten zitiert, wissenschaftlicher Leiter von Pfizer. "Bei der normalen Entwicklung eines niedermolekularen Programms würde das 8-10 Jahre dauern", bemerkt er laut Nature.
Die Arzneimittelentwickler von Pfizer haben ihr Therapieprodukt mithilfe von Molekulardynamik-Simulationen und rationalem Arzneimitteldesign entwickelt. Der Datenwissenschaftler und Computerepidemiologe Chris von Csefalvay äußert: "Es wurde von Grund auf so konzipiert, dass es oral wirksam ist, und zwar in einer sicheren Dosierung."
Paxlovid, sagt Csefalvay, ist das Ergebnis eines rationalen Arzneimitteldesigns, bei dem Computermodelle eingesetzt werden, um ein niedermolekulares Arzneimittel zu finden, das nicht nur gegen ein Enzymziel wirksam ist, sondern auch eine günstige Pharmakokinetik aufweist. "Es ist strukturell neu".
Und hilft offenbar auch gegen die Omicron-Variante, sagt zumindest CEO Albert Bourla, Ph.D. "Die gute Nachricht ist, dass wir bei der Entwicklung unserer Behandlung berücksichtigt haben, dass die meisten Mutationen in den Spikes auftreten", sagte Bourla in der CNBC-Sendung "Squawk Box". Das orale COVID-19-Antivirus von Pfizer, Paxlovid, werde wahrscheinlich auch gegen die neue Variante wirksam sein.
Rennen um Covid-19-Medikamente: "Paxlovid punktet"
Es mangelt aber noch an Studien. Bei den Medikamenten ist es zum Beispiel noch ein langer Weg, bis das Nebenwirkungsprofil gut untersucht ist. Studien zu den Therapeutika stützen sich vor ihrer Zulassung vorwiegend nur auf eine Gruppe zwischen 1.000 und 2.000 Patienten.
Zum Vergleich: Beim Impfstoff von Biontech nahmen 43.000 Probanden an der wichtigen Phase-III-Studie teil, bei Moderna waren es rund 30.000. Die Medikamente sind also vor ihrer Zulassung bei deutlich weniger Menschen getestet worden.
Dennoch teilte die US-Regierung jüngst mit, zehn Millionen Dosen bzw. Einheiten Paxlovid für 5,3 Milliarden US-Dollar (4,7 Milliarden Euro) zu kaufen. Pfizer geht davon aus, dass bis Ende 2022 80 Millionen Packungen des Covid-19-Medikaments Paxlovid hergestellt werden können, sagte Firmen-CEO Albert Bourla im Interview mit dem Wirtschaftskanal CNBC.
Zuvor hatte das Unternehmen erklärt, dass es eine Produktionskapazität von 50 Millionen Behandlungen plant.
In der Zwischenzeit investiert Pfizer bis zu einer Milliarde Dollar, um die Herstellung und den Vertrieb des Covid-19--Medikamentes zu befördern, einschließlich der möglichen Verpflichtung von Vertragsherstellern, wie das Unternehmen mitteilte.
Geoffrey Porges, Analyst und Senior Managing Director bei SVB Leerink, rechnet damit, dass Paxlovid allein im Jahr 2022 24,2 Milliarden US-Dollar zum Umsatz von Pfizer beitragen könnte.
Auch dank des Dollarregens aus dem Geschäft mit dem COVID-Impfstoff Comirnaty könnten die Gesamteinnahmen von Pfizer im nächsten Jahr 100 Milliarden US-Dollar übersteigen, so Porges in einer Investorenmitteilung.
So wird Pfizer dank Covid-19-Medikament (und -Impfstoff) im nächsten Jahr voraussichtlich zu einem 100-Milliarden-Dollar-Riesen, heißt es in einem Fachbeitrag:
Mit dem Einbruch der Wirksamkeit von Molnupiravir und dem Rückzug von Roche aus dem COVID-Pillenprogramm mit Atea Pharmaceuticals scheint Pfizer nun der König der oralen COVID-Behandlung zu sein.
Bis Paxlovid in Deutschland erhältlich sein könnte, gehen wohl noch Monate ins Land. Die synthetische Therapiehilfe dürfte deutlich kostspieliger werden als eine Impfung, wie der Kölner Stadt-Anzeiger schreibt: Die Pillen sollen um die 700 Euro kosten – gegenüber 35 Euro für eine Dosis des teuersten Impfstoffs von Moderna.1
Keinesfalls, so beeilen sich Virologen und Krankenhausärzte zu erklären, wäre es klug, mit der Impfung abzuwarten und auf die Medikamente zu verweisen. Vorbeugen geht mit den Virostatika nicht; gegebenenfalls den persönlichen Ernstfall in Kauf zu nehmen wäre nach Expertenmeinung keine gute Devise, auch wenn die "neuen Hoffnungsträger" – vorwiegend für Risikopatienten – eine gute Nachricht sind.
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