Pandemiebekämpfung vom Reißbrett

Seite 2: Antikörper aus dem Labor

Im Einzelnen zu der Kandidatenauswahl:

Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Medikamenten gegen Covid-19. (...) Diejenigen, die das Virus bekämpfen und diejenigen, die gegen die überschießende Immunantwort wirken.

Prof. Friedemann Weber, Direktor des Instituts für Virologie an der Universität Gießen. Kölner Stadt-Anzeiger (KStA) "Wissenschaft", 29.11.2021, Printausgabe S. 10

Bei der Behandlung der Immunreaktion hat das Cortisonpräparat Dexamethason Wirkung gezeigt. Allerdings kommt das Mittel zum Einsatz, wenn das Virus sich im Körper bereits vermehrt hat. Deshalb wird weltweit nach Wirkstoffen geforscht, die schon in der Frühphase einer Infektion einsetzbar sind, nämlich um die Vermehrung der Viren zu stoppen.

Die Antikörper aus dem Labor funktionieren im Grunde wie diejenigen, die sich nach einer Impfung oder Infektion bilden – nur dass sie von einer Pharmafirma produziert werden und nicht vom eigenen Körper: Sie sind maßgeschneidert.

"Der (hergestellte) Antikörper hat absolut die gleiche Wirkung", so Pharmazie-Professor Thorsten Lehr von der Universität des Saarlandes im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

In einem Bericht der Westdeutschen Zeitung (WZ) vom 24. November wird die Klasse der damit angesprochenen Medikamente näher beleuchtet. Sie werden als Infusion verabreicht.

Bei Ronapreve, einem Antikörper-Cocktail aus Casirivimab und Imdevimab, so das Blatt, zeigten bisherige Studien folgende Ergebnisse: Die Gefahr für Risiko-Patienten, nach einer Corona-Infektion ins Krankenhaus zu kommen oder gar zu sterben, sei um 70 Prozent reduziert.

Zudem soll sich bei frisch Infizierten die Viruslast um 90 Prozent verringern und die Gefahr, überhaupt Symptome zu entwickeln, um etwa die Hälfte.

Zu Regkirona mit dem Antikörper Regdanvimab schreibt die WZ: Das Mittel zeige bei Patienten mit milden bis moderaten Symptomen, dass sie schneller genesen und seltener einen schwereren Verlauf hätten.

Die EMA verweist beispielsweise auf eine Studie, nach der nur rund drei Prozent der behandelten Patienten in Kliniken eingewiesen werden mussten, Sauerstoff bekamen oder sogar starben. Bei den Patienten, die das Mittel nicht bekamen, waren es gut elf Prozent.

Anders als Ronapreve und Regkirona wird das ursprüngliche Anti-Ebola-Mittel Remdesivir (US-Konzern Gilead, Handelsname Veklury) nicht bei milden Infektionen verabreicht, sondern bei Corona-Patienten mit Lungenentzündung, die zusätzlich Sauerstoff (aber noch keine invasive Beatmung) benötigen.

Es war bis vor Kurzem das einzige in der EU zugelassene Covid-19-Medikament. Mittlerweile, so die WZ, schätzten Experten etwa der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder des Gemeinsamen Bundesausschusses von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen den Nutzen des Medikaments als eher "überschaubar" ein.

Remdesivir wird intravenös verabreicht und war ursprünglich gegen Hepatitis C entwickelt worden. Wie das Magazin Nature berichtet, arbeitet Gilead Sciences an einer Pillenversion von Remdesivir.

Immunmodulatoren

Eine eigene Klasse stellen die Immunmodulatoren dar. Der Einsatz ist gedacht, um Komplikationen entgegenzuwirken, die der Erreger auslöst. Das entzündungshemmende Dexamethason zum Beispiel soll bei invasiv beatmeten Patienten auf der Intensivstation die überschießende Immunreaktion bremsen. Bei solch einer Reaktion kann sich das Immunsystem gegen körpereigene Gewebe richten.

Auch Medikamente wie Olumiant (Handelsname Baricitinib, von Eli Lilly), Kineret (Handelsname Anakinra, von Swedish Orphan Biovitrum) oder Actemra (Handelsname Tocilizumab, von Roche Holding), die sich seit dem Frühjahr bzw. Sommer 2021 im EMA-Zulassungsverfahren befinden, zielen auf die schlimmen Folgen der Erkrankung ab. Sie werden vor allem bei schweren Verläufen verabreicht. Thorsten Lehr erklärt:

Das Immunsystem zu früh herunterzuregulieren, ist auch gefährlich, denn dann gäbe es keine körpereigene Abwehr mehr gegen Sars-CoV-2

Prof. Thorsten Lehr, Universität des Saarlandes

Das immundämpfende Baricitinib ist in Tablettenform verfügbar und schon seit Jahren gegen Rheumatoide Arthritis zugelassen, letzteres gilt auch für Anakinra (Verabreichung per Injektion) und Tocilizumab (als Infusion).

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