Paris: Initiative fordert Olympia-Referendum
In Budapest, Hamburg und Rom gelang es den Bürgern bereits, Bewerbungen ihrer Städte zu verhindern oder zurückzuziehen
In Paris sammelt eine Initiative Unterschriften für ein Referendum gegen die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2024. Die Sozialdemokratin Anne Hidalgo, die Bürgermeisterin von Paris ist, lehnt solch ein Referendum ab, obwohl sie früher gegen die sportliche Großveranstaltung war, die in Griechenland und Brasilien deutlich mehr kostete und weniger nutzte, als den Bürgern dort vorher versprochen worden war.
Dass Hidalgo ihre Meinung änderte, lag der Linkspartei-Stadträtin Danielle Simonnet zufolge daran, dass der noch amtierende sozialdemokratische Staatspräsident François Hollande Druck ausübte. Hollande tritt bei der anstehenden Präsidentschaftswahl am 23. April nicht mehr an, weil er so unbeliebt ist, dass er keine Chance gehabt hätte, in die Stichwahl zu kommen. Sein Parteifreund Benoît Hamon, den die Sozialdemokraten statt ihm aufgestellt haben, befürwortet die Spiele aber ebenfalls als Investitionsprogramm - genau so wie Hollandes ehemaliger Wirtschaftsminister Emmanuel Macron, der als unabhängiger Kandidat bessere Chancen hat, in die Stichwahl zu kommen.
Le Pen nur gegen englischen Slogan
Die Front-National-Kandidatin Marine Le Pen, die die Umfragen aktuell anführt, sprach sich nicht gegen die Spiele an sich aus, aber gegen den Slogan, der Englisch und nicht Französisch sein soll: "Made for sharing". François Fillon, der Kandidat der Republikaner, beteiligte sich bislang kaum an der Olympiadebatte - er hat gerade andere Probleme, nachdem in der Scheinbeschäftigungsaffäre um seine Ehefrau seine Pariser Wohnung durchsucht wurde. Klar gegen die Spiele ist unter den Kandidaten, die zweistellig gemessen werden, nur der Linksparteivertreter Jean-Luc Mélenchon.
Budapest und Rom
Ermutigt fühlt sich die Pariser Initiative durch den Erfolg der ungarischen Olympia-Gegner, die am 17. Februar mit über 266.000 Unterschriften die eines Fünftels der wahlberechtigten Einwohner der Hauptstadt Budapest vorlegten. Nötig wären für ein Referendum dort nur 140.000 Unterschriften gewesen. István Tarlós, der Bürgermeister von Budapest, hielt darauf hin Rücksprache mit seinem Fidesz-Parteifreund und Ministerpräsidenten Viktor Orbán, der ihm riet, kein Referendum abzuwarten, sondern die Bewerbung von sich aus abzublasen, was am 22. Februar geschah. In einer Umfrage hatten sich vorher 56 Prozent der Budapester gegen die Olympia-Bewerbung ausgesprochen.
In der italienischen Hauptstadt Rom, die sich ebenfalls beworben hatte, wählten die Bürger bei der Kommunalwahl im Juni die M5S-Kandidatin Virginia Raggi zur Bürgermeisterin, die die Olympiabewerbung offen ablehnte und dafür sorgte, dass sie am 29. September zurückgezogen wurde (vgl. Girl-Power-Bürgermeisterwahl in Italien). Der nach einem verlorenen Verfassungsreferendum im Herbst zurückgetretene sozialdemokratische Ministerpräsident Matteo Renzi hatte diese Bewerbung vorher als "eine der schönsten Sachen", gelobt, "die wir für uns und unsere Kinder tun können".
Plebiszitäres Korrektiv
In der Hansestadt Hamburg entschieden sich die wahlberechtigten Bürger bereits am 29. November 2015 in einem Volksentscheid gegen eine Olympia-Bewerbung. Im dortigen Stadtparlament hatten sich vorher fast alle dort vertretenen Parteien - die SPD, die Grünen, die Union und die FDP - an der Pro-Olympia-Kampagne beteiligt. Lediglich die Linkspartei war dagegen, was zeigte, wie sehr die parlamentarische Demokratie eines plebiszitären Korrektivs bedarf: Denn es gab zwar eine Partei, die bei diesem Prestigeprojekt so sparsam war, wie die Bürger das wollen - aber diese Partei vertrat zu anderen Punkten Positionen, die offenbar dafür sorgten, dass sich bei der vorangegangenen Bürgerschaftswahl nur achteinhalb Prozent für sie entschieden (vgl. Hamburger sparen 1,2 Milliarden - oder deutlich mehr).
Anders als in Budapest und Hamburg können die Pariser kein Referendum erzwingen, wenn ihre Bürgermeisterin das nicht will. Sie hoffen jedoch auf eine Umfrage, die das Internationale Olympische Komitee (IOC) bei seiner Inspektion der Stadt im Mai, Juni und Juli durchführen lassen will. In Los Angeles, der nach dem Ausscheiden von Hamburg, Rom und Budapest letzten verbliebenen Mitbewerberstadt, befürworten einer unlängst durchgeführten Erhebung nach angeblich 88 Prozent der Einwohner eine Bewerbung, die dort deutlich stärker auf private Investoren setzt als die aus Paris. Die Entscheidung, in welcher der beiden Städte die Spiele stattfinden, will das IOC 13. September verkünden.
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