Partei Aung San Suu Kyis gewinnt Parlamentswahl in Birma
Militär muss mit Opposition zusammenarbeiten
Am Sonntag wurde in Birma gewählt. Seit heute Morgen steht fest, dass dabei die NLD, die Partei der vor fünf Jahren aus dem Hausarrest entlassenen Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi, mit mindestens 126 von insgesamt 224 Mandaten im Nationalitätenhaus und mindestens 238 von insgesamt 440 im Repräsentantenhaus in beiden Parlamentskammern die absolute Mehrheit errungen hat. Die USDP, die Partei des amtierenden Präsidenten Thein Sein, kam nur auf 12 und 28 Sitze. Der Rest geht an Regionalparteien wie die Arkanesenpartei ANP, die Shan-Partei SNLDP, die Chin-Partei ZCD, die Mon-Partei MNP, die Pa'O-Partei PNO, die Kachin-Partei KSDP, die Han-Partei KDUP, die Lisu-Partei LNDP und die Wa-Partei WDP. In den Hluttaws der Staaten und Provinzen Birmas erreichte die NDL mit mindestens 428 von insgesamt 880 Sitzen eine relative Mehrheit der Abgeordneten. Mit dem endgültigen Ergebnis wird aber erst in einigen Tagen gerechnet.
Von den knapp 52 Millionen Birmanen (inklusive der Minderjährigen) konnten etwa 30 Millionen an der Wahl teilnehmen. Die Wahlbeteiligung lag bei ungefähr 80 Prozent. In sieben Wahlkreisen im Shan-Staat wurde nicht gewählt, weil die Kontrolle der Regierung dort zu begrenzt war.
Je nach Zählweise leben in Myanmar bis zu 135 verschiedene Volksgruppen - die meisten davon in den Grenzgebieten. Neben dem Staatsvolk der Bamar, das etwa 70 % der Bevölkerung ausmacht, sind die wichtigsten davon die eng mit den Thai verwandten Shan mit etwa 10 und die überwiegend christlichen Karen mit sieben Prozent Bevölkerungsanteil. Das Land ist in sieben hauptsächlich von Bamar bewohnten "taing-myar" (Provinzen) und sieben "pyi ne-myar" (Staaten) aufgeteilt, in denen jeweils eine Minderheit das Staatsvolk stellt. Dabei wird die Sprache der Arakanesen, die einen eigenen Staat innerhalb Birmas haben, häufig als bloßer Dialekt des Birmanischen gewertet. Eine tibeto-birmanische Sprache sprechen auch die Chin, die ebenfalls über einen eigenen Staat verfügen.
Wahlsiegerin Aung San Suu Kyi ist die Tochter von Aung San, der sich in den 1940er Jahren in einem japanischen Militärlager ausbilden ließ und einen Guerillakrieg gegen die britische Kolonialmacht begann. Erst kurz vor Kriegsende wechselte seine Birma Independence Army die Seiten und beteiligte sich an den Kämpfen gegen die Japaner, die plötzlich nicht mehr als "Befreier", sondern als "Besatzer" angesehen wurden.
Damit es nicht so auffiel, dass Aung San vorher für die Japaner gekämpft hatte, schloss er sich mit der Kommunistischen Partei zusammen, die die Japaner schon seit 1942 bekämpfte, und nannte die Gruppe nun "Anti-Fascist People's Freedom League (AFPFL)". Kurz nachdem Aung San 1947 stellvertretender Vorsitzender einer Übergangsregierung geworden war fiel er zusammen mit mehreren anderen Kabinettsmitgliedern einem Anschlag zum Opfer.
Dass Aung San Suu Kyi im Januar, wenn das neue Parlament erstmals zusammentritt, die neue Präsidentin Birmas wird, ist trotz des Wahlsieges ihrer Partei unwahrscheinlich: Die Verfassung des Landes regelt nämlich, dass dieser Posten nicht für Personen zur Verfügung steht, die mit Ausländern verheiratet sind oder deren Kinder ausländische Staatsangehörigkeiten haben. Und San Suu Kyi war mit einem Briten verheiratet, von dem sie zwei Kinder mit britischen Pässen hat.
Außerdem sorgt eine Sperrminorität des Militärs, das in beiden Häusern jeweils ein Viertel der Abgeordneten ernennt, dafür, dass die Opposition die Verfassung nicht ohne Verhandlungen ändern kann. Darüber hinaus sichert diese Verfassung dem Militär eine Mitsprache bei der Besetzung des Verteidigungs-, des Innen- und des Grenzschutzministeriums zu. Die bisherigen Machthaber und die ehemalige Opposition müssen sich deshalb die Macht teilen.
Gespräche darüber werden für Anfang nächster Woche erwartet. Präsident Thein Sein, der aus dem Militär kommt, hat bereits verlautbart, dass er das Wahlergebnis anerkennen und mit einer neuen Regierung zusammenarbeiten will. Vor 25 Jahren hatte das Militär eine Regierungsübernahme Suu Kyis verhindert, als diese die Wahlen gewonnen hatte. Seitdem üben vor allem die EU und die USA massiven diplomatischen Druck auf Birma aus, dem die Militärregierung 2011 teilweise nachgab.
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