Patent auf menschliche Embryonen
Das Europäische Patentamt gewährte wieder einmal ein Patent, das zumindest höchst fragwürdig zu nennen ist
Am 5. April haben Greenpeace-Aktivisten die Türen des Europäischen Patentamts in München symbolisch mit Eisblöcken zugemauert, um gegen ein bereits am 26. November 2003 erteiltes Patent der Firma "Vitrolife" zu protestieren. Das Patent umfasst Sperma, Eizellen und Embryos aller Arten, auch von Menschen, die auf bestimmte Weise tiefgekühlt und zur künstlichen Befruchtung verwendet werden. Bereits 1999 wurde das Patent unter der Nummer WO 00/21365 weltweit in über 100 Staaten angemeldet, u.a. in den USA, in China, Russland, Australien und einige Staaten Afrikas.
Patentiert wurde unter der Nummer EP 1121015 die Methode zum Tiefkühlen von Gewebe, das sogenannte "Verglasen", insbesondere von Sperma, Eizellen und Embryonen. Bei dieser Methode soll das Gewebe äußerst schonend eingefroren werden, so dass es mit dem Auftauen die vollständigen biologischen Eigenschaften wieder erhält.
Im Patent werden ausdrücklich neben Tieren auch menschliche Embryonen genannt. Durch die Tiefkühlmethode wird aus dem menschlichen Sperma, der menschlichen Eizelle und dem menschlichen Embryo eine technische Erfindung und ein Wirtschaftwert, der einem Monopolanspruch zur wirtschaftlichen Nutzung unterliegt. Jegliche Nutzung der patentierten Keimzellen (Sperma, Eizellen) und Embryonen können sowohl zur Einleitung einer normalen Schwangerschaft nach künstlicher Befruchtung als auch zu Forschungszwecken verwendet werden. Aber auch anderes "biologisches Material", das mit dieser Methode tiefgekühlt wird, unterliegt dem Patent.
Greenpeace nennt das Patent das "erste Baby-Patent", da auch menschliche Embryonen darunter fallen: "Dieser Skandal übertrifft alle bisherigen Fälle", sagt Christoph Then, Patentexperte von Greenpeace. "Werdendes menschliches Leben wird zu einem industriellen Produkt."
Das Patent gibt es in verschiedenen Versionen. Das europäische Patent (EP 1121015) nennt als Inhaber Katrina Forest und Michelle Lane. Im US-Patent US 20030113706 vom 10. September 2002 und im Patent US 6500608 vom 13. Oktober 1999 wird die Firma Vitrolife mit Sitz in Schweden und USA als Besitzer genannt. Rechte hat auch die US-Regierung über das National Institute of Child Health and Human Development, weil die Forschung mit staatlichen Mitteln gefördert wurde. Vitrolife gab am 10. März 2003 bekannt, dass sie das Patent in den USA erhalten habe und kündigte die Markteinführung 2004 an.
Fertilisationskliniken, die das Verfahren verwenden, werden aufgrund des Patents Lizenzgebühren zahlen müssen. Theoretisch vorstellbar wäre jedoch auch, dass Menschen, die sich über künstliche Befruchtung aus Embryonen entwickelt haben, die mit diesem Verfahren verglast und wieder aufgetaut wurden, das gesamte Leben zur Zahlung von Lizenzgebühren verpflichtet werden könnten. Ist nur ein Verfahren oder ein lebensfähiger Embryo patentiert? Ab welchem Lebensstadium erlischt der Patentanspruch? Bei der Einpflanzung des viablen Embryos oder bei der Geburt? "Gehört" der Embryo dem Patentinhaber? Interessant wäre dabei auch etwa die Frage, ob sich derartige Patente auch auf (natürliche) Nachkommen erstrecken würden.
Viele Fragen sind jedenfalls bei solchen Patenten auf das menschliche Leben ungeklärt, was tatsächlich die Gewährung des Patents durch das Europäische Patentamt unverantwortlich erscheinen lässt. Noch kann gegen das Patent Einspruch erhoben werden, das sich eigentlich nach der EU-Patentrichtlinie (Europäisches Patentamt gibt Patentierung von Pflanzen und Tieren frei) nicht auf Menschen erstrecken darf. Schon einmal musste das Europäische Patentamt ein Patent wieder zurücknehmen, das sie "versehentlich" gewährt hatte. Auch damals hatte Greenpeace darauf aufmerksam gemacht.