Pegida: "Die große Dynamik ist raus"
Mit Geert Wilders wird heute Abend ein Wiederbelebungsversuch gestartet, den Jungen sind die Montagsdemos, so das Antifa-Recherche-Team Dresden, zu langweilig geworden
Ralf Wagner - ein Pseudonym - ist schon seit vielen Jahren Mitglied des Antifa-Recherche-Teams Dresden. Die ehrenamtlichen Aktivistinnen und Aktivisten beobachten seit 1998 in wechselnden Zusammensetzungen rechte Aktivitäten in und um Dresden und fassen die Ergebnisse ihrer Recherche in internen Dokumentationen zusammen.
Mit Geert Wilders ist Pegida jetzt zum ersten Mal wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Ist es das, was die Islamgegner mit seinem Auftritt bezwecken wollen?
Ralf Wagner: Pegida wollte sich nach der Spaltung als europäische Bewegung profilieren. Sie wollten zeigen, dass sie sie keine regionale Erscheinung sind, sondern ein Thema ansprechen, das ganz Europa bewegt. Und deshalb hatten sie in Dresden vor, so hat es Lutz Bachmann angekündigt, eine Großveranstaltung mit vielen europäischen Rednern zu machen. Im Januar sprachen sie von 40-50.000 Teilnehmern. Wir wissen dass sie an Marine Le Pen von der Front National dran waren und auch Nigel Farage, den Europaabgeordnete von der Ukip, einladen wollten.
Also eine Art Familientreffen der europäischen Rechten…
Ralf Wagner: So hätten das Pegida und Lutz Bachmann gerne gehabt, aber es ist halt nur Geert Wilders übriggeblieben. Und das wird auch keine 30.000 Leute geben, das ist eine Illusion.
Welche Zahlen halten sie für realistisch?
Ralf Wagner: Ja, ich denke schon 15.000 könnten zusammenkommen. Pegida gibt ja immer unsinnige Zahlen für ihre Demonstrationen an. Was sie bei den letzten Kundgebungen angegeben haben, ist völlig unrealistisch. 3.500 bis 7.000 waren es höchstens in den letzten Wochen, die 12-18.000, die sie bei den letzten Demonstrationen verkündet haben, sind völliger Quatsch.
Also hat die Bewegung seit der Spaltung kontinuierlich an Teilnehmern verloren?
Ralf Wagner: Sie hatten direkt nach der Spaltung Anlaufschwierigkeiten, da waren sie so zweieinhalbtausend irgendwo, und als das dann wieder richtig lief, da wurden sie halt mehr, wir hatten mal siebentausend gezählt, aber seit zwei, drei Wochen sind die Zahlen wieder rückläufig. Das hat unserer Ansicht aber auch mit den Ausgründungen zu tun.
Welche Ausgründungen?
Ralf Wagner: Wir haben schon seit vielen Wochen Wilsdruff, eine Stadt bei Dresden, wo es Pegida immer dienstags gibt, wir haben Pegida Freital, auch eine Stadt bei Dresden, wo die Kundgebung fast jeden Freitag ist, und es gibt donnerstags immer alle 14 Tage die Pegida Dippoldiswalde. Das ist ungefähr 25 km weg von Dresden. Da gibt es ein junges, erlebnishungriges Publikum und es ist halt schon feststellbar, dass genau das montags nicht mehr da ist. Und deswegen würde ich sagen, dass diese Ausgründungen schon auch für den "Schwund" am Montag verantwortlich sind.
Welches Publikum ist denn dann in Dresden am Montag überhaupt noch übrig?
Ralf Wagner: Ja, es ist schon ungefähr das, was bei Pegida auch bisher mit dabei war. Die immer so am Rand stehenden Jugendgruppen, sportlich affin, sage ich jetzt mal, die sind halt nicht mehr so massenhaft vertreten. Denen ist das mittlerweile einfach montags zu langweilig. Man muss sich das auch so vorstellen, das ist immer dasselbe. Erst die Reden, dann latschen die ne Runde durch die Stadt und wenn keine Gegendemonstanten da sind, ist das für die stinklangweilig, anders kann man das nicht sagen.
Also der Eventeffekt ist weg.
Ralf Wagner: Das findet jetzt vor allem in den Außenstandorten statt, da geht es um den Kampf gegen konkrete Asylbeweberunterkünfte. Also zum Beispiel in Freital, da geht es um den Widerstand gegen eine bestimmte Unterkunft, "das Asylantelhotel", wie sie das nennen, weil die Flüchtlinge in einem ehemaligen Hotel untergebracht sind. Da haben sie auch versucht, in das Hotel reinzukommen, also mit richtigen Rangeleien mit der Polizei. Und das hat halt einen gewissen Erlebnisaspekt und zieht Pegida Dresden auch wieder Teilnehmer ab.
Es sind ja auch jede Menge Gegendemos angekündigt. Ist da jetzt der große Krawall zu befürchten?
Ralf Wagner: Das glaube ich nicht. In den letzten Wochen waren die Prioritäten ein bisschen verlagert, weil es eben auch solche Sachen gab wie in Freital, wo Asylgegner direkt versuchten, zum Heim vorzudringen. Da ist man lieber dort hingefahren und hat versucht, sich dazwischen zu stellen. Heute ist aber nochmal ein besonderer Anlass, das sagen auch die Träger der Gegenproteste "Dresden Nazifrei" ist und "Dresden für alle". Das ist eben kein Abendspaziergang, sondern die Demonstration hat auch eine symbolische Bedeutung. Deshalb soll es mehrere Gegendemonstrationen geben, auch Blockaden, und es soll auch wieder versucht werden, die Zugangswege zum Veranstaltungsort zu blockieren.
Aber bei eine solchen Aufgebot an Demonstranten und Gegendemonstranten, ist da eine Eskalation nicht vorprogrammiert?
Ralf Wagner: Nicht unbedingt. Es wird sicherlich ein paar Rangeleien geben. Aber zum Beispiel "Dresden nazifrei", die eine Gegendemonstration machen und dazu aufrufen, an bestimmten Punkten die Zufahrtswege zu blockieren, die haben einen Aktionskonsens, der Gewalt ausschließt. Ich gehe auch davon aus, dass eine Menge Polizei da sein wird. Außerdem hat Pegida aus Imagegründen ein Interesse dran, dass alles friedlich bleibt.
Zum Schluss noch: Wie glauben Sie, dass es mit Pegida in Dresden weitergehen wird?
Ralf Wagner: Also so die große Dynamik ist momentan raus. Die haben allerdings jetzt ihre Oberbürgermeisterkandidatin gekürt, die Wahl ist am 7. Juni, bis dahin werden die uns auf jeden Fall noch auf den Wecker gehen. Ich gehe davon aus, dass es weniger Leute werden, das aber so ein Grundstock zwischen 2-3.500 montags bleiben wird. Aber die nimmt dann halt niemand mehr ernst, das ist dann ein großes Kaspertheater, das immer montags dort stattfindet.