Petry will keine Spitzenkandidatin (mehr) werden
Vermeintliche AfD-Lotsin geht von Bord. In den Bundestag gewählt wird sie wohl trotzdem
Einsicht oder nur eine neuer Mediencoup? AfD-Bundessprecherin Frauke Petry hat heute in einer Videobotschaft mitgeteilt, dass sie für ihre Partei nicht als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl zur Verfügung steht. Vorangegangen waren heftige innerparteilichen Kämpfe, zuletzt hatte die 41-Jährige mit einem Antrag weitere Unruhe ausgelöst.
Mit diesem Antrag wollten Petry und deren Unterstützer (Petry sammelt ihre Truppen) erreichen, dass ihre Partei "den realpolitischen Weg einer bürgerlichen Volkspartei" geht. Sie stellt sich damit gegen Menschen wie Björn Höcke und Alexander Gauland, die eher für Radikalopposition oder eine Pegida-nahe Bewegungspartei stehen. Zeitnah wurden Inhalte des Parteiausschlussverfahrens gegen Höcke bekannt, wobei diesem vorgeworfen wird, unter dem Pseudonym "Landolf Ladig" unter anderem die NPD gelobt zu haben.
Zugleich gab es Medienberichte über eine Strafanzeige gegen Petrys Ehemann und NRW-Parteichef Marcus Pretzell, er soll Sozialabgaben nicht gezahlt haben. Der ehemalige Mitarbeiter und frühere "Focus"-Redakteur Michael Klonovsky warf beiden vor, "Bonnie und Clyde der AfD" zu sein. Medial beherrschten die Schlammschlacht und das Parteiausschlussverfahren gegen Höcke tagelang die Medien.
Petry erklärte in ihrer Videobotschaft nun wenige Tage vor dem Parteitag in Köln, dass sie "weder für eine alleinige Spitzenkandidatur noch für eine Beteiligung in einem Spitzenteam zur Verfügung stehe". Zur Begründung sagte sie, es sei ihr wichtig, dass ihre Partei "drängende Sachfragen" unabhängig von Personalfragen diskutiere. Ihre Kritik an Höcke oder Gauland hielt sie indirekt indes aufrecht, allerdings ohne diese namentlich zu erwähnen.
Petry beklagte diesbezüglich jedoch, die AfD kranke seit Herbst 2015 darunter, dass es keine gemeinsame Strategie gebe. "So ist das Außenbild der AfD immer wieder durch die unabgestimmte - also für die Parteiführung völlig überraschende - maximale Provokation weniger Repräsentanten geprägt." Innerparteiliche Streitereien oder ein Auftritt in Form von "fundamentaloppositioneller Strategie" würden aber einen Teil der bürgerlichen Wähler verschrecken und hätten dazu geführt, dass das Wählerpotenzial der AfD geschrumpft sei.
Dass Petry dennoch im September in den Bundestag gewählt wird, steht wohl nicht in Frage, da sie über den sicheren ersten Listenplatz in Sachsen das Mandat erhalten müsste. Dazu, ob ihr und Pretzell unterdessen bewusst geworden ist, dass die Geburt ihres gemeinsamen Kindes, ein innerparteilich heftiger Machtkampf sowie der derzeit in Nordrhein-Westfalen tobende Wahlkampf mit Pretzell als Landeschef und Spitzenkandidaten, dessen Sitz im Europaparlament, ihrem eigenen im sächsischen Landtag, ihrem Parteivorsitz respektive eine eigene Spitzenkandidatur bei der Bundestagswahl nicht zu viel Belastung wäre, sagte Petry nichts.
Kürzlich soll es ein Geheimtreffen ihrer Gegner mit dem Ziel gegeben haben, sie als Spitzenkandidatin zu verhindern. Sie warf ihren parteiinternen Gegnern nun in der Videobotschaft vor, selbst das "Phantomthema der Spitzenkandidatur" gesetzt zu haben. Sie selbst habe sich "als einzige aus dem Bundesvorstand" seit fast einem Jahr nicht zur Frage der Spitzenkandidatur geäußert, sagte Petry. Nur Parteifreunde hätten Namen lanciert. Ein solches Vorgehen zerstöre Vertrauen und beschädige Personen öffentlich, zudem gelte die Partei dann als zerstritten.