Politisch abgesegnete Forschung?

Seite 2: "Das alles bedarf einer Überprüfung"

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Auf die Frage, ob auch weiterhin wissenschaftliche Daten durch Behördenwissenschaftler gesammelt würden, wie etwa zur routinemäßige Überwachung der Luft- und Wasserverschmutzung, antwortete Ericksen: "Das alles bedarf einer Überprüfung." Trumps Pressesekretär Sean Spicer erklärte unterdessen, dass der rigorose Eingriff in die Kommunikation der EPA nicht vom Weißen Haus gelenkt würde.

Trumps Kandidat für den EPA-Chefsessel, Scott Pruitt, sagte während seiner Senatanhörung letzte Woche, dass er mit früheren Aussagen des Präsidenten nicht einverstanden sei, in denen Trump kund getan hatte, dass die globale Erwärmung ein von den Chinesen kolportierter Schwindel sei, der die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der USA beeinträchtigen soll. Doch ähnlich Trump hat auch Pruitt in der Vergangenheit die Gültigkeit von Erkenntnissen der Klimawissenschaft öffentlich in Frage gestellt.

Unter Obama waren erst Grundsätze zur Wahrung der wissenschaftlichen Integrität beschlossen worden, die vorgeben, wie wissenschaftliche Studien in der Behörde durchgeführt und überprüft werden sollten. Die sehen auch vor, dass wissenschaftliche Studien an die Öffentlichkeit gelangen sollen, ohne durch politische oder andere Eingriffe kompromittiert zu werden.

Diese Grundsätze verbieten Führungskräften ausdrücklich, Wissenschaftler einzuschüchtern oder zu zwingen, wissenschaftliche Daten, Befunde oder Gutachten abzuändern oder wissenschaftliche Beiräte unangemessen zu beeinflussen. Sie zeigen denjenigen Wissenschaftlern Wege auf, die mit wissenschaftlichen Berichten und daraus abgeleiteten Richtlinien nicht einverstanden ist, außerdem wird Whistleblowern ein gewisser Schutz zugesichert. Ferner gibt es Unklarheiten über den weiteren Fluss finanzieller Mittel, ein Einfrieren von Vertragsgenehmigungen und der Gewährung von Zuschüssen ist im Gespräch. Ericksen sagte zwar am Dienstag, dass die Agentur fast die gesamte Summe von 3.9 Milliarden US-Dollar an anhängigen Verträgen genehmigen wird, und dass nur rund 100 Million US-Dollar eingefroren bleiben sollen. Kritiker befürchten jedoch, dass Bundesstaaten und andere Empfänger wesentliche Mittel für den Trinkwasserschutz, die Überwachung gefährlicher Abfälle und eine Vielzahl anderer Programme verlieren könnten. Das beeinträchtigt möglicherweise die Kernfunktionen der Behörde, heben Kritiker hervor.

Sie verweisen zum Beispiel auf das EPA-Superfund-Programm, mit dem die am meisten kontaminierten Landstriche der Vereinigten Staaten gesäubert werden sollen. Außerdem vergibt die EPA viele Außer-Haus-Verträge - von der Überwachung der Wasserqualität bis hin zur Unterstützung von Gemeinden bei der Modernisierung der Wasser-Infrastruktur, um Toxine zu vermeiden. In Flint, im US-Bundesstaat Michigan gelegen, wo eine Bleikontamination zu einer anhaltenden Trinkwasserverschmutzung großen Ausmaßes geführt hat, brachte die Ankündigung Ungewissheit und Verwirrung mit sich. Staatsbeamte versuchen zu ergründen, was der neue politische Wind für Auswirkungen auf die bereits für die Beherrschung der Flint-Wasser-Krise geparkten 100 Millionen US-Dollar haben könnte.

Bei der EPA wurden außerdem erste Schritte eingeleitet, um verabschiedete Umweltgesetze aus der Amtszeit von Barack Obama zu entschärfen. Die Palette reicht von Normen für erneuerbare Energien bis hin zu Grenzwerten für die Menge an Formaldehyd, die aus Holz-Produkten ausgasen dürfen.

Ähnliche Vorgänge im Landwirtschaftsministerium

Das Trump-Team kontrolliert über die EPA die gesetzlichen Vorgaben für die großen Energieunternehmen und hat deshalb die Behörde nicht ohne Grund an die kurze Leine genommen. Doch die Kontrolle hört hier nicht auf. Ähnliche Vorkommnisse wie bei der EPA wurden aus dem Landwirtschaftsministerium USDA (US Department of Agriculture) vermeldet, der Schnittstelle zur Agrarindustrie.

Mit einer Email, die am Montagmorgen versandt wurde, hatte das Ministerium seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (darunter rund 2000 Wissenschaftler) im Hauptforschungsinstitut der Behörde, dem Agricultural Research Service (ARS) mitgeteilt, dass die Kommunikation mit der Öffentlichkeit über steuerfinanzierte Forschung einzustellen ist - bis auf Widerruf. Davon betroffen: Pressemitteilungen, Fotos, Factsheets, Newsfeeds und Social Media-Inhalte.

Am Dienstag ruderte das Ministerium aufgrund der ausgelösten Reaktionen in der Öffentlichkeit zurück. Doch auch unter Obama war die USDA nicht durch einen überbordenden Informationsfluss an die Öffentlichkeit bekannt - vor allem zu Themen, die für die Agrarindustrie von großer Bedeutung sind, wie Pestizide und gentechnisch veränderte Pflanzen. Die jüngsten Vorgänge signalisieren, dass das Trump-Team auch die Forschung am USDA unter noch strengere Kontrolle nehmen wird.

Unterdessen hat eine Reihe von anonymen Mitarbeitern aus mehr als einem Dutzend US-Behörden ein Netzwerk von inoffiziellen Twitter-Feeds ins Netz gestellt, darunter das inoffizielle "Widerstandsteam" der EPA.