Polizeigewalt gegen Klima-Initiative: Amnesty stellt besondere Abneigung fest

Die Forderungen der "Letzten Generation" gelten im Vergleich zu ihren Protestformen zumindest im linken als sehr gemäßigt. Foto: Letzte Generation

Die "Letzte Generation" mag viele nerven – aber vor körperlichen Angriffen ihrerseits sind Polizeibeamte sicher. So erklärt ein Menschenrechtler die Aggressivität umgekehrt.

Im Gegensatz zu vielen anderen Einsätzen können Polizeibeamte bei der Auflösung von Blockaden der "Letzten Generation" sicher sein, von den Beteiligten nicht körperlich angegriffen zu werden. Ihre Devise ist es zwar, den Alltag vieler Menschen zu stören und sie teils gewaltig zu nerven, um auf die Gefahren der Klimakatastrophe aufmerksam zu machen – aber Menschen zu verletzen, ist für sie tabu.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat dennoch eine besondere Aggressivität von Einsatzkräften der Polizei gegen die "Klimakleber" festgestellt. Das Einsatzverhalten der Polizei sei nicht auf jeder Demo gleich, hob am Freitag ein Sprecher der Organisation gegenüber der Berliner Zeitung hervor.

Zuvor hatten Aufnahmen von Polizeigewalt gegen Protestierende der "Letzten Generation" im Internet teils für Entsetzen, teils für Schadenfreude gesorgt. Einige Nutzer bekundeten Sympathie für zwei Beamte, gegen die das Landeskriminalamt (LKA) nun wegen des Verdachts auf Körperverletzung im Amt ermittelt.

Ein Video auf X (ehemals Twitter) zeigt, wie ein Polizist eine Klimaaktivistin am Rande einer Versammlung am vergangenen Samstag zu Boden stößt. Eine Aufnahme der Berliner Zeitung zeigte am Dienstag fest, wie ein Beamter in Zivil offenbar mit Absicht das Gesicht einer Aktivistin vor dem Bundeskanzleramt mit Farbe beschmierte.

Schmerzgriffe auch in anderen Bundesländern verbreitet

Das Verhalten der Beamten auf der Straße des 17. Juni und vor dem Bundeskanzleramt habe "eine klare Grenze überschritten", zitiert das Medium Philipp Krüger, Sprecher der Themenkoordinationsgruppe der Organisation für Polizei und Menschenrechte. Von einem verhältnismäßigen Eingreifen könne bei den beiden Vorfällen keine Rede sein.

Nicht alle Einsatzkräfte würden zu solchen Gewaltmaßnahmen greifen. Die Anwendung von Schmerzgriffen sei nicht nur bei der Berliner Polizei ein Problem, sondern auch etwa in Hamburg und München. Doch bei Aktionen der "Letzten Generation" könne ein klarer Trend festgestellt werden. "Man kann schon Unterschiede beim Einsatzverhalten der Polizei auf Demonstrationen feststellen", so Krüger.

Dahinter stecke eine Abneigung gegen die "Letzte Generation" und ihre Proteste, die von Stimmen in der Politik und den Polizeigewerkschaften befeuert werde, so Krüger. Es gebe offene Verachtung oder Anfeindungen. Die Rhetorik mancher Funktionsträger könne möglicherweise das Verhalten von Polizeibeamten unbewusst beeinflussen.

Versuche der "Letzten Generation", Polizistinnen und Polizisten durch Dialog auf ihre Seite zu ziehen, hatte der Berliner Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Bodo Pfalzgraf, als "Wahrnehmungsstörung von Teilen dieser Menschen" bezeichnet. "Die einzige vernünftige Gesprächssituation ist die polizeiliche Vernehmung", erklärte Pfalzgraf vor einigen Wochen.

Die Gruppe selbst argumentiert maßgeblich mit dem Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das im Frühjahr 2021 die Klimaschutzmaßnahmen der damaligen Bundesregierung als unzureichend moniert hatte. Seither wurde das Klimaschutzgesetz durch Streichung der Sektorziele aufgeweicht.

Darin sieht die "Letzten Generation einen Verstoß gegen Artikel 20a des Grundgesetzes, der den Staat zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen verpflichtet. Für sich selbst leitet die Gruppe daraus ein Recht auf gewaltfreien Widerstand ab.

Nicht alle Polizeikräfte sind gleichermaßen negativ gegen sie eingestellt. Schlagzeilen machte im Sommer das Disziplinarverfahren gegen die Rostocker Polizeihauptkommissarin Chiara Malz, die sich nicht selbst auf die Straße geklebt, aber dennoch für die "Letzte Generation" engagiert hatte.