Die "Letzte Generation" – eine kriminelle Vereinigung?

Am Anfang war die Angst. Weniger vor der Polizei als vor der Klimakatastrophe. Bild: Letzte Generation

Für die Einstufung müssen mehrere Kriterien erfüllt sein. Auch eine Verwerflichkeitsprüfung ist nötig. Warum die Ermittlungsmaßnahmen gegen Klimaaktivisten ein Problem sind.

Am Anfang war die Angst – die Angst einer Gruppe Menschen vor der globalen Erwärmung. Davor, was die Folge von unserem ausbeuterischen Umgang mit natürlichen Ressourcen sein, wie unsere Welt aussehen könnte, wenn wir der fortschreitenden Überhitzung dieses Planeten nicht mit einem radikalen Umdenken unserer Lebensweise begegnen. Davor, dass diese Erde in absehbarer Zeit schlicht kein lebenswerter Ort mehr sein könnte.

Nun ist da eine politische Bewegung, an der sich die Geister scheiden: die "Letzte Generation". Die Gruppierung bekämpft ihre Angst vor der globalen Erwärmung mit Aktionismus. Sie kämpft dafür, dass die Regierung den Klimaschutz ernst nimmt und folgerichtig effektivere Maßnahmen zur Eindämmung der globalen Erwärmung trifft.

So weit, so bekannt: schon die Organisation Greenpeace und die Gruppe Fridays for Future hatten mit ihren Protestaktionen große Menschengruppen mobilisiert, die in ganz Deutschland, schließlich auch im Berliner Regierungsviertel dem Wunsch nach mehr Klimaschutz Gehör verschafften. Die Letzte Generation aber beschränkt sich bei ihrem Kampf nicht mehr auf Mittel, die man je nach Gusto auch ignorieren kann.

Sie stört – und zwar vor allem Menschen, die sie durch die Aktionen in ihrem Alltag unterbricht. Insbesondere die Straßenblockaden durch die Letzte Generation, bei denen sich die Mitglieder mit Sekundenkleber auf dem Asphalt festklebten, führten zu diesen Hindernissen.

Razzien und Gerichtsurteile

Bereits seit einiger Zeit haben auch die Strafverfolgungsbehörden ein Auge auf die Gruppe geworfen. Schon im Dezember 2022 gab es erste Hausdurchsuchungen bei Mitgliedern der "Letzten Generation". Carla Hinrichs, Sprecherin der Gruppe, wurde bereits zu zwei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Bewährungszeit: drei Jahre. Hinrichs setzte danach ihre Aktionen mit der "Letzten Generation" fort. Das blieb folgenlos, denn es war kein Bewährungsverstoß: Die Entscheidung über die Strafaussetzung war noch nicht rechtskräftig.

Dann, im Mai 2023, wurden erneut sieben Mitglieder der Bewegung zuhause von Polizeibeamten überrascht, die erneute Razzien gegen die Gruppe durchführten. Sogar die Website der Gruppe wurde kurzerhand vom Bayerischen Landeskriminalamt gekapert und Besucher auf deren Online-Präsenz umgeleitet (hierbei fehlten der Behörde aber wohl die notwendigen vertieften technischen Kenntnisse, denn die Gruppe konnte binnen kurzer Zeit die Gewalt über ihre Website zurückgewinnen).

Grundlage dieser eingriffsintensiven Maßnahmen durch die Polizei: der Anfangsverdacht der Staatsanwaltschaft München I, bei der Letzten Generation handele es sich um eine kriminelle Vereinigung im Sinne des § 129 StGB. Weil die betroffenen Mitglieder eine Spendenaktion zugunsten der Bewegung organisiert hatten, wurde ihnen die Unterstützung und/oder Mitgliedschaft bei einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen.

Man kann sich nun freilich mitreißen lassen von dem Impuls, der Letzten Generation auf Grundlage dieses Vorwurfs kriminelles Verhalten zu unterstellen, das mit der von § 129 StGB vorgesehenen Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren sanktioniert werden sollte. Aus einem juristischen Blickwinkel stellt sich aber durchaus die Frage, ob das Vorgehen der Gruppe nicht auch anders bewertet werden könnte.