Produktionstechnik vom Standpunkt der Arbeitenden
- Produktionstechnik vom Standpunkt der Arbeitenden
- Universalmaschinen und Einzweckmaschinen
- Effizienzextremismus
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Wie sieht eine arbeiterfreundliche Produktionstechnologie aus?
Peter Brödner (1984) und Franz Lehner (1991) verwenden den Begriff "anthropozentrische" Technik- und Produktionsgestaltung in Abgrenzung von technozentrischen und tayloristischen Produktionskonzepten. Die menschliche Arbeitskraft solle im Verhältnis zur Maschine nicht länger "auf eine abstrakte Restgröße reduziert" werden (Nolte 1993, 168). Nolte hebt im Unterschied zu Brödner und Lehner hervor, dass diese "Humanorientierung ein eigenständiges Handlungskriterium bildet, einen Wert an sich, der das betriebliche und ökonomische Interesse durchdringt und gegebenenfalls auch binden kann" (Ebd.).
Lucas Aerospace
Techniker und Ingenieure der englischen Firma Lucas Aerospace haben bereits Mitte der 1970er Jahre nach Produktionsmitteln gefragt, "die von den Arbeitern dazu verwendet werden könnten, bestimmte Bereiche ihrer Tätigkeit zu automatisieren, ohne jedoch gleichzeitig den lebendigen Arbeiter zum bloßen Anhängsel der 'lebendigen Maschinerie' zu degradieren" (Löw-Beer 1981, 93).
Angestrebt wird eine Technik, "die menschliche Arbeit nicht allein unter ihren funktionalen Aspekten für die Produktion" betrachtet (Pekruhl 1995, 116). "Qualifikationen dienen (dann - Verf.) nicht allein der Bewältigung je gegebener Arbeitsaufgaben, sondern auch der Gestaltung und Weiterentwicklung der Arbeitstätigkeit selbst" (Ebd., 118). Ein Komitee von Vertrauensleuten im Vickers-Werk im englischen Elswick forderte damals ähnliches (Vickers Combine 1978, 296). Eine kurze instruktive Darstellung des Kampfes bei Lucas Aerospace findet sich bei Wuhrer 2007.
Die "'Entsinnlichung' bzw. 'Entkörperlichung' von Arbeit" wird angegriffen. Einerseits habe "die wachsende Distanz zwischen Mensch und Arbeitsgegenstand" (Löw-Beer 1981, 96f.) dort als positiv zu gelten, wo Technik viele Härten abpuffert, die im unmittelbaren Kontakt mit dem zu bearbeitenden Material existieren. Andererseits werde Arbeit arm, wenn sie an Umgang mit ihrem Gegenstand einbüßt. "Selbst die Erleichterung der Arbeit wird zum Mittel der Tortur, indem die Maschine nicht den Arbeiter von der Arbeit befreit, sondern seine Arbeit vom Inhalt" (Marx, MEW 23, 445f.).
In einer arbeiterfreundlichen Produktionstechnologie müssten die Arbeitenden in der Lage sein, selbst "zu entscheiden, welchen Bereich ihrer Arbeit sie […] automatisiert haben wollen und welchen nicht, wie sie auch die Distanz wählen, die sie zwischen sich und den Ort der tatsächlichen Produktion legen möchten" (Löw-Beer 1981, 97). Gefragt wird nach einer "Rückkehr der menschlichen Hand in den Produktionsprozess, die sie nicht wieder an ihn kettet" (Heinemann 1982, 184).
Howard Rosenbrock diskutierte diese Problematik an der Arbeit des Ingenieurs. Er warnte "vor der Gefahr, dass der Computer in Konstruktionsbereich die Rolle eines 'Baukastens' übernimmt, der dem Konstrukteur nur noch geringe Korrekturen erlaubt. Der Ansatz, der von vorprogrammierten Elementen ausgeht, 'scheint mir für einen Verlust an Gespür, einen Verlust an Glaube in die Fähigkeiten des Menschen zu stehen' (Rosenbrock). [...] Die Rolle des Konstrukteurs wird darauf reduziert, eine Reihe von Routineentscheidungen zwischen feststehenden Alternativen zu fällen, wobei 'sein Fachwissen nicht gefordert wird und deshalb verkümmert' (Rosenbrock)" (Cooley 1982, 116).
Ein Mikrofon ist kein Ohr, eine Kamera ist kein Auge, und ein Computer ist kein Gehirn. Wir dürfen uns von der Technologie auf keinen Fall so verwirren oder blenden lassen, dass wir den Wert des Menschen nicht mehr einzuordnen wissen. Wir haben zu entscheiden, ob wir um unser Recht kämpfen wollen, die Baumeister der Zukunft zu sein, oder ob wir es einer winzigen Minderheit erlauben wollen, uns zu Arbeitsbienen zu machen.
Cooley, 118
Es gehe darum, das Verhältnis zwischen der Steigerung des Outputs durch Maschineneinsatz und der Bildung der Menschen im Arbeiten und durch das Arbeiten grundlegend anders zu gewichten als heute. Notwendig werde es, die bisherige Tendenz umzukehren, "menschliches Wissen zu objektivieren und dem Arbeiter als fremde, ihm feindliche Kraft entgegenzustellen" (Cooley 1978, 208).
Implizites Wissen
Im Unterschied zu auf Berechenbarkeit und Eindeutigkeit fokussierten Kompetenzen sind in der Produktion von den Arbeitenden "ein Gefühl für Material und Maschinen" und "das blitzartige intuitive Erfassen von Störungen und [...] die Orientierung am Geräusch von Maschinen und Bearbeitungsprozessen" gefordert (Böhle, Schulze 1997, 30). Implizites Wissen baut sich aus der Auseinandersetzung, Erfahrung und Vertrautheit in einem jeweiligen besonderen Feld auf. Bei dieser erfahrungsgebundenen Könnerschaft steckt das "Wissen, wie es geht", im Können und ist nur in engen Grenzen explizit formulierbar oder formalisierbar.
Wer an einen Roboter denkt, der den Menschen ersetzen könnte, muss zu programmierende Systeme entwerfen, die imstande wären, "die Lage und Drehrichtung einer Sechskantmutter zu erkennen (was noch schwieriger wird, wenn sie völlig überwachsen ist!), den richtigen Schraubenschlüssel zu bestimmen und die Schraube mit dem richtigen Drehmoment anzuziehen".
Wer sich diese Aufgabe vergegenwärtigt, dem wird klar, "was für Schwierigkeiten sich damit eröffnen. Das aber sind Aufgaben, die ein erfahrener Arbeiter quasi 'im Schlaf' ausführen kann. Er sieht sich die Mutter nur kurz an und weiß dann aus jahrelanger Erfahrung, welcher Schlüssel passt und wie stark sie angezogen werden muss, damit sie sich nicht wieder lockert, aber auch nicht überdreht wird. Der erfahrene Arbeiter weiß das ohne 'wissenschaftliches Wissen' etwa über den Torsionsbeiwert eines Bolzen oder die Schwerkrafttoleranz seines Materials - aber er wird es immer richtig machen. 'Es gibt Dinge, die wir wissen, aber nicht sagen können' (Polanyi). Das soll heißen, dass die Arbeiter dieses Wissen nicht in schriftlicher oder sprachlicher Form ausdrücken können - aber dafür zeigen sie ihr Wissen und ihre Intelligenz in dem, was sie tun" (Cooley 1982, 113f.).
Plädiert wird dafür, eine Entwicklung zu korrigieren, die die Erfahrungen und Fertigkeiten der Arbeitenden, ihr Gespür für Material und Situation tendenziell den Maschinen einverleibt und das Arbeiten infolgedessen ärmer macht. Anzustreben sei "eine Gesellschaft mit einer Sozialstruktur, die in der Lage wäre, die Koexistenz von Subjektivem und Objektivem, von stillem Wissen, gewonnen aus dem Umgang mit der physischen Welt, und abstrakt-szientifischem Wissen zu fördern - mit einem Wort: eine Gesellschaft, die Hand und Kopf wieder zusammengefügt hätte [...]. Dies bedeutet aber eine Kampfansage an die grundlegenden Werte unserer heutigen Gesellschaft, aber auch an die der Gesellschaften, wie sie im sog. sozialistischen Lager existieren" (Ebd., 68).
Das Wunschbild einer die Produktion nurmehr von außen überwachenden technischen Intelligenz entspreche deren engem Horizont. Straßenführer an automatisierten Bändern oder Instandhaltungsspezialisten hätten "zwar immer etwas zu tun haben", sie müssten aber erfahren, dass "der Produktionsprozess weitgehend selbständig abläuft und die eigene Funktion darauf beschränkt ist, durch Steuerung, Korrekturen und Wartungsarbeiten einen reibungslosen Anlagenlauf zu gewährleisten" (Kern, Schumann 1984, 272).
Industriesoziologen stellen an der Digitalisierung der Arbeit ein "zunehmendes Absehen vom konkreten Produktions- und Arbeitsprozess" fest, "dem man nur noch in symbolisch repräsentierter Form begegnet", und sprechen vom "Verlust der Erfahrung unterschiedlicher Qualitäten, die mit dem stofflichen Bezug traditioneller Handwerks- und Industriearbeit verbunden waren. Dies kann das Merkmal von Arbeit bei sehr hochqualifizierten wie bei angelernten Tätigkeiten sein" (Schmiede 1996, 9).