Propaganda für die Bundeswehr
Die Post ist gelb und gut - gewesen
Die Post ist gelb. Die Post ist gut. Denn sie liefert der Oma ihr Päckchen auf die Alm und dem Fischer auf der Hallig einen Brief von seinem fernen Sohn. Das hat uns vor kurzem noch der Talker der Nation, Thomas Gottschalk, in einer Postplakatserie nahe gebracht. Nun gut, Zumwinkel, das war schon etwas rufschädigend, als dienstältester Konzernherr Deutschlands so nachhaltig die Steuer zu betrügen. Oder die vielen geschlossenen Post-Filialen, die Tausende entlassener Postboten und die armen Postkulis, die zwar noch in Lohn und Brot gehalten aber immer voller bepackt durch die Straßen gehetzt werden. Andererseits hat die gute gelbe Post im Schulterschluss mit der Gewerkschaft die Heuschrecken im Postverteilerdienst abgewehrt. Nicht ganz uneigennützig zum Wohle ihres Profits, der im vergangenen Jahr bei 3,2 Milliarden Euro lag.
Warum also macht die Post jetzt so was? Warum setzt die Post ihren guten Restruf aufs Spiel und klebt Plakate für die Bundeswehr?
Durch die leicht abstehenden Ohren des in seinem Tarnanzug steckenden Offiziers Kowalke scheint die afghanische Sonne. Der ziemlich kahl rasierte Mensch lächelt milde in die Kamera und lässt uns in einem Satz oberhalb seines freundlichen Kopfes wissen, was er so denkt in Afghanistan: „Wenn mir meine Frau schreibt, dann ist die Heimat ganz nah. Selbst, wenn ich 5.000 Kilometer weg von Deutschland bin.“ Zitat Ende. Unterschrift des Plakats: „Deutsche Post. Die Post für Deutschland.“
Udo Eschenbach, bei der Post als Konzernrepräsentant „Military Affairs Bundeswehr/NATO“, und der höchste General der Bundeswehr, Generalinspekteur Schneiderhan, halten beide mit Stolz das erste von 8.000 Plakaten auf der Website der Bundeswehr hoch. Mit ihnen macht die Post seit dieser Woche für die Bundeswehr Werbung. Der Postmensch sagt dazu, die Plakatkampagne solle „den Soldatenberuf in der Gesellschaft präsent“ machen. Wie kommt Udo Eschenbach auf diese Idee? Nun gut, der Mann ist Oberst der Reserve und nebenbei auch bei der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik am Start.
Aber an Eschenbachs Faible fürs Militärische wird es nicht liegen, dass sein Arbeitgeber, der größte Logistikkonzern Europas mit weltweit 500.000 Beschäftigten und Aktivitäten in 220 Ländern, die Bundeswehr so freundlich ins Sonnenlicht stellt. Es wird auch nicht daran liegen, dass die Bundeswehr bzw. die Regierungskoalition dringend Hilfe von gut beleumundeten Institutionen braucht, weil die Wählerschaft ihrem Afghanistan-Abenteuer den Rücken kehrt und die Zahl der Freiwilligen ins Bodenlose fällt. Sicherlich, da kommt die Plakatserie gerade recht, aber sie ist schon länger in Vorbereitung, die Post rechnet ohnehin nicht in Wählerstimmungskonjunkturen.
Auf der Suche nach den Gründen für die Post-Teilhabe an künftigen Kollateralschäden in Afghanistan und anderswo fällt ein anderer Termin ins Auge: Zeitgleich mit dem Beginn der Plakatkleberei endet die Bewerbungsfrist eines Teilnahmewettbewerbs der Bundeswehr. Nicht für die Behindertenolympiade oder ein internationales Schießsportfest. Es geht um – Zitat – „eine Kooperation im Bereich Lagerhaltung & Distribution“, zu deutsch: Verteilung. Zur Erläuterung ein weiteres Zitat aus den Ausschreibungsunterlagen der Bundeswehr für den Wettbewerb: Gefordert sind Angebote zur „Lagerung und Bewirtschaftung von Material der Bundeswehr in der BRD und Transportleistungen für Material in der BRD sowie zwischen BRD und Dienststellen der Bundeswehr oder übender Truppe im Ausland.“
In den kommenden Wochen prüft die Bundeswehr also, welcher der Bewerber für diesen Milliardenauftrag den Zuschlag bekommen soll. Da erleichtert es die Entscheidungsfindung, wenn die Post, so gelb und gut, der kämpfenden Truppe kameradschaftlich um den Bart streicht. Kundenpflege nennt man das. Wobei die Post als Bewerber für die Kriegstransporte natürlich mehr in die Waagschale werfen kann als ihre aktuelle Plakatkampagne. Die Post ist längst fester Teil der Truppe und versorgt, seitdem Deutschland mit seinen Stahlhelmen wieder in aller Welt antritt, jeden Monat mit 130.000 Briefen und 70.000 Päckchen, die helfend um sich schießenden Einheiten im Ausland. (Näheres in Feldpost; die Bundeswehr verweist auf eine private Seite zur Feldpost, die u.a. Feldpostkarten aus Afghanistan zeigt.)
Außerdem ist die Post schon seit 2002 im Zuge der Privatisierung militärischer Dienstleistungen Kooperationspartner der Bundeswehr und transportiert in ihrem Auftrag leichtes Kriegsmaterial bis 50 kg in alle Welt. Und für die US-Amerikaner wickelt die Post seit 2003 den Feldpostdienst in den Irak ab.
Kampferprobt ist sie also, die Deutsche Post. Und so macht auch die gewagte Behauptung des vormaligen sozialdemokratischen Bundesverteidigungsministers Peter Struck Sinn, am Hindukusch würden deutsche Interessen verteidigt. Wenn es schon nicht die Interessen der deutschen Bevölkerung sind, die Interessen eines Global Player in Sachen Logistik, der auf den Namen Post hört, sind es auf alle Fälle.