Proteste gegen Webfilter an New Yorker Schulen
Nur Anti-Abtreibungssites blieben rätselhafterweise zugänglich.
Ob New Yorker Schüler im Web Recherchen zu Brustkrebs anstellen oder sich nur große Brüste ansehen wollen - der Zugang zu Websites, auf denen dieser Begriff vorkommt, wird ihnen verweigert.
Darunter fällt auch eine Passage von John Steinbecks "Früchte des Zorns", in der eine Frau einen hungernden Mann an ihrer Brust trinken lässt. Lehrer, Schüler und deren Eltern wollen jetzt mit der Bürgerrechtsgruppe Civil Liberties Union gegen die Installation des Webfilters I-Gear an den New Yorker Schulcomputern vorgehen, der den Zugang zu allen Websites blockiert, die bestimmte inkriminierte Begriffe enthalten. Bernard I. May vom kalifornischen I-Gear-Hersteller Symantec erklärte, die Software sei, wenn richtig eingestellt, in der Lage, Inhalt und Charakter einer Website zu erkennen, also zwischen literarischen, medizinischen und pornographischen Brüsten zu unterschieden. Für die Schüler aber versinken mit der Liste pauschal indizierter Begriffe weite Bereiche des Internets ins Dunkel.
Kinderarbeit, Waffen, Aids und Bulimie sind Themen, die sich im Internet nicht mehr recherchieren lassen. Auch gängige kommerzielle News-Sites können häufig nicht aufgerufen werden, da viele der Tabu-Begriffe im Zentrum öffentlicher Debatten stehen. Obwohl die Zensur - da flächendeckend - in den meisten Fällen keine politischen Präferenzen kennt, fand die Bürgerrechtsgruppe einige zugängliche Sites, die I-Gear seiner Programmierung gemäss eigentich hätte blockieren müssen. In diesen Fällen scheint eine bewusste Auswahl unter Umgehung des Filters getroffen worden zu sein. Die Sites von Anti-Abtreibungsgruppen etwa waren bis letzte Woche zugänglich, während die von Initiativen für das Recht auf Abtreibung blockiert waren.
Seit dem Protest der Civil Liberties Union sind nun sämtliche Abtreibungs-Sites off limits. Dass man bei der Schulbehörde nur das Software-Handbuch nicht richtig gelesen hat, ist unwahrscheinlich. Der I-Gear-Gebrauch steht in einer in den USA seit den "Explicit Lyrics"-Stickern gepflegten Tradition der Bevormundung Minderjähriger, deren pedantischer und undifferenzierter Charakter immer nur die Vergeblichkeit unterstrich, auf diese Weise angebliche Werteverluste und gesellschaftliche Auflösungserscheinungen zu kompensieren.