Pünktliche Rückkehr eines Nomaden

"Próxima Estación: Esperanza" von Manu Chao

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Auf seinem zweiten Solo-Album "Próxima Estación: Esperanza" setzt Manu Chao seinen polyglotten Streifzug durch die musikalischen Gefilde der südlichen Hemisphäre fort.

Manu Chao

Drei Jahre nach seiner vielbeachteten CD "Clandestino" legt der ehemalige Sänger der Pariser World-Punker Mano Negra pünktlich zum Sommerbeginn seinen zweiten Tonträger vor. Manu Chaos Stil bleibt eigenwillig und ohrwurmig: Da plärren Reminiszenzen an eigene Hits aus früheren Zeiten, kinderliedartige Miniaturen zum mitsummen - und alles wie gewohnt in mindestens fünf Sprachen. Musikalisch bleibt der 40 jährige Weltenbummler seinem Erfolgsmix aus Reggae, Ska, und Latinogeschrummel treu.

Was im Sommer vor drei Jahren in Spanien, Frankreich und der Schweiz ganze Stadtviertel während Monaten in Aufregung und ekstatischen Musikgenuss versetzte, kündigt sich nun zur Wiederholung an. Der Grund: Soeben ist das zweite Album von Manu Chao erschienen und wie bereits bei seinem Solo-Erstling liefert Chao den passenden Soundtrack zu einem urbanen Sommerfeeling; der richtige Mix für laue Abende auf dem Balkon. Das Warten hat sich durchaus gelohnt, obwohl der Überraschungseffekt fast gänzlich fehlt und sich die 17 neuen Tracks wie die Fortsetzung der Clandestino-Scheibe anhören - allerdings ein bisschen spröder und auch weitgehend ohne die barocke Üppigkeit aus vergangenen Mano Negra-Zeiten.

Trotzdem ist Manu Chaos musikalische Vergangenheit auf verschiedenen Ebenen präsent. Mit wenigen Ausnahmen dauern die meisten der neuen Titel - getreu dem "Punkformat" - knapp drei Minuten oder noch kürzer. Anfang und Ende der einzelnen Titel lassen sich kaum festlegen, da sie mehr oder weniger nahtlos ineinander überfliessen und sich so "Próxima Estación: Esperanza" (dt. ‚nächste Station: Hoffnung') als abgerundetes Gesamtkunstwerk präsentiert. Als roter Faden fungieren Einspielungen von Radiostationen, Anrufbeantwortern und Lautsprecherdurchsagen, die einem Subtext gleich die gesamten dreiviertelstunden Musik unterlegen. Diese Alltagsgeräusche und die eingängigen, der lokalen Tradition entnommen Melodiesequenzen, sind Ausdruck der "populären" Schaffensweise von Manu Chao. "Ich hatte immer ein Aufnahmegerät dabei. Und wo immer ich hinkam, habe ich Songs aufgenommen - wie ein Reporter, der Musik sammelt", sagt Chao.

Ein vertrautes Deja-vu widerfährt dem Zuhörer bei den beiden geremixten Varianten des Mano Negra Hits "King of Bongo", den Chao bereits zwischen den beiden CDs als Single neu herausgegeben hatte und die sich bis vor Kurzem als "Bongo Bong" in verschiedenen europäischen Charts festklammern konnte. Die aktuellen Adaptionen sind so eigenwillig wie auch auf Anhieb identifizierbar. Nicht zuletzt der Manu-typische "Pling"-Klangeffekt gleich zu Beginn der Songs sorgt sowohl bei "Mr Bobby" und "Homens" für eine zweifelsfreie Identifikation. Was danach aber folgt, hat abgesehen vom Grundgerüst mit dem ursprünglichen Titel nicht mehr viel zu tun. Sei es weil im Fall von "Homens" eine portugiesische Frauenstimme den Hauptpart übernimmt oder etwa die Texte komplett neu geschrieben sind. Mehrsprachigkeit bleibt eines der wichtigesten Stilmerkmale. Neben portugiesisch sind auf Chaos neustem Werk, spanisch, französisch, arabisch, englisch und portuñol - eine Mischung aus spanisch und portugiesisch zu hören.

Manu Chao wäre nicht Manu Chao, wenn sich nicht auch beim Artwork für das Booklet von "Próxima Estación: Esperanza" der musikalische Mix- und Remixstil mit anderen Mitteln fortsetzen würde. Es sind weiterhin exotische Gottheiten, die es dem Weltenbummler angetan haben, sowie Bilder seiner selbst - im Trikot der algerischen Fussballelf oder der geschulterten Gitarre um gleich das nächste Barrio in irgendeiner südamerikanischen Stadt mit seinen Liedern zu beglücken. Dazu wird es allerdings während eines Sommers nicht kommen. Chao tritt erstmals im größeren Rahmen in Europa auf. Bislang war es Insidern vorbehalten an den wenigen Spontanauftritten in Barcelona und im Baskenland dabei zu sein. Die meiste Zeit verbrachte Chao eh in Südamerika und liess die treue europäische Fangemeinde manchmal fast verzweifeln. Schon fast legendär sind die mehrfach verschobenen Ankündigungen seiner neuen CD, die sich bis zur erlösenden Ankündigung von "Próxima Estación: Esperanza" über die vergangenen zwei Jahre hingezogen haben.

Konzerttermine in Deutschland 23.06.2001 Neuhausen Southside Festival 24.06.2001 Offenbach Stadthalle 17.08.2001 Berlin Berlin Arena (tbc.) 18.08.2001 Köln Regattainsel Fühlinger See