Putin und Kerry: Keine Einigung über Vorgehen gegen al-Nusra

Der Besuch des US-Außenministers in Moskau und ein Plan, der die Idee einer No-Fly-Zone neu aufnimmt

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Wird es Fortschritte in der Zusammenarbeit zwischen den USA und Moskau geben, lautete die Frage zum Besuch des US-Außenministers John Kerry beim russischen Präsidenten Wladimir Putin.

"Lasst uns schauen, was in den nächsten Stunden in Moskau passiert, und hoffen, dass es irgendeine Art eines generellen Verständnisses oder eines Fortschrittes gibt", sagte der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, die nächsten Tage seien von "entscheidender Bedeutung" für die Lagebestimmung. Würden sich die beiden Spitzen der ISSG (Internationale Unterstützungsgruppe für Syrien) näherkommen, würde das viel helfen.

Aus Moskau teilte der Präsidenten-Sprecher Dmitri Peskow mit, dass es "konstruktive, ziemlich ehrliche und detaillierte Gespräche" gab. Sie führten offensichtlich zu keinem konkreten Ergebnis, das man der Öffentlichkeit bekannt geben hätte können. Was Syrien angehe, seien viele Fragen offen geblieben, wird der Kreml-Sprecher von der Tass zitiert. Es sei um Formen der Zusammenarbeit gegangen, so Peskow, dazu ergänzte er: eine direkte Zusammenarbeit sei beim Treffen nicht erwähnt worden.

Das letztere ist die Antwort auf einen Plan zur direkten Zusammenarbeit, den die Washington Post die letzten Tage geleakt hatte. Konkret ist es die Antwort darauf, wie ernst dieser Plan zu nehmen ist. Peskows Antwort gibt den Skeptikern Recht, die erhebliche Zweifel an der offiziellen Unterstützung des Plans äußerten.

Wenn Kerry die direkte Zusammenarbeit nicht einmal zur Sprache gebracht hat, ist dem wohl auch so. Zu schließen ist daraus, dass es nicht nur zwischen den USA und Russland unterschiedliche Auffassungen zum Kampf gegen die al-Qaida-Miliz al-Nusra-Front und ihren Verbündeten Dschihadisten und Salafisten von Ahrar-al-Sham und Jaish al-Islam gibt, sondern auch innerhalb der US-Regierung, zwischen Vertretern des Außenministeriums und des Pentagon.

Ein Plan mit Finten

Klar sind die Forderungen aus Russland: al-Nusra zählt wie Jaish-al-Islam und Ahrar al-Sham zu den terroristischen Gruppen, die bekämpft werden müssen. Sogenannte "moderate Gruppen", die von den USA als solche bezeichnet werden, deren "Moderatheit" Russland anzweifelt, sollten sich von ihren terroristischen Kampfgenossen deutlich distanzieren, sie sollen aus den Gebieten der Terroristen verschwinden.

Der Plan, den die Washington Post, vorgestern veröffentlichte nimmt diese Forderung auf. Aber er enthält Finten, die für Russland - und für die syrische Regierung - völlig unakzeptabel sein dürften. Er sieht eine Art no-fly-Zonen für die syrische Luftwaffe vor.

Wohin die Richtung weist, ist gut daran abzulesen, was Washingtoner Think Tank-Vertreter dem Plan hinzufügen möchten: Dass auch syrische Boden-Truppen bestimmte bezeichnete Areale nicht angreifen dürften. Die Landesarmee darf das eigene Territorium nur dort verteidigen, wofür die USA die Erlaubnis gibt. Absurd.

Inwiefern der geleakte Plan - der nicht so weit geht - ein bloßes Ideenpapier ist oder ob ihm tatsächlich ernsthafte Interessen unterliegen, bleibt vage. Außenminister John Kerry hatte kürzlich Ahrar al-Sham und Jaish al-Islam als "Untergruppen" der al-Nusra-Front bezeichnet, was als Signal einer Annäherung an die russische Position gewertet wurde - und mit einem scharfen Verweis genau desjenigen Autors der Washington Post bedacht wurde, der für die Veröffentlichung sämtlicher US-will-mit Russland-al-Nusra-bekämpfen-Leaks gesorgt hat.

Das russische Nachrichtenmedium RT geht ebenfalls auf diese Äußerungen ein und stellt sie in den Kontext tatsächlicher politischer Aktionen: dem Abblocken der russischen Initiative, Ahrar al-Sham und Jaish al-Islam auf die UN-Liste terroristischer Gruppierungen zu setzen und der bisherigen Weigerung, konsequent gegen al-Nusra vorzugehen.

Der geleakte Plan weist genau dies als seinen Inhalt aus. Anders als der vorhergehende Vorschlag in dieser Richtung der ebenfalls auf der Meinungsseite (!) der Washington Post veröffentlicht wurde (Link auf 48708) sind Eckpunkte und Reglements ziemlich ausgearbeitet. Da es nicht ausgeschlossen ist, dass es sich um ein Arbeitspapier handelt, das Inhalte anzeigt, die in der US-Führung ernsthaft besprochen werden, sollen elementare Punkte nicht unerwähnt bleiben.

Festgelegte Gebiete, in denen die syrischen Luftwaffe nicht operieren darf

Als Ziel firmiert die Schaffung einer amerikanisch-russischen Joint Implementation Group (JIG), die in Jordaniens Hauptstadt Amman (mit einer großen CIA-Präsenz) ihren Sitz haben soll. Dort sollen hochrangige Vertreter beider Länder sowie deren Geheimdienste zusammenarbeiten, um Angriffe gegen die al-Nusra-Front und den IS zu koordinieren, d.h. sie gemeinsam abzusprechen und eben auch die Ziele gemeinsam zu bestimmen. In den Details dieser Konzeption sind schon einige Konfliktpunkte angelegt, auf die aber hier nicht eingegangen werden soll, weil die Relevanz des Papiers nicht gesichert ist.

Bemerkenswert ist die Grundkonzeption von "designated areas" - festgelegten Gebieten. Sie soll in seinen Implikationen kurz angesprochen werden, da diese Idee immer wieder auftaucht und insofern eine Relevanz für die amerikanische Position hat. Über den festgelegten Gebieten darf die syrischen Luftwaffe nicht operieren. "The regime(!) is prohibited from flying in designated areas", heißt es in den Regelbestimmungen zur Joint Implementation Group (JIG).

Es gibt Ausnahmebestimmungen, zum Beispiel wenn von dort aus Übergriffe auf anderes Territorium gestartet werden, aber solchen Bestimmungen steht gegenüber, dass die USA eine grundsätzliche Deutungshoheit darüber reklamieren, wie diese Gebiete definiert werden. Konflikte mit Russland sind vorprogrammiert.

Wie es derzeit aussieht, sind die Konfliktpunkte ohnehin so grundsätzlich, dass die Pläne des Papiers laut öffentlichem Kommunikee beim Treffen Putin Kerry noch nicht einmal angesprochen wurden.