Putin und Poroschenko einigen sich angeblich über "mögliche Auswege aus der Krise" [Update]
Welche "Schritte zur Herstellung des Friedens" die beiden Präsidenten als "notwendig" erachten, ist noch nicht bekannt
Der Pressestelle von Petro Poroschenko verkündete heute, dass sich der ukrainische Staatspräsident mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin auf einen Waffenstillstand in der Donezk-Region geeinigt habe, der dauerhaft sein soll. Dem Deutschlandfunk zufolge dementierte Wladimir Putins Sprecher Dmitri Peskow diese Meldung kurz darauf:
Er sprach lediglich davon, dass sich die beiden Präsidenten über "mögliche Auswege aus der Krise" unterhalten und dabei festgestellt hätten, dass ihre "Meinungen" dazu "weitgehend übereinstimmen" würden. Der Spiegel zitiert Peskow zusätzlich mit der Bemerkung, Russland könne keinen Waffenstillstand schließen, weil es keine Konfliktpartei sei.
Tatsächlich dürfte Russland eher mittelbaren Einfluss darauf haben, ob eine Feuerpause tatsächlich eintritt und anhält: Das hängt unter anderem davon ab, wie viel Einfluss Putin auf die Führer der Unabhängigkeitsbewegung in der Ostukraine hat und wie ausgeprägt deren Wille ist, ohne Unterstützung aus dem Osten weiterzukämpfen.
Nachdem die Separatistenmilizen der überwiegend russischsprachigen Gebiete in der Ostukraine im Hochsommer gegenüber den Truppen aus dem Westen des Landes in die Defensive gerieten, konnten sie in den letzten Tagen Gelände zurückerobern: Ihren eigenen Angaben nach kontrollieren sie seit gestern den Flughafen von Lugansk vollständig und den von Donezk teilweise. Außerdem beherrschen sie die wichtigste Straße von Donezk nach Mariupol, wo die Kiewer Truppen einen Großangriff erwarteten und die Hafenstadt befestigten.
Mariupol wurde im Mai von Regierungssoldaten besetzt, wobei es zahlreiche Tote und Verletzte gab. In der ehemals von einer griechischen Mehrheit besiedelten Schwarzmeermetropole sprechen heute etwa 90 Prozent der Bewohner Russisch als Muttersprache. Der Anteil der Ukrainischsprecher liegt unterhalb von 10 Prozent.
Dass die Separatisten wieder Oberwasser bekamen, lag zu einem großen Teil an materieller und personeller Unterstützung aus Russland, wie der Separatistenführer Alexander Sachartschenko letzte Woche selbst einräumte. Die russische Regierung betonte jedoch, dass es sich dabei nicht um reguläre Truppen, sondern um Freischärler und Soldaten auf Urlaub handeln würde.
Über die "notwendigen Schritte zur Herstellung des Friedens", auf die die beiden Präsidenten angeblich einigten, ist noch nichts Genaueres bekannt. Bestandteil eines Waffenstillstandes könnte sein, dass Russland diese Unterstützung unterbindet. Als ukrainische Gegenleistung sind verschiedene Formen des Föderalismus oder regionaler Autonomie denkbar. Bis weitere Details bekannt werden, kann darüber lediglich spekuliert werden. Wahrscheinlich ist jedoch, dass die Meldung über ein mögliches Einlenken Poroschenkos auf dem morgigen Nato-Gipfel in Wales eine Rolle spielt. Verfechter eines Konfrontationskurses mit Russland könnten das als Hindernis für ihre Ziele sehen.
[Update: Wladimir Putin spricht inzwischen von einem "Sieben-Punkte-Plan", auf den man sich seiner Ansicht nach bis zum Freitag einigen könne: Dieser Plan soll dem Willen des russischen Staatspräsidenten nach einen Stopp der Separatistenoffensive, einen Abzug der ukrainischen Regierungstruppen aus dem Kriegsgebiet, Hilfslieferungen, internationale Beobachter, den Austausch von Gefangenen und einen Korridor für Flüchtlinge beinhalten. Der Separatistenführer Miroslaw Rudenko reagierte angeblich positiv auf den Vorschlag.]