Putin unterschreibt hasserfülltes Gesetz

Seite 2: Werte-Politik in Russland und in der Ukraine

Wie oben im Zitat bereits angedeutet, wird mit dem Gesetz ein "innerer Feind" geframet. Auch Putin macht Werte-Politik auf ultrakonservativem Boden: Es geht ihm um die Verteidigung russischer Werte gegen die westlichen Länder, wie er öfter auf Ansprachen betonte, um die Bevölkerung unter der nationalen Fahne zu versammeln.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, wie es um die Werte-Politik in der Ukraine steht, wenn es um Homophobie und Transphobie geht. Auch dort haben die Kirchen starken Einfluss und dass es rechtsreaktionäre Kräfte mit Nähe zu faschistischen Werten in der Ukraine gibt, ist keine russische Fake-News.

Noch im Jahr 2016 konnte man in einem Lagebericht der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) überschrieben mit "Trotz EU-Kurs - Homo- und Transphobie in der Ukraine wachsen" folgendes lesen:

Die offizielle Politik des Landes gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender hat sich seit der Revolution der Würde, dem Maidan, vor zwei Jahren, radikal verändert – allerdings nur auf den ersten Blick. Denn die Menschen in der Ukraine stehen der gleichgeschlechtlichen Liebe feindselig gegenüber.

bpb

Inzwischen aber habe sich die Lage zum Positiven verändert, wie ein aktueller Lagebericht verstehen lässt.

Zeichen für eine "sanfte Öffnung"

Zwar hätten Organisationen wie Nationaler Korpus, Rechter Sektor, Tradition und Ordnung, Trysub (Dreizack), Karpatska Sitsch, Sokil (Falke), Bratstwo (Bruderschaft) wie zuvor auch "Rechtsradikale und Gläubige" immer wieder "öffentliche Veranstaltungen und Einrichtungen der LGBTIQ*-Community" attackiert und es wird weiter von Fällen der Diskriminierung, Gewalt und Hasskriminalität berichtet.

Aber laut des Berichts von Munichkyivqueer.org gibt es auch Zeichen für eine "sanfte Öffnung":

Die Lage ist für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans* und inter* Leute in der Ukraine umso unbefriedigender, als sich die Situation auf rechtlicher Ebene in den vergangenen Jahren eigentlich verbessert hat. Auch die Akzeptanz in der Bevölkerung ist gestiegen.

Das legt zum Beispiel die Studie "What Ukrainians Know and Think About Human Rights: Assessing Change (2016-2020)" von der Ilko Kucheriv Democratic Initiatives Foundation nahe. Im Vergleich zu 2016 ist die Zahl der Bürger*innen, die Toleranz als Grundwert betrachten, um 6 auf 31 Prozent gestiegen. Grundsätzlich verstehen immer mehr Menschen, dass sexuelle Minderheiten besonders unter Diskriminierung leiden (26,3 Prozent).

"Tatsächlich erregten LGBTIQ*-Themen zuletzt keine besonders starken Gefühle mehr in der breiten ukrainischen Bevölkerung", sagt Andrij Krawtschuk, einer der Manager von Nash Svit. Die Menschen ließen durchaus mit sich reden, wenn es um sexuelle Minderheiten gehe. Das Land habe sich geöffnet.

Munichkyivqueer.org

... und ein unverändert kompromissloser Standpunkt der ukrainischen Kirchen

Nachtrag: Die ukrainischen Kirchen würden weiterhin einen "absolut kompromisslosen Standpunkt gegen das einnehmen, was sie als 'Förderung der Gender-Ideologie' und 'Propaganda des Homosexualismus' bezeichnen - d.h. die Einführung von moderner Standards bei der Gleichstellung der Geschlechter und dem Schutz der Rechte von LGBTQ-Personen in der Ukraine", heißt es in einem Situationsbericht von Ende August dieses Jahres vom LGBT Human Rights Nash Svit Center, ansässig in der Ukraine.

Nach einer Umfrage des Zentrums gaben 64 Prozent der Menschen an, sie seien für gleiche Rechte von LGBTQ. 24 Prozent unterstützen explizit eine eingetragene Lebenspartnerschaft. 2016 lagen diese Werte noch bei 33 respektive fünf Prozent.