Rand-Analyst fordert amerikanische Verständigung mit Syrien
Willam Young hält das Land für den Kern des Kalifatproblems
Die Rand Corporation ist einer der wichtigsten Think Tanks der USA. William Young, ein Senior Policy Analyst der häufig für das Pentagon tätigen Organisation fordert nun einen Wechsel in der US-Syrienpolitik, der seiner Ansicht nach notwendig ist, um der Herausforderung "Islamischer Staat" wirksam zu begegnen.
Als Grundlage für seine These dienen Young Äußerungen des Terrorkalifen Abu Bakr al-Baghdadi, nach denen er keine Grenzen anerkennt. In den letzten Wochen zeigten die Salafisten im Nordirak, dass sie auch Gebiete erobern wollen, in denen nicht überwiegend sunnitische Araber leben.
Die für al-Baghdadi verlockendsten Ziele liegen Youngs Mutmaßungen nach aber im Süden: In Saudi Arabien, das die im Islam "heiligen" Städte Mekka und Medina kontrolliert und über immense Ölvorräte verfügt. Ob die Dschihadisten dort tatsächlich den Kaaba-Meteoriten zerstören würden, wie der Terrorist Abu Turab al-Mugaddasi via Twitter verlautbart haben soll, ist offen: Die salafistischen Wahabiten, die Mekka Anfang des 19. Jahrhunderts eroberten, ließen diese Kultstätte unbehelligt, obwohl sie sonst alle Grabmale außer der Prophetenmoschee zerstörten.
Der bisherige Verlauf der kriegerischen Auseinandersetzungen zeigte dem Analysten zufolge, dass die irakischen Streitkräfte nicht willens und in der Lage sind, dem Kalifatsvormarsch wirksam zu begegnen. Stattdessen könnte sich der Terrorstaat im Libanon und in Jordanien ausbreiten, wo IS-Unterstützer unter den Sunniten die Verteidigung der Grenzen zu unterminieren drohen.
Ein Teil der Anziehungskraft des IS auf Sunniten rührt Youngs Analysen nach daher, dass sich der IS in dem von ihm eroberten Gebieten in Syrien als eine Art "Musterstaat" präsentieren konnte, in dem es jenen, die sich an seine strengen Regeln halten, weniger schlecht geht als in den westlich davon gelegenen Kriegsgebieten. Dass al-Baghdadi Elektrizitätswerke nicht zerstört, hält Young für ein Zeichen, dass der Terrorkalif strategisch denkt und diesen Werbeeffekt bewusst erzeugt.
Deshalb müsse man dem Problem "an der Quelle" - also in Syrien - gegenübertreten, bevor das Kalifat noch mehr Anhänger in aller Welt anlockt und so zu einer noch größeren Bedrohung wird. Konkret schlägt Young vor, dass man dem syrischen Präsidenten Assad anbietet, eine "Internationale Stabilisierungsstreitmacht" aus NATO-Truppen und Streitkräften arabischer Länder zu entsenden, die "sichere Zonen" besetzt und von dort aus vom IS, der al-Nusra-Front und anderen al-Qaida-ähnlichen Milizen kontrollierte Gebiete befreit.
Ob sich Assad darauf einlässt, dürfte allerdings fraglich sein: Arabische Staaten wie Saudi Arabien und Katar waren direkt und indirekt die wichtigsten Finanziers diverser salafistischer Rebellengruppen in Syrien - und die NATO hat spätestens seit ihrem Einsatz in Libyen nicht unbedingt den Ruf, ein neutraler Akteur zu sein, der lediglich Zivilisten schützt. Die Regierung ihres Mitgliedslandes Türkei steht außerdem im Verdacht, heimlich die al-Nusra-Front und andere salafistische Gruppen zu unterstützen. Der syrische Präsident könnte deshalb hinter solch einem Vorschlag - möglicherweise zu Recht - einen Trick vermuten.
Andererseits steht Assad aber auch vor dem Problem, dass der Vormarsch der Kopfabschneider in Syrien weiter voranschreitet: In der Provinz Deir ez-Zor töteten sie in den letzten beiden Wochen 700 Angehörige des arabischen Shaitat-Stammes, der einen Aufstand gegen die Herrschaft der fremden Terrortruppen gewagt hatte. Angeblich waren nur etwa hundert der Getöteten bewaffnet.
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