Rapper als Opfer

Gjerman Leidkültürdebatte auf YouTube

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Das YouTube-Internetportal bietet im Web 2.0 von heute Raum für viel Wahres, Gutes und Schönes. Aber auch für Gewalt, Blut-und-Boden-Nationalismus und Macho-Stumpfsinn verherrlichende HipHop-Videos aus deutschen Einwanderer-Milieus. Oder handelt es sich bei den Videos und Postings um eine manipulative Mashup-Verschwörung nach dem Motto "Ich mach dass Du disst Deutschland"?

Wir hippen und hoppen, wir rappen wie die Deppen!

Walter Moers

Das YouTube-Motto "Broadcast Yourself" beinhaltet leider, dass auch jeder schlechte Mensch praktisch ungestraft fiese Fake-Videos posten und so seine Mitmenschen verunglimpfen kann. Britney Spears rauft sich ganz gewiss ebenso die Haare über solche Fälschungen wie Beth Ditto, über deren Essgewohnheiten sich dieses vermeintliche Gossip-Video lustig macht.

Ambitioniertes Aufkärungsvideo gegen das unmenschliche Pitbull-Halter Milieu

Aber das sind immerhin noch tolerierbare Einzelfälle. Ernst wird es jedoch spätestens, wenn systematisch wertvolle Pop-Videos junger hoffnungsvoller Rapper aus teuflischen Beweggründen mit ekelhaft gewaltverherrlichendem oder gar rassistischem krypto-islamistischem Reim-Gestammel unterlegt werden.

Schlechte verbale Killerspiele findet man z.B. bei dem Rap-Ensemble "Sarajevo Kids". Der sogenannte "Ghetto Report" aus dem beschaulichen Städtchen Freiburg, über dem das ganze Jahr die Sonne auf die Hippie-Radfahrer scheint, ist schon am Titel besonders leicht als Fake erkennbar.

Ein vergleichbar gemütlicher Ort ist eigentlich die Franken-Metropole Nürnberg. Dort fristet die Jugendgruppe "Cenk" fröhlich ihr Dasein und drehte eben mal ein Homevideo, wo man gemütlich plaudernd beim Bier im Wohnzimmer sitzt und den Schläger nach dem Baseballtraining noch nicht weggeräumt hat. Doch was bastelten die mutmaßlichen Mashup-Verschwörer auf YouTube daraus? Sie benannten das Stück in "Produkt Eurer Zeit" und machten aus den alerten Freizeitsportlern hässliche Möchtegern-Gangster, die mit diversen Straftaten prahlen. Einer wird im Abspann dann auch noch als "Yugobetrugo" bezeichnet. Offenbar ein Hinweis, der dem jungen Mann die Polizei auf den Hals hetzen soll - genauso wie die meisten der Aussagen, die den Beteiligten in fast allen der hier geschilderten Videos in den Mund gelegt werden.

Kommen wir nun zu den echten Problem-Metropolen, in denen die Verunglimpfung bereits schlimmere gesellschaftliche Folgen zeitigen könnte: Frankfurt am Main z.B. Dort versucht sich die Ein-Mann-RnB-Boyband "Master-T" an einem Schachzug ("Schlachtzug" kann nur ein fataler freudscher Tippfehler sein). Den Mashup-Fälschern will hierbei generell nichts gelingen: Das Exilkurden als blutrünstige dumpfe Blut-und-Boden-Terroristen darstellende Gesabbel läuft teilweise völlig aus dem Takt und speziell das - vielleicht etwas zu oldschoolige - längliche Winsel-Intro stammt anscheinend vom Musikantenstadl-Gastspiel in Mardin.

Geradezu tragisch auch der Fall Azad, der ebenfalls mittelbar aus der Hessen-Metropole stammt. Über ein ambitioniertes Aufklärungsvideo gegen das unmenschliche Pitbull-Halter-Milieu wurde in diabolischer Manier ein Kampfhund-Gegeifer gelegt. Wie in vielen anderen Videos fällt auch hier auf, dass den Mashup-Fälschern bei Rap-Neuvertonungen außer ein paar immergleichen angestaubten John-Carpenter-Synthi-Sounds und schlappen Keksdosen-Beats (ohne Elektro-Hipness) wohl keine vernünftigen oder gar ansatzweise groovigen Sounds zur Verfügung stehen.

"Massiv", ein tätowierter Sandsack aus Gaza

Besonders prekär wird die Affäre aber in Berlin. Ein prominentes Opfer gezielter Manipulationen ist "Massiv", ein tätowierter Sandsack aus Gaza, der im Homevideo mit den Kumpels ausgelassen den amerikanischen "Rocky"-Traum nachspielt, sich in der plump manipulierten Version aber statt Sport-Idealen offen diverser Drogen- und Gewaltdelikte sowie (in verdächtigem Nazi-Jargon) angeblich auch noch der "extremen Reinheit seines Blutes" rühmt. Hier haben die offenbar aus der rechten Ecke kommenden Fälscher etwas zu dick aufgetragen! Der Berliner Rap-Kollege "Eko Fresh" wirkt allein durch sein slickes Pizzabäcker-Buffo-Schnurrbärtchen im Stil von Clark Gable oder Willy Birgel schon deutlich glamouröser, da passen derb obszöne Rock-Verballhornungen nicht sehr gut ins Bild. Schwach.

Der endgültige Abschuss ist jedoch die in absurde Versteckte-Kamera-Comedy abgleitende Hetz-Ansprache von einem durch Rechtsradikale offensichtlich unter eine Überdosis bewusstseinsverengender Drogen gesetzten und als Mundstuhl-Parodist kostümierten Baumschüler namens "Alphajacke". So provoziert man die naivere deutsche Volksseele natürlich perfekt, manchmal auch zu leidlich originellen Antworten. Unterstützt werden die Agitationsversuche durch endlose, hemmungslos deutschfrei-debile "Diskussions"-Threads, die (nur scheinbar!) von lauter dreijährigen Legasthenikern mit verbundenen Augen niedergetippt werden und in denen witzigerweise weniger medienkompetente Nazis auf den makabren Chat-Klamauk ihrer Kameraden auch noch regelmäßig hereinfallen.