Regierung soll längere Nutzung von Braunkohle prüfen
In der Koalition bröckelt der Konsens über einen zeitigen Ausstieg aus der Braunkohle. Auch Brandenburg drängt zu längerer Nutzung.
Der Krieg in der Ukraine bringt die Energiepolitik in der Bundesrepublik gehörig durcheinander. Die drei Regierungsparteien hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, dass Deutschland "idealerweise" bis 2030 alle Kohlekraftwerke vom Netz genommen haben sollte. Doch in der Koalition bröckelt der Konsens.
Nun hat sich der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai dafür ausgesprochen, eine längere Nutzung der Braunkohle zu prüfen. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte er nun, die Folgen des Krieges in der Ukraine machten ideale Lösungen sehr schwierig. "Wir sollten dringend prüfen, ob wir auf die Braunkohle länger angewiesen sein werde als bislang geplant."
Zuvor hatte sich bereits FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki zu bedenken gegeben, dass Deutschland vielleicht doch wieder stärker auf Braunkohle und Kernenergie setzen sollte, um vom russischen Erdgas unabhängig zu werden. In der letzten Woche hatte er – ebenfalls – gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland betont: "Die neueste Forderung von Russlands Präsident Putin, Gaslieferungen in Rubel zu bezahlen, macht noch einmal deutlich, dass sich die Bundesrepublik schnellstens von der russischen Gasversorgung lösen muss".
Der Vorstoß der FDP-Politiker stieß bei der Opposition im Bundestag auf Kritik. Die Vorsitzende der Linken, Janine Wissler, erklärte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa): Der Krieg in der Ukraine und der extreme Anstieg der Energiepreise dürfe nicht zur Renaissance von Klimakillern führen. "Der Vorschlag aus der FDP, die Nutzung von Braunkohle zu verlängern, ist falsch und kurzsichtig." Er nutze in erster Linie den Kohlekonzernen und nicht den Menschen, die mit hohen Energiepreisen zu kämpfen hätten.
Wenn man sich wirklich vom Import von Energieträgern unabhängig machen wolle, dann brauche es eine Beschleunigung der Energiewende, so Wissler, und kein Setzen auf klimaschädliche Technologien. "Den Ausstieg aus dem Braunkohletagebau zu verschieben, wäre nicht nur ein weiteres gebrochenes Wahlversprechen, sondern fatal in Bezug auf die Klimaerwärmung."
Brandenburg will Blöcke länger erhalten
Der Wunsch, den Kohleausstieg etwas langsamer anzugehen, kommt auch aus den Kohleregionen. Kürzlich hatte auch Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) in einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) dafür geworben. In dem Schreiben hatte Steinbach unter anderem gefordert, zwei Blöcke des Kraftwerks Jänschwalde länger als vorgesehen in Reserve zu halten. Geplant war, sie in diesem und im nächsten Jahr endgültig vom Netz gehen zu lassen.
Steinbach verwies dabei auf den Krieg in der Ukraine. Er habe eine neue Situation geschaffen und Unsicherheiten in der Energieversorgung erzeugt. Die Bundesregierung solle schnell mit dem Betreiber der Kraftwerke, dem Energiekonzern LEAG, Verhandlungen aufnehmen. Schließlich müssten Arbeitskräfte vorgehalten werden, um die Blöcke im Bedarfsfall wieder in Betrieb nehmen zu können. Außerdem müsste auch die notwendige Kohleförderung über einen längeren Zeitraum gesichert werden.
Eine Reaktion des Bundeswirtschaftsministeriums auf den Vorstoß aus Brandenburg ist noch nicht bekannt. Inzwischen geht der Kohleausstieg in der Bundesrepublik planmäßig voran. Am Freitag ging ein weiterer Kraftwerksblock des Energiekonzerns RWE vom Netz. Eine Zeitlang soll der Block des Kraftwerks Neurath in Grevenbroich noch in Sicherheitsbereitschaft gehen.
"Das Bundeswirtschaftsministerium prüft gerade, welche Maßnahmen für den kommenden Winter erforderlich sind, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten", sagte am Donnerstag der Vorstandvorsitzende von RWE Power, Frank Weigand, laut dpa. In diesem Jahr sollen demnach noch weitere Kraftwerksblöcke vom Netz gehen.
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