"Reshuffle by Tweet": Cameron bildet Kabinett um

Der neue britische Außenminister Philip Hammond würde bei einem Referendum für einen EU-Austritt Großbritanniens stimmen, wenn sich diese nicht reformiert

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David Cameron hat sein Kabinett umgebildet. Weil der britische Premierminister die Veränderungen nach und nach twitterte, sprechen britische Medien von einem "Reshuffle by Tweet".

Außenminister William Hague nimmt zukünftig als Unterhauschef am Kabinettstisch Platz. 2015 wird er in seinem 26 Jahre lang gehaltenen Wahlkreis in North Yorkshire nicht mehr antreten und dann auch diesen Posten aufgeben. Anschließend will sich der heute 53-Jährige dem Bücherschreiben widmen.

Sein Nachfolger im Außenamt wird Philip Hammond, der bislang Verteidigungsminister war und der im letzten Jahr öffentlich verlautbar hatte, dass er bei einem Referendum für einen EU-Austritt Großbritanniens stimmen würde, wenn sich diese nicht reformiert. Neuer Verteidigungsminister wird der vormalige Wirtschaftsstaatssekretär Michael Fallon.

Der bisherige Unterhauschef Andrew Lansley verlässt das Kabinett. Er hatte den Posten erst zwei Jahre zuvor angetreten, nachdem er als Gesundheitsminister eine umstrittene Reform durchgesetzt hatte.

Der neue britische Außenminister Philip Hammond. Foto: Harland Quarrington, UK Ministry of Defence. Lizenz: Open Government Licence v1.0.

Andere Kabinettsmitglieder die ihren Posten verloren sind ErziehungsministerMichael Gove (dessen Amt die Gleichstellungsstaatssekretärin Nicky Morgan mit übernimmt), Wales-Staatssekretär David Jones, Hochschulstaatssekretär David Willets, Außenstaatssekretär Hugh Robertson, Energie- und Klimastaatssekretär Gregory Barker, Wohlfahrtssstaatssekretär Nick Hurd, Entwicklungshilfestaatssekretär Alan Duncan, Nordirland-Staatssekretär Andrew Robathan, Strafjustizstaatssekretär Damian Green, Tory-Fraktionsgeschäftsführer George Young (dessen Nachfolger der bisherige Erziehungsminister Michael Gove wird) und Umweltminister Owen Paterson.

Paterson hatte sich in der Vergangenheit unter anderem öffentlich gefragt, warum die Erderwärmung nicht wie prognostiziert voranschreitet und sich den Zorn von Tierschützern zugezogen, als er die Fuchsjagd verteidigte. Der Daily Telegraph brachte ihn als Nachfolger der EU-Außenbeauftragten Baroness Ashton ins Spiel. Patersons Nachfolgerin im Umweltministerium soll die 38-jährige Elizabeth Truss werden.

Screenshot: Telepolis.

Ebenfalls nicht mehr am Kabinettstisch vertreten sein wird der 74-jährige Kenneth Clarke - ein Minister ohne Geschäftsbereich, der seit den 1970er Jahren als Strippenzieher galt und in Margaret Thatchers Kabinetten unter anderem Gesundheits-, Arbeits- und Wirtschaftsminister war. Bei ihrem Sturz spielte der zigarrenrauchende Sohn eines Bergbauelektrikers mit berüchtigt schlechten Manieren angeblich eine zentrale Rolle. Thatchers Nachfolger John Major beschäftigte Clarke unter anderem als Innenminister und Schatzkanzler. Clarke gilt als Freund Brüssels und warb in der Vergangenheit sogar mit einem Beitritt Großbritanniens zur Eurozone. Sein Abgang könnte Cameron mehr Spielraum in der Europapolitik verschaffen.

Die Liberaldemokraten, Camerons Koalitionspartner, nahmen bei ihren Kabinettsposten keine personellen Änderungen vor.

Hintergründe von Kabinettsumbildungen kommen oft erst durch Historiker ans Licht - oder überhaupt nicht. Die von der britischen Regierung präsentierten Gründe sind in jedem Fall bemerkenswert unscharf: Ob Cameron sein Kabinett zwei Monate vor dem Unabhängigkeitsreferendum in Schottland und zehn Monate vor der nächsten Westminsterparlamentswahl wirklich nur etwas jünger und "diverser" machen wollte, ist fraglich. Im Hintergrund könnte beispielsweise noch Versagen stehen, dass nicht öffentlich bekannt wurde. Auch nicht öffentlich ausgetragene Meinungsverschiedenheiten über den politischen Kurs sind als eigentliche Ursache denkbar.

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