Ringwallspeicher und geotechnische Speichersysteme für die Herausforderungen der Energiewende

Seite 4: Ringwallspeicher

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All diese Überlegungen führen zum Vorschlag des Ringwallspeichers gemäß Abbildung 10.

Ringwallspeicher in einer Landschaft mit natürlichen Höhenunterschieden (Darstellung: M. Popp)

Damit können auch in Gebieten, die für klassische Pumpspeichersysteme nicht in Frage kommen, große Speicherkapazitäten mit hohem Wirkungsgrad errichtet werden, weil dabei große Höhenunterschiede geschaffen oder natürlich vorhandene Höhenunterschiede vergrößert werden.

Schaufelradbagger würden mit der aus dem Braunkohletagebau bekannten Technik das Unterbecken ausheben und damit den Damm für ein Oberbecken aufschütten, das innen abgedichtet wird. Die Anlage würde wie ein Pumpspeicherkraftwerk betrieben.

Ringwallspeicher unterscheiden sich von klassischen Pumpspeichern dadurch, dass auf die direkte Flutung sensibler Flusstäler verzichtet werden kann.

Zudem führen bereits geringere Höhenunterschiede, sowie weniger markante und sensible Höhenlagen, zu wirtschaftlich interessanten Konfigurationen.

Die Geometrie dieser Speicher führt mit zunehmender Größe zu einem rasanten Anwachsen der Kapazität.

Dieser Vorschlag gefiel dem Chefredakteur von "Bild der Wissenschaft", so dass er einen Grafiker beauftragte, die in Abbildung 11 gezeigte Illustration anzufertigen.

Hierbei handelt es sich um eine sehr große und idealisierte Vorstellung, die in dieser Form sicher nicht gebaut würde.

Als Anschauungsobjekt zeigt sie aber eine Reihe von Aspekten und Prinzipen, die auf Ringwallspeicher generell zutreffen.

Der Außendurchmesser dieser fiktiven Anläge läge bei ca. 11 km, der Walldurchmesser bei ca. 6 km, die Wallhöhe bei 215 m, das Pegelspiel im inneren Oberbecken bei 50 m und im äußeren Unterbecken bei 20 m.

Die Kapazität von ca. 700 GWh würde im Zusammenwirken mit rund 2000 Windenergieanlagen (verteilt auf ein Umland von etwa 100 km Umkreis oder etwa 10.000 km² Landfläche) in der größten, heute verfügbaren Bauart und der notwendigen Photovoltaik in der Lage sein, versorgungssicher zwei Kernkraftwerke zu ersetzen.

Natürlich geht das vorteilhaft auch deutlich kleiner bei einer größeren Anzahl von dezentral über das Land verteilten Anlagen.

Diese bräuchten auch nicht in der idealisiert dargestellten Kreisform errichtet werden, sondern könnten Siedlungsgebiete und sensible Landschaftsteile umgehen und attraktiv in das entstehende Naturenergiesystem integrieren.

Ringwallspeicher-Hybridkraftwerk (Illustration: Stefan Schiessl, Copyright: Matthias Popp, Quelle: Ringwallspeicher, Zugriff 27.04.2015)

Als Zusatznutzen könnten damit beispielweise Schifffahrtswege in bisher auf diese Weise nicht erschlossenen Regionen entstehen.

Auch bei Jahrhunderthochwässern, von denen in den letzten Jahren einige auftraten, böten die Speichersysteme als Nebeneffekt genügend Stauraum, um Überschwemmungen von Siedlungsgebieten und Kulturlandschaften zu verhindern.

Insbesondere das Unterbecken würde sich für Freizeitbetrieb eignen, weil die auf Langzeitausgleich und extreme Dunkelflauten (langandauernde Windflauten bei geringer Solarstrahlung im Winter) ausgelegten Ringwallspeicher nur selten, in mehrjährigen Abständen, größere Pegelveränderungen aufweisen würden.

Meistens wäre das Oberbecken gut gefüllt und das Unterbecken auf abgesenktem Niveau.

Derartige Wasserflächen gibt es.

Der in Abbildung 12 gezeigte Edersee in Hessen erfährt in einer Saison mitunter Absenkungen von über 30 Metern.

Als im Jahr 2008 diese Bilder entstanden, betrug die Absenkung etwa 20 Meter. An diesem Tag ging es noch einmal um mehr als einen Meter nach unten.

Edersee in Hessen (Fotos: M. Popp)

Auch mit diesen Pegelveränderungen findet auf dem See ein reger Freizeitbetrieb statt und er bildet das Zentrum einer beliebten Ferienregion.

Bodennutzung Deutschlands

Die Landfläche Deutschlands umfasst 357.126 Quadratkilometer.

Etwas mehr als die Hälfte davon wird landwirtschaftlich genutzt.

Der größte Teil, in 2010 waren es 166.781 km², dient der Lebensmittelproduktion.

Die industriell und vor allem energetisch genutzte Agrarfläche betrug im Jahr 2010 nach Angaben des statistischen Bundesamts 21.510 km².

Davon wurde auf etwa 6500 km² Biomasse zur Stromerzeugung in Biogasanlagen angebaut.

Der in Abbildung 11 idealisiert dargestellte Ringwallspeicher würde zusammen mit allen Wind- und Solarenergieanlagen eine Bodenfläche von etwa 100 km² erfordern.

30 derartige Hybridkraftwerke hätten eine durchschnittliche Erzeugungsleistung von 60 GW.

Die erforderliche Gesamtfläche läge bei rund 3000 km².

Sie wären in der Lage die vollständige Stromversorgung Deutschlands allein aus Wind und Sonne nachfragegerecht zu gewährleisten.

Diese dafür erforderlichen 3000 km² wären weniger als 1 % der Landesfläche. Das wäre weniger als die Hälfte der Fläche von 6500 km², auf der bereits im Jahr 2010 Biomasse zur Stromerzeugung mit Biogasanlagen angebaut wurden und dadurch rund 3% zur Deckung des Strombedarfs beitrugen.

Durch Einsatz von weniger als 1 % der Landesfläche ließe sich der Elektrizitätsbedarf Deutschlands allein mit Strom aus Wind und Sonne nachfragegerecht decken.

Der Flächenertrag für elektrische Energie des vorgeschlagenen Hybridsystems zur Stromerzeugung läge etwa 50 Mal höher, als der von Biomasse.

Auf einer Landfläche, die durch Biomassenutzung 40 MW elektrische Leistung bereitstellen kann, könnten Ringwallspeicher Hybridsysteme 2000 MW bedarfsgerecht bereitstellen.

Ein Umdenken bei dieser Art der Landnutzung mit Biogasanlagen könnte Freiräume für naturnahe Flächen schaffen.

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