Roger Waters warnt vor Untergang der Menschheit
Seite 2: Und dann geht es richtig los
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Die Arena ist dunkel. Im Schwarz des Saales leuchtet eine weiße Laufschrift auf dem Bildschirm. Alles, was Waters sagt, ist dort zu lesen. Oder ist es vorproduziert?
Seine Stimme ertönt im Tonfall eines Conférenciers, die in einer etwas launigen Ansage erklärt, dass Leute, die zwar seine Musik mögen, aber mit seiner Politik nichts anfangen könnten, sich doch bitte an die Bar "verpissen" möchten. Ich vermute, er meint damit insbesondere die Feuilletonisten, die seine Auftritte verreißen. Das Publikum lacht freundlich, einzelne zustimmende Pfiffe sind zu hören. Niemand verlässt den Saal.
Und dann geht es richtig los: wuchtige Bilderbotschaften zu magischen Klängen.
Es beginnt mit dem Lied "Comfortably Numb" und dazu auf der Bildschirmwand eine Wolkenkratzersilhouette, schwarze Stahlstrukturen, helle Fenster, die erst wie leer wirken und allmählich zu grauen, zerrissenen Betonskulpturen werden; unwirklich, in Nebel eingehüllt, und einer schwindelerregenden Kamerafahrt in die Tiefen von Straßenschluchten, Menschenmassen in der Megastadt, alle grau und verschwommene Masse, wie eine Achterbahnfahrt.
Atemberaubende, verstörende Szenen von Krieg, Zerstörung, Flucht, Menschen im Elend wechseln mit Sequenzen aus der Geschichte von Pink Floyd, Reminiszenzen an das Gründungsmitglied und Waters' Freund Syd Barrett, der 2006 verstorben ist, und andere Weggefährten.
Ich wüsste gern, wer die Videokünstler sind. Sie haben fantastische bildliche Umsetzung der Songtexte geschaffen, dichte Bilder. Disney und Marvel sind nichts dagegen. Vielleicht ein wenig viel auf einmal, da haben einige Kritiker recht. Manchmal ist weniger mehr, möchte man dem Musiker zurufen.
Es geht weiter mit "Happiest Days of our Live".
"We are Good. They are Evil. Control the Narrative. Rule the World" fließt in Riesenlettern über den Bildschirm. Indes spielt die Band "Another Brick in the Wall". "Make Love not War", fordern die Riesenbuchstaben der Bildschirme.
Für Waters sind alle US-Präsidenten seit 1989 Kriegsverbrecher, auch Wladimir Putin und Xi Jinping gehören für ihn zu dieser Kategorie. Er will sie alle vor Gericht sehen. So wie auch ich.
Der Song "Wish You Were Here" fehlt natürlich nicht und ebenso wenig die Hommage an Syd Barrett, Waters Jugendfreund und Mitgründer von Pink Floyd: "Shine On You Crazy Diamond".
Die letzten Lieder vor der Pause "In The Flesh" und "Run Like Hell", zeigen nach den Schafen, die zur Schlachtbank sollen, gespenstische Szenen in roten und dunklen Farben. Gekreuzte Klauenhämmer marschieren zu düsteren Klängen und unheilschwangeren Trommelschlägen wie Soldaten zum Krieg.
Waters erscheint auf der Bühne als Diktator im schwarzen Ledermantel, der brüllend eine Ansprache mimt, mit den Bild-Slogans "HAMMER, HAMMER, MORE GUNS; KILL; MORE LAWS, MORE TRUCKS, MORE CRIME, HAMMER, HAMMER, MORE MEN SERVING, MORE TIME, MORE BLOOD", also der Ruf nach immer mehr Waffen, mehr Soldaten, mehr Blutvergießen.
Atemlos, pausenlos. Die Bilder tun weh, sie wirken beklemmend. Die Musik hämmert.
Das Publikum ist gebannt.