Rosneft unter Treuhandverwaltung – Zukunft von Raffinerie in Schwedt weiter unklar

PCK-Raffinerie in Schwedt (Oder) bei Nacht. Bild: © PCK Raffinerie GmbH

Bundesnetzagentur übernimmt die Geschäfte von Rosneft in Deutschland. Zur Zukunft der PCK- Raffinerie gibt es weiterhin nur vage Pläne und Versprechen, für Beschäftigte gibt es Kurzarbeit.

Nach Monaten des Bangens herrscht in Schwedt nun in einem Punkt Gewissheit: Die PCK-Raffinerie wird jetzt durch die Bundesregierung verwaltet. Am Freitag gab sie bekannt, dass sie die Bundesnetzagentur als Treuhänderin über die Firmenanteile des russischen Energiekonzerns Rosneft einsetzte.

Sie berief sich dabei auf einen Passus im Energiesicherheitsgesetz, den sie erst im Mai in das Gesetz hat schreiben lassen.

Sollte die "konkrete Gefahr" bestehen, dass ein Unternehmen im Energiesektor seine Aufgaben nicht erfüllt und die Versorgungssicherheit nicht mehr gewährleistet ist, dann kann es unter treuhänderische Verwaltung des Staates gestellt oder auch enteignet werden.

"Zentrale kritische Dienstleister wie Zulieferer, Versicherungen, IT-Unternehmen und Banken, aber auch Abnehmer" seien nicht mehr bereit gewesen, mit Rosneft zusammenzuarbeiten, argumentierte jetzt die Bundesregierung. Und das hätte den weiteren Geschäftsbetrieb in Gefahr gebracht.

Am Freitagnachmittag traten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Grüne) und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) vor die Presse, um ihr Vorgehen zu erklären – und um Zweifel daran auszuräumen.

Diese blieben allerdings, auch weil die zentrale Frage nach wie vor nicht geklärt ist: Wie soll die Raffinerie in Zukunft versorgt werden?

Die Versorgung sei gesichert, behaupteten Scholz und Habeck. Man habe die Reserven noch einmal gefüllt, auch für den Fall, dass nun Russland die Öllieferungen einstellen könnte.

Für die künftige Versorgung der Raffinerie spielt die Pipeline vom Hafen in Rostock nach Schwedt eine zentrale Rolle. Sie solle ertüchtigt werden, sagte Scholz und Habeck fügte hinzu: Unter anderem dafür würden 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Endlich könnten die Investitionen auf den Weg gebracht werden.

Was sie nicht sagten: Das ist keine Lösung, um ab Januar die Versorgung zu gewährleisten. Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) hatte Anfang September erklärt, der Ausbau der Pipeline sei ein Vorgang, der zwei bis drei Jahre dauern werde. Erst dann werde über diese Leitung eine Auslastung der Raffinerie möglich, wie sie aktuell über die Druschba-Pipeline gewährleistet wird.

Aktuell wären mit der Leitung aus Rostock nur eine Auslastung von 45 bis 60 Prozent möglich. Allerdings – und darauf wies das Handelsblatt am Freitag hin – ist eine Auslastung von mindestens 70 Prozent notwendig, um die Raffinerie am Laufen zu halten.

Versorgung über Polen kaum möglich

Die Bundesregierung hofft scheinbar immer noch, die zusätzlichen Lieferungen aus Polen über den Hafen Danzig beziehen zu können. Scholz erklärte bei der Pressekonferenz, man werde nun auch besser mit Polen reden können, um einen Teil der Versorgung der PCK-Raffinerie über den Hafen Danzig zu gewährleisten.

Damit nahm er Bezug auf die Haltung der polnischen Regierung. Schon im Mai hatte Energieministerin Anna Moskwa deutlich gemacht: Hilfe aus Polen könne es nur geben, wenn sich die Raffinerie nicht mehr in russischem Eigentum befinde. "Unsere Grundvoraussetzung für die Umsetzung einer Lösung ist das Ende der russischen Beteiligung der Schwedter Raffinerie", hatte sie gesagt. Ohne dies werde kein Geschäft möglich sein.

Diese Grundbedingung ist aber immer noch nicht erfüllt. Scholz betonte auf Nachfrage eines Journalisten, man habe Rosneft nicht enteignet, sondern man verwalte nur dessen Eigentum. Ob sich die polnische Regierung damit zufriedengibt, wird sich zeigen müssen.

Es gibt allerdings einen weiteren Punkt, der es unwahrscheinlich erscheinen lässt, dass die PCK-Raffinerie zeitnah über Danzig versorgt wird: Die Kapazitäten des Seehafens Danzig und der Stichleitung Pomorski von Danzig zur Druschba-Pipeline reichen dafür nicht aus.

Das hatte zumindest die Betreibergesellschaft erklärt, wie die Märkische Oderzeitung (MOZ) Anfang Juli berichtete. Die Kapazität sei auf 30 Millionen Tonnen im Jahr begrenzt.

Nach der Kappung der russischen Ölzufuhr reicht diese Leistung gerade einmal für die Orlen- Raffinerie Plock, die Lotos-Raffinerie in Danzig und die Total-Raffinerie in Leuna aus. Die Franzosen hatten sich an den Investitionen am Seehafen in Danzig beteiligt und sich so die Rechte zur Nutzung der Pipeline rechtzeitig gesichert.

Märkische Oderzeitung (09.07.2022)

Dass sich etwas an dieser Situation geändert hat, wurde am Freitag nicht mitgeteilt. Es wurde lediglich erklärt, man sei in den Verhandlungen mit der polnischen Seite weit fortgeschritten.

PCK-Beschäftigte werden wohl auf Kurzarbeit gesetzt

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hatte in den letzten Monaten immer wieder gefordert, dass Arbeitsplätze und Einkommen in Schwedt gesichert sein müssten. Nun relativierte die Aussage: Es müsse eine vernünftige Kurzarbeiterregelung gefunden werden, sagte er, damit die Menschen auch weiterhin ihre Rechnungen bezahlen könnten.

Um das Wort "Kurzarbeit" hatte sich auch Steinbach zuletzt versucht zu drücken. In den letzten Wochen hatte er versichert, dass es eine Beschäftigungsstrategie für alle Mitarbeiter der Raffinerie geben solle. Und dafür solle die Bundesregierung aufkommen. "Es werden dann nicht alle vor Ort sozusagen im aktiven Betrieb sein", hatte er im Wirtschaftsausschuss des Brandenburger Landtags gesagt. Und dabei solle es nicht um Kurzarbeit gehen. Jetzt ist es offenbar doch anders gekommen.

In der MOZ hieß es kürzlich, es seien diverse Optionen für den Weiterbetrieb der Raffinerie in der Diskussion. Die Zeitung berief sich dabei auf ein Schreiben des Bundeswirtschaftsministeriums, in dem es heiße: Die Konsequenzen für die Beschäftigung seien noch nicht absehbar.

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Christian Görke fand das verantwortungslos. Das Schreiben des Bundeswirtschaftsministeriums, aus dem die MOZ zitierte, kommentierte er mit den Worten: "Die Antwort der Bundesregierung ist das endgültige Eingeständnis, dass sie die Beschäftigten der PCK im Regen stehen lässt". Angesichts der Preissteigerungen werde das Kurzarbeitergeld für viele nicht zum Leben reichen.

Olaf Scholz versprach bei der Konferenz zwar: "Kein Arbeitnehmer muss Angst um seinen Job haben". Ob ihm das in Schwedt noch jemand glaubt, steht auf einem anderen Blatt.