Ruhm ist ungerecht

Die unbekannten Asse - Statistiker ergooglen Diskrepanzen zwischen Leistungen und Berühmtheitsgrad von Prominenten

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Wer berühmter als andere ist, kann sich irgendwann in die Hängematte legen, weil der Ruhm praktisch zum Selbstläufer wird. In den USA forschende russische Wissenschaftler meinen dies mit der Analyse des relativen Bekanntheitsgrades von deutschen Kampfpiloten im Ersten Weltkrieg belegen zu können. Überdimensionale Berühmtheit gründet sich nicht auf statistisch entsprechend überdimensionalen Leistungen. Wo bleiben da bloß Leistungsgedanke und Gerechtigkeit?

Der Ruhm großer Menschen muß stets an den Mitteln gemessen werden, wodurch sie ihn errangen

François de La Rochefoucauld (1613-80), frz. Schriftsteller

Gibt`s die FDP eigentlich noch? Ja? Gut, sie hat es ja immer schwer gehabt. Immer nur Anhängsel, nie einmal Erste Kraft gewesen, aus lichten Höhen des verwegenen Projekt-18-Anspruchs sang- und klanglos heruntergeplumpst. Und jetzt müssen Westerwelle, Gerhardt und Freunde auch noch ohnmächtig zusehen, wie ihr Gedankengut immer mehr Gemeingut einer Großen Liberalen Koalition ohne Liberale (und fast ohne Abweichler) wird - ohne dass die Neo-Liberalen irgendwas davon hätten. Und das, obwohl die kleine Partei schon viel länger für die Emanzipierung der "Menschen" vom bösen Vater Staat (obwohl der ja früher besser verdienend und kein Leistungsverweigerer, also liberal war) kämpft als Brüderle Schröder, Brüderle Merz oder Brüderle Glos. Ganz schön gemein. Woran liegt das nur, dass manchen Ruhm und Publicity wie von selbst zufliegen? An Sternzeichen, Sonnenflecken, Bild und Bravo? Nein, natürlich nicht an so irrationalen Faktoren, das erklärt uns wieder einmal die mathematische Wissenschaft.

Die russischstämmigen Statistiker Mikhail Simkin und Vwani Roychowdhury an der University of California zu Los Angeles haben, wie NewScientist zu vermelden weiß, entdeckt, dass der Berühmtheitsgrad bestimmter Personen der Zeitgeschichte im Internet - gemessen an ihren Leistungen - nicht im Verhältnis zu vergleichbaren anderen Semi-Prominenten steht. Das Sujet dieser bahnbrechenden Untersuchung bildet überraschenderweise der topaktuelle Erste Weltkrieg. Präzise ausgedrückt geht es um die militärischen Leistungen der deutschen Luftwaffe-Piloten der legendären "Asse".

Schön ist natürlich an der russischen Promotion für Manfred von Richthofen und Co., dass die deutsch-russische Allianz guter alter Kaiser- und Zarenzeit nicht nur bei Gerd und Wladimir wieder funktioniert. Richthofen war ja der legendäre "Rote Baron", der mit seiner rotlackierten Fokker-Maschine von 1916 bis 1918 insgesamt 80 englische und französische Maschinen abschoss, bis er selbst im Luftkampf eine gute Portion Ruhm an einen alliierten Widersacher abgeben musste, der ihn respektlos zur Hölle schickte. Teilt man nun 80 durch 5000, die gerundete Zahl der insgesamt im Ersten Weltkrieg abgeschossenen Flugzeuge, errechnen sich gerade mal 1,6 Prozent für Richthofen am Brutto-Schrott-Produkt des Krieges.

Bei aktuellen Google-Suchen ergeben sich aber gut 4700 Treffer für den roten Baron und damit 27 Prozent an der Gesamtanzahl der Suchergebnisse aller Piloten. Das ist im Vergleich zu den Abschussleistungen vieler Hinterbänkler-Piloten wie Richard Rübe oder Theodor Rumpel überdimensional viel und ganz schön ungerecht. Der Abschuss von nur je fünf gegnerischen Flugzeugen durch 60 Piloten bedeutet gemäß Simkins und Roychowdhurys Rechenmethode für alle zusammen einen Gesamtanteil von etwa sechs Prozent. Bei den Web-Einträgen kommen die unbekannten Asse insgesamt aber nur auf klägliche 2,6 Prozent.

Klingt komisch, ist aber so. Da scheint wirklich was dran zu sein. Denn wenn man die Abschussleistungen von Quak, dem Penis-Bruchpilot aus Tötensen (alias Dieter B.) z.B. mit denen des altgedienten Kulturkämpfers Wiglaf Droste vergleicht, muss man sagen: Das haben Quak und Deutschland gleichermaßen nicht verdient, dass Quak mit seinen zwei von Schreckschraube Katja Kessler (so erotisch wie ein Zahnarzttermin) protokollierten Büchlein die Frankfurter Buchmesse in ein Tollhaus verwandeln darf und auch sonst die Kanäle verstopft, während einer wie Droste seit Jahrzehnten publiziert und durch miefige Kleinkunst-Lokale tingelt und höchstens mal für ein paar skurrile Minuten bei Polylux auftreten darf. Und höchst abgefeimt ist es doch auch, dass Quaks einziges Lied, das er leicht abgewandelt immer wieder neu rausbringt, unzweifelhaft viel mehr Kohle und Werbung einbringt und weiter einbringen wird, als Drostes neue Küchenlieder-CD mit sogar mehreren eigenen Stücken. Die Welt dreht sich derweil ungerührt weiter.

Der vielleicht größte Vorteil des Ruhms besteht darin, daß man ungestraft die größten Dummheiten sagen darf

André Gide (1869-1951), Schriftsteller