Russische Militärpräsenz in Libyen: Will Putin in Nahost-Chaos eingreifen?
Seite 2: Russland als Faktor bei Deeskalation?
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Putin kritisierte zudem Washington. Die Vereinigten Staaten hätten versagt, im Nahen Osten die Bedürfnisse der Palästinenser bei der Nahostpolitik einzubeziehen.
Nun verlange Moskau einen sofortigen Waffenstillstand. Die von Russland in den UN-Sicherheitsrat eingebrachte Resolution am 16. Oktober, die einen solchen Waffenstillstand fordert, wurde aber durch das Veto von den USA, Frankreich, Japan, Großbritannien gestoppt.
Das russische Außenministerium unter Sergej Lawrow hat außerdem immer wieder vor den Gefahren eines regional erweiterten Kriegs gewarnt, sollte der Gaza-Krieg Israels weitergeführt und Iran als Schuldiger in den Fokus genommen werden. Zudem verurteilte man die Aussage des israelischen Ministers für Kulturerbe im Kabinett Netanjahu letzte Woche.
In einem Radiointerview wurde Amichai Elijahu gefragt, ob Israel einfach eine Atombombe auf Gaza werfen sollte. Darauf antwortete der israelische Minister, dass dies eine Option sei. Als er an die mehr als 240 Geiseln erinnert wurde, die im Gazastreifen festgehalten werden, sagte er, dass er für ihre Rückkehr beten werde, aber dass "der Krieg auch seinen Preis hat".
Der Minister wurde dafür auch in Israel kritisiert, aber Netanjahu hat ihn trotz Aufforderungen bisher nicht entlassen. Das russische Außenministerium sagte danach, dass die Aussage viele Fragen aufwerfe. Auch die nach dem Zugang von Nuklear-Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAE) in das Land, um die Atomwaffen, die von Israel offiziell nie bestätigt worden sind (obwohl man allgemein davon ausgeht, dass Israel 90 atomare Sprengköpfe besitzt), einer Prüfung zu unterziehen.
Sollte der Konflikt weiter regional eskalieren, wobei neben der Hamas die Hisbollah im Libanon, der Iran und eine wiederbelebte Intifada in den Krieg eintreten könnten, würde das nicht nur den Druck auf Israel erhöhen, sondern auch andere Unterstützerstaaten als Stellvertreter auf den Plan rufen, was, wie alle Seiten betonen, vermieden werden sollte.
Die Gefahr besteht jedoch, je dynamischer und blutiger das Geschehen wird, dass die Ereignisse außer Kontrolle geraten. Dann könnte Russland sich unterstützend im Fall einer Ausweitung an die Seite des Iran stellen.
Der jüngste Bericht über ein russisches Abkommen mit dem Osten Libyens zeigt dabei deutlich, dass Moskau seine Interessen in der Region zunehmend militärisch absichern will – und dabei wenig bis keine Rücksicht auf die US-Interessen und -Drohungen nimmt.
George Beebe und Anatol Lieven vom Quincy Institute haben früh davor gewarnt, dass eine weitere Eskalation die USA gegen Russland und auch China in Nahost stellen könnte.
Angesichts der tiefen amerikanisch-russischen Feindschaft aufgrund des Ukraine-Kriegs ist die Versuchung für Russland natürlich groß, den USA Ärger zu bereiten und die internationale Wut über die israelischen Vergeltungsmaßnahmen im Gazastreifen auszunutzen, um seine Beziehungen zum Iran, zu arabischen Staaten und zum weiteren Globalen Süden auf Kosten der USA zu festigen.
Die Außenpolitik-Experten betonen aber zugleich, dass es für Russland auch Gründe gibt, ein solches Szenario zu vermeiden. Moskau habe gute Beziehungen zu Israel, das Land sei ein wichtiger ökonomischer Partner und die Heimat von mehr als einer Million russischer Immigranten. Zudem würde ein Kriegseintritt Irans bedeuten, dass es für den russischen Krieg in der Ukraine dann keine iranischen Drohnen mehr geben würde.
Um die Lage zu deeskalieren, wären Gespräche zwischen den USA und Russland daher sehr hilfreich, wenn sie auch angesichts des Ukraine-Kriegs nur in begrenztem Maße stattfinden können. Dabei müsste Washington Israel zur Mäßigung bzw. Beendigung der Gaza-Bombardierungen bewegen, während Russland und China ihre Partner in der Region zu Zurückhaltung aufrufen.
Russland hat bereits klargestellt, dass nur ein Palästinenserstaat innerhalb der Zweistaatenlösung – international von der Weltgemeinschaft garantiert – dauerhaft für Frieden in der Region sorgen kann. Kämpfen könne keine Sicherheit schaffen, so der Kreml.
Das ist auch die Haltung, die von den Vereinten Nationen in zahlreichen Resolutionen verankert wurde. Im Moment scheint die zivile Lösung des Konflikts aber in weite Ferne gerückt zu sein.
Doch das könnte sich ändern, wenn Israel und die USA ab einem bestimmten Punkt realisieren müssen, dass die andere Option, nämlich ein "Business as usual" und die weitere Blockade des Palästinenserstaats, nicht mehr haltbar ist.