SPD-Abgeordnete: Mehr Überwachung = weniger Sicherheit

Die Absicherung der kritischen Infrastrukturen schützt besser vor Terroranschlägen als der große Lauschangriff

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Fraktionsmitglieder der SPD fordern ein Überdenken der staatlichen Pläne zu Überwachungsmaßnahmen im Internet und wollen stattdessen die neuen Bedrohungen von vernetzten Infrastrukturen stärker in den Mittelpunkt der Sicherheitsdebatte rücken.

Nachdem sich die Grünen gerade gegen übereilte Einschnitte in die Bürgerrechte ausgesprochen und pauschale Überwachungsbefugnisse - wie etwa im Cybercrime-Abkommen des Europarats vorgesehen - im Kampf gegen den Terrorismus abgelehnt haben (Grüne warnen vor Unterzeichnung des Cybercrime-Abkommens), fordern nun auch Bundestagsabgeordnete der SPD-Fraktion eine sorgsame Abwägung zwischen der Ausweitung von Eingriffsbefugnissen und der Wahrung von Freiheitsrechten.

Wer zusätzliche Einfallstore in die elektronischen Netze schafft, um beispielsweise bei der Email-Kommunikation besser mitlesen zu können, erleichtert "Cyberterroristen ihre Angriffe, ohne wesentliche Erfolge aufweisen" zu können. Davon gehen Jörg Tauss, Beauftragter für Neue Medien, und Ulrich Kelber, Telekommunikations-Experte der SPD-Fraktion, aus. Statt einem Mehr an staatlicher Überwachung fordern die beiden Bundestags-Abgeordneten daher einen verstärkten Schutz der kritischen Netzinfrastrukturen. "Sie steuern Flugzeuge und Kraftwerke, Gas- und Wasserversorgung, Telekommunikationssysteme, die Energie- und Finanzwirtschaft - und sind an vielen Stellen noch unsicher", konstatieren Tauss und Kelber. Terroristische Angriffe auf diese offenen Flanken der technisierten Gesellschaft könnten daher "fürchterliche Wirkungen" entfalten.

"Unter der Perspektive des Schutzes kritischer Infrastrukturen kann man auch erkennen, dass die seit Jahren diskutierten Pläne zur stärkeren Überwachung der Kommunikation im Internet die Sicherheit in Deutschland massiv gefährden können, statt sie zu erhöhen." (Jörg Tauss und Ulrich Kelber in einer gemeinsamen Erklärung)

Die Sicherheit der Informationstechnik muss folglich endlich ein Forschungsschwerpunkt in Deutschland werden, verlangen die Genossen. Gelegenheit dazu böten bereits die Diskussionen um den Haushalt für 2002. Konkrete Überwachungsvorhaben wie die vom Bundeswirtschaftsministerium erarbeitete Telekommunikations-Überwachungsverordnung und die Cybercrime-Konvention des Europarates sollten dagegen "erneut auf den Prüfstand". Verbrechen könnten nicht durch einen riesigen Überwachungsapparat und die Kriminalisierung bestimmter Verhaltensweisen verhindert werden, die zum Teil dem System- und Selbstschutz dienen. In den USA hätten ähnliche Vorgehensweisen des Staates keinen Erfolg gehabt.

Pauschalverdächtigungen gegen den Datenschutz erteilen die SPD-Politiker eine Absage: "Nur ein wirksamer Datenschutz wird auch zu einer wirksamen Datensicherheit führen." Der Schutz der Infrastrukturen dürfe gleichzeitig nicht länger ein Nischenthema für wenige Experten bleiben, sondern sollte gesellschaftlich debattiert werden.

"Ziel der terroristischen Angriffe war eine offene und freiheitliche Gesellschaft. Wir sollten aufpassen, dass wir nicht übereilt diese Grundlagen einer freien und offenen Gesellschaft zugunsten einer vermeintlichen inneren und äußeren Sicherheit aufs Spiel setzen - die zudem nur eine trügerische Sicherheit wäre."