Salafisten marschieren in den Libanon ein
Kalifatsterroristen kämpfen an der Grenze zusammen mit der al-Nusra-Front und anderen Rebellengruppen
Gestern überschritten Salafisten die Grenze zwischen Syrien und dem Libanon - nicht einzeln und als Zivilisten, sondern als militärischen Einheiten in voller Bewaffnung. Anlass war angeblich die Festnahme des al-Nusra-Front-Terroristen Imad Ahmed Dschumaa in der libanesischen Stadt Arsal, wo die Bewaffneten eine Polizeistation eroberten. Bei den Kämpfen sollen zwei libanesische Soldaten, zwei Zivilisten und elf Salafisten ums Leben gekommen sein.
Der Libanon, in dem 41 Prozent der Bevölkerung christlichen Konfessionen angehören, wird von der Terrorgruppe Islamischer Staat für ihr Kalifat beansprucht. Deren Anhänger lieferten sich in der zehn Kilometer von der libanesischen Grenze entfernten Stadt al-Dschobeh, zusammen mit al-Nusra-Terroristen und anderen Rebellengruppen Gefechte mit der syrischen Armee, die dabei ein Flugzeug und sieben Soldaten verlor. Die Verluste auf Seiten der Salafisten sollen syrischen Angaben zufolge allerdings deutlich höher liegen.
An der östlichen Grenze des Terrorkalifats, im ungefähr 100 Kilometer von der irakischen Hauptstadt Bagdad entfernten Ramadi sprengte sich der Südddeutschen Zeitung, zufolge letzte Woche ein Selbstmordattentäter aus Deutschland in die Luft. Der unter dem Decknamen "Abu Ayyub al-Maghrebi" agierende Mann nordafrikanischer Abstammung steigt in einem Werbevideo in einen mit Sprengstofftanks, Drähten und einer Zündvorrichtung ausgestatteten Geländewagen, der später beim Explodieren gefilmt wird. Dazu heißt es aus dem Off: "Möge Allah ihn im Inneren eines grünen Vogel sein lassen und mit 72 wunderschönen Paradiesjungfrauen vermählen."
Sollten die Angaben zutreffen, dann wäre "Abu Ayyub al-Maghrebi" nicht die einzige Person mit deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Aufenthaltserlaubnis, die sich für den Terror werben ließ: Dem Bundesamts für Verfassungsschutz sind über 320 weitere namentlich bekannt. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen geht aber von einer weitaus höheren Dunkelziffer aus. Dem promovierten Rechtswissenschaftler zufolge spielen Facebook und Twitter bei der Terroristenanwerbung eine wichtige Rolle:
Kämpfer schicken abends, wenn sie in ihrem Lager sind, Bilder von den Kämpfen in die Heimat. Die Anhänger in Deutschland können hautnah miterleben, wie es in Syrien, wie es im Krieg zugeht. Und viele finden das attraktiv.
Unter den Salafisten, die in das Kalifat ausreisten, befinden sich auch Personen, die bereits in Deutschland als extremistische Gewalttäter auffällig wurden - darunter der Bonner Extremist Fared S., der in einem Propagandavideos mit Leichen posiert. S. hatte sich an den Bonner Krawallen vom 5. Mai 2012 beteiligt, bei denen zwei Polizisten schwer und 26 weitere leichter verletzt wurden, war aber mit einer Bewährungsstrafe davongekommen.
Maaßens Einschätzung nach ist es sehr schwierig, deutsche Salafisten an einer Terrorausbildung im Kalifat zu hindern, weil eine Ausreise in die Türkei legal ist und sich die Spur der Salafisten danach meist verliert. Neue Straftatbestände, wie sie die Justizminister mehrerer Bundesländer fordern, würden seiner Ansicht nach wenig an diesem Problem ändern:
Wir wissen in vielen Fällen einfach nicht, was die Leute in Syrien machen wollen. Uns fehlen die Beweise - selbst wenn wir härtere Gesetze hätten.
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