Saudi-Arabien versinkt im jemenitischen Sumpf
Stellvertreterkrieg zwischen Teheran und Riad droht für Saudi-Arabien zu einem ernsten Sicherheitsrisiko zu werden
Seit dem Beginn der militärischen Aggressionen gegen den Jemen sind rund 5 Monate vergangen. Die saudisch dominierte Koalition, welche gegen das südliche Nachbarland zu Felde zieht, wurde dabei bisher nicht vom UN-Sicherheitsrat angemahnt, das militärische Vorgehen zu stoppen, das weder dem Völkerrecht entspricht, noch die Zivilbevölkerung schont. Das Gegenteil ist der Fall.
Die von propagandistischen Erfolgsmeldungen flankierten Luftschläge, welche die saudisch-wahhabitischen Medien verbreiten, fordern und forderten zahlreiche Opfer unter der jemenitischen Bevölkerung und verursachen massive Zerstörungen, welche nicht nur die Infrastruktur des bettelarmen Landes in Schutt und Asche legen, sondern auch das einzigartige kulturelle Erbe des Jemen ausradieren.
Besonders pikant ist in diesem Zusammenhang, dass sich die militärische Überlegenheit Riads aus den massiven Waffenlieferungen des Westens speist, die von raffgierigen Rüstungsfabrikanten angetrieben werden, beziehungsweise durch deren Lobby-Organisationen, deren Arme bis hinein in die Parlamente der westlichen Welt reichen. Wie sonst wäre es zu erklären, dass die vom Westen verkündeten Menschenrechtspostulate, die beispielsweise gegenüber Russland und Iran zu Embargos führten, anscheinend gegenüber Riad keine Anwendung finden?
Stabilitätsfaktor Saudi-Arabien?
Ähnlich verhielt es sich auch bei der bis heute anhaltenden Okkupation Bahrains durch saudische Truppen (Die Proteste in Bahrain waren eine Volksbewegung, keine schiitische Verschwörung). Wenn man in Berlin, Brüssel und Washington verkündet, die Besetzung der Krim sei ein Akt der Aggression, wie verhält es sich dann mit der Besetzung dieser Insel im Persischen Golf, dessen sunnitischer Monarch sich nur mit saudischen Waffen an der Macht hält und das Aufbegehren seiner vorwiegend schiitischen Untertanen in Schacht hält?
Waren die saudischen Aggressionen gegenüber dem Jemen bisher von militärischen Erfolgen gekennzeichnet, scheint sich das Blatt inzwischen zu wenden. Angesichts der militärischen Überlegenheit ihrer Feinde praktizieren die schiitischen Huthi-Rebellen des Jemens eine Taktik des asymmetrischen Kriegs, welche auch den US-Truppen in Afghanistan und im Irak zu schaffen machte, sowie der israelischen Armee im Süd-Libanon.
Schon können die gleichgeschalteten saudischen Medien nicht verschweigen, dass es kürzlich den Huthis gelang, sogar auf saudischem Territorium, in der Gegend von Jizan, einen kompletten saudischen Militärkonvoi zu vernichten. Die saudische Presse sprach von "schweren Verlusten". Diese Meldung reiht sich ein in eine Kette von Berichten über Angriffe auf saudische Grenzanlagen, denen kürzlich sogar ein hoher saudischer General zum Opfer fiel.
Iranische Medien berichteten, unterlegt mit Videomaterial, dass die jemenitische Armee kürzlich schwere Kurzstreckenraketen vom Typ Tochka U auf saudische Militäreinrichtungen nahe der Grenze abgeschossen hat. Sollte dieses den Tatsachen entsprechen, dürfte dieses in Riad Schockwellen ausgelöst haben.
Dieser Krieg, bei dem es sich um einen Stellvertreterkrieg zwischen Teheran und Riad im Rahmen des blutigen Konfliktes zwischen Schiiten und Sunniten handelt, droht für Saudi-Arabien zu einem ernsten Sicherheitsrisiko zu erwachsen. Weder kann es in seinen südlichen Grenzen den Aufstieg schiitischer Bewegungen stoppen, schon gar nicht durch Luftschläge, noch die wachsende Unmut seiner eigenen schiitischen Minderheit besänftigen.
Durch die Annäherung zwischen Washington und Teheran hat Riad herbe geopolitische Rückschläge einstecken müssen. Spätestens seit dem Aufstieg der radikalsunnitischen ISIS-Bewegung im Irak und in Syrien, hat man in Washington erkannt, dass Saudi-Arabien ein unsicherer Verbündeter ist, der den geostrategischen Perspektiven Washingtons widerspricht
Die Situation ist kritisch, weil die USA über geringe Mittel verfügen, der antiamerikanischen und antischiitischen Strömung entgegenzuwirken. "Der Wahhabismus ist die Grundlage eines gesamten poltischen Systems. Jeder , der vom Status quo profitiert, wird sich um dieses System scharen, falls es von außen angetastet wird", schrieb Michael Scott Doran, Nahost-Experte der Universität Princeton dazu. In Washington hat man schmerzhaft feststellen müssen, auch wenn man es öffentlich ungern zugibt, jahrzehntelang die falsche Bündnis-Politik in der Region betrieben zu haben.
Saudi-Arabien versinkt im jemenitischen Sumpf. Der Westen sollte dabei darauf achten, nicht mit in die Tiefe gerissen zu werden.