Saudi-arabische Koalition: Angriff auf Kinder ist ein legitimer Angriff auf Planer und Operateure
In den USA sind Kongressabgeordnete darüber beunruhigt, dass die Unterstützung der saudi-arabischen Koalition im Jemenkrieg amerikanische Militärs vor Gericht bringen könnte
Ohne Unterstützung von außen wäre es sehr schwierig für Saudi-Arabien im Jemen Krieg zu führen. Das trifft im Besonderen auf die USA zu. Dort ist die Einsicht, dass die US-Unterstützung den Krieg verschlimmert, längst nicht neu. Auch die Klagen darüber, dass die saudi-arabischen Militärs bei ihren Luftangriffen keine Rücksichten auf die Zivilbevölkerung im Jemen nehmen, sind seit Jahren in der US-amerikanischen Öffentlichkeit.
Im Dezember 2016 blockierte die Regierung unter Obama Lieferungen einer "Präzisionsmunition" des Herstellers Raytheon an Saudi-Arabien. Die Obama-Administration hatte genug von der Vorgehensweise der saudischen-Militärs. Im Oktober zuvor waren mehr als 100 Zivilisten durch einen saudischen Luftangriff getötet worden - sie waren Besucher einer Beerdigung.
Der Nachfolger Obamas, Donald Trump, knüpfte kaum im Amt schnell wieder engere und zartere Bande mit Saudi-Arabien. Dazu gehörte, dass Trump bald nach seinem Besuch im Königreich im Mai 2017, wo er sehr umschmeichelt wurde, die Waffenlieferung an Saudi-Arabien wieder ankurbelte. Die saudischen Bomber bekamen wieder ihre "Präzisionsmunition". Politisch verkauft wurde das Ganze als Schaffung von Arbeitsplätzen.
Man muss sich nur vorstellen, dass die beiden Partner nicht USA und Saudi-Arabien heißen und der Schauplatz in Syrien liegt, um zu erkennen, welches Empörungspotential die Vorgänge eigentlich haben. Am 9. August feuerte die saudi-arabisch geführte Koalition auf einen Bus voller Schulkindern im Jemen. Die Bilanz laut Vertretern des jemenitischen Gesundheitsministeriums: 54 Tote, darunter 44 Kinder, und "viele Verletzte". Der Schock über den grausigen Angriff war diesmal beträchtlich. Viele Medien berichteten.
Doch schaffte es die infame Begründung der Koalition nicht zum großen Skandal, der es sicher gewesen wäre, wenn solches von Russland geäußert worden wäre. Die Argumentation lief darauf hinaus, dass der Bus voller Kinder, der auf einem Markt Pause machte, gerechtfertigt sei, weil der Bus ein legitimes militärisches Ziel war - mit "Masterminds" an Bord und Passagieren, die als "menschliche Schutzschilde" missbraucht wurden.
"Alle Elemente im Bus waren ein Ziel (i.O. "were targeted")", sagte Colonel Malki dem saudischen Sender al-Arabija, "dazu gehörten operators und Planer".
Zitiert nach einem Bericht der New York Times
Die wird in aktuellen Artikel der New York Times noch einmal herausgestellt, zusammen mit Clips, die Schüler aus dem Bus gemacht haben, Aussagen von Eltern und anderen Hintergründen, die aufzeigen, wie menschenverachtend die Begründung ist.
Kern des Artikels, der in einer Zeitung erscheint, die von Trump zu den "Gegnern des Volkes" gezählt wird, ist die Rolle, welche die USA bei dieser Tragödie spielen. Die USA sind, worauf schon andere Medien aufmerksam machten, am targeting der saudi-arabischen Koalition beteiligt.
Freilich versucht die US-Administration - und dies auch nicht erst unter Trump - die Rolle herunterzuspielen. Man sei keine Kriegspartei, werden Militärvertreter von der New York Times zitiert, auch wenn ihnen entgegengehalten wird, dass die USA Flugzeuge der Koalition betankt, die Kriegsmaschinerie mit Munition und Informationen beliefert wird.
Allerdings würde nun laut Zeitungsbericht durch ein neues Gesetz, das am Montag von Trump unterzeichnet wurde, die Möglichkeit bestehen, dass die USA Hilfen wie das betanken der Flugzeuge einstelle müsse, wenn sich zeige, dass sich Saudi-Arabien oder auch der andere Partner, die Vereinigten Arabischen Emirate, nicht genügend um den Schutz der Zivilbevölkerung bemühen. Das müsse nachgewiesen werden, so die New York Times.
Wie dringlich dieser Nachweis ist und ob sich da nicht in aktuellen Gesprächen zwischen Außenminister Pompeo und seinen Freunden aus den Golfstaaten einiges bereinigen lässt, ist dem Artikel konkret nicht zu entnehmen, aber Mitglieder im Kongress nehmen den Angriff auf den Bus so ernst, dass sie Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Vorwurf von Kriegsverbrechen fordern.
Es müsse geklärt werden, wie die Beteiligung der USA am Jemenkrieg genau aussehe, um sicherzustellen, ob nicht Militärpersonal der USA gesetzlich belangt werden können, etwa wegen Kriegsverbrechen. Raytheon, so ergänzt der Bericht, betreibe weiterhin starke Lobbyarbeit, um den nächsten Milliardendeal zwischen den USA und ihren beiden Golfstaaten-Partnern voranzutreiben.
Es wäre aber überzogen, einzig in den USA Unterstützer der saudi-arabischen Kriegsmaschinerie zu sehen. Wie viele europäische Länder haben die kanadische Regierung in ihrem Protest gegen die Festnahmen von Frauenrechtlerinnen und anderen Kritikern lautstark und kräftig unterstützt? Hätten sich hier mehrere wichtige Länder zusammengetan, hätte das Wirkung.
Und welche EU-Länder verkaufen Waffen an Saudi-Arabien und die VAE? Nimmt man die Berichterstattung in Frankreich und in Deutschland zu Syrien als Maßstab, so wäre ein gewisses Empörungspotenzial doch vorhanden ...