Schulmassaker-Opfer reichen Klage gegen die Spielindustrie ein
Aufruf, den Verkauf von Gewaltspielen bis Ende April einzustellen
Der Computersender Giga-TV meldet auf seiner Homepage, dass die Opfer des Schulmassakers vor zwei Jahren eine Milliarden-Klage gegen die Spielindustrie eingereicht haben. Gleichzeitig fordert der Anwalt der Opfer die Spielfirmen auf, alle Spiele, die mit der amerikanischen M-Einstufung (Mature=17+) versehen sind, bis Ende April aus dem Verkauf zu nehmen.
Vor zwei Jahren liefen zwei Jugendliche an der Columbine Highschool Amok und schossen mit ihren Waffen auf Klassenkameraden und Lehrer. Nun reichten Verwandte der Opfer eine Multi-Millarden-Dollar-Klage gegen die Spielindustrie ein. Die Klage richtet sich gegen 25 Medienunternehmen, darunter auch John Carmack, den Mitprogrammierer von DOOM.
Die jugendlichen Täter waren im Besitz des Spiels und galten als leidenschaftliche DOOM-Spieler. Besonders das Gewaltspiel DOOM, bei dem der Computerspieler hemmungslos auf alles schießen muss, was sich ihm in den Weg stellt, steht für viele als Synonym und Auslöser gewaltbereiten und gewalttätigen Verhaltens. Zu den gewaltverherrlichenden Spielen zählen laut Anklageschrift auch die Computerspiele "Quake" und "Redneck Rampage". Alle drei genannten Computerspiele wurden von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften als "jugendgefährdend" eingestuft und dürfen in Deutschland nicht mehr an Personen unter 18 Jahren verkauft werden. Ebenso darf für sie auch nicht geworben werden.
Kläger sind die Witwe und die Stieftöchter eines getöteten Lehrers. Durch die Klage wollen die Opfer ein Zeichen gegen die nach ihrer Ansicht mitschuldigen 25 Medienunternehmen setzen. Zu den Beklagten gehören Sega, Sony Computer Entertainment, Time Warner, GT Interactive Software und eben auch die DOOM-Schmiede ID Software. Als Entschädigung sind fünf Milliarden Dollar im Gespräch.
Dennoch betont John DeCamp, einer der Anwälte, dass es bei dieser Klage nicht primär um die finanzielle Entschädigung gehe. Im Kern wolle man die skrupellosen Vermarktungsmachenschaften der Spielindustrie stoppen. Schon vor einem Jahr berichtete Telepolis unter der Überschrift Computerspiele nicht für Schulmassaker verantwortlich über eine ähnliche Klageabweisung. In der Begründung zur Ablehnung stand im Vordergrund, dass die Hersteller von Computerspielen nicht vorhersehen konnten, dass Spielinhalte nachgemacht werden würden. Ebenso wurde betont, dass Computerspiele als Medien gelten, für die keine Haftung übernommen werden müsse.
Die Autoren bei giga.de verweisen in einem persönlichen Kommentar auf die Tatsache, dass 13-Jährige sehr wohl ein Spiel für eine ältere Zielgruppe erwerben können. Sie machen aber die Spielindustrie nicht für das Handeln im Kaufhaus verantwortlich. Eine Schuld sehen sie bei den Handelsketten und reden damit der FSK und anderen konservativen Jugendschützern das Wort. Sie unterstellen unverhohlen, dass die Spielindustrie bei Spielen, die möglicherweise für Erwachsene gedacht seien, auch jüngere Kinder bewerben. Auch in einer angestrebten Gesetzesnovellierung ist von ähnlichen Zugangsbeschränkungen wie im Kino die Rede. Eine freiwillige Selbstkontrolle bleibt dann allerdings auf der Strecke und die Verantwortung und Regulierung durch das Elternhaus wird ausgeklammert.