Schwangere mit mRNA-Impfstoffen vor Covid-19 schützen?

Seite 3: Empfehlungen der Fachgesellschaften in Deutschland

Auf der Basis aktueller Ergebnisse haben jetzt insgesamt elf Fachgesellschaften der Gynäkologie und Geburtsmedizin in Deutschland eine Empfehlung für die Impfung von Schwangeren und Stillenden mit einem mRNA-Impfstoff ausgesprochen, die auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtsmedizin nachzulesen ist.

Daten aus dem deutschen Cronos-Register, in dem im April 2021 bereits 1.905 Corona-positive Schwangere eingeschlossen waren, bestätigen aber das hohe Risiko dieser Frauen: Demnach verläuft bei einer von 25 Schwangeren eine Corona-Infektion mit einem Intensivaufenthalt und eine von 2000 Erkrankten stirbt.

Einschätzungen der Autoren des Arzneimittelbriefs

Bei Auswertung der zahlreichen zitierten Quellen, die dem Positionspapier der Fachgesellschaften zugrunde liegen, kommen die Autoren des Arzneimittelbriefs zu folgenden Aussagen:

Bei Sars-CoV-2 positiv getesteten Schwangeren ist im Vergleich zu Nicht-Schwangeren das Risiko erhöht für

  • intensivmedizinische Betreuung (6-fach),
  • Beatmung (23-fach),
  • Tod (bis zu 26-fach),
  • Frühgeburt (bis zu 80 Prozent), nach schwerem Verlauf 4-fach,
  • Totgeburt (2-fach),
  • Präeklampsie (80 Prozent höher), bei schwerem Verlauf bis 4-fach,
  • thromboembolische Ereignisse (4,5-fach),
  • die Notwendigkeit einer Intensivbehandlung (3-fach).

Die Impfung von Schwangeren mit mRNA-Impfstoffen gegen Sars-CoV-2 führt dagegen:

  • nicht häufiger zu schwangerschaftsspezifischen Komplikationen.
  • nicht zu einem erhöhten Morbiditäts- oder Mortalitätsrisiko für die Schwangere oder den Feten.
  • zu keinem unterschiedlichen Nebenwirkungsprofil im Vergleich zu nichtschwangeren Frauen.
  • zu einem potenziellen Infektionsschutz (Leihimmunität) für das Neugeborene durch die nach Impfimmunisierung gebildeten und transplazentar übertragenen mütterlichen Antikörper.

Die Impfung stillender Mütter mit mRNA-Impfstoffen:

  • zeigt eine gleichwertige Antikörperbildung und ähnlich geringe Nebenwirkungen wie in der Schwangerschaft und bei nichtschwangeren Frauen.
  • kann eine Nestimmunität (Immunität des gestillten Kindes) hervorrufen, da impfinduzierte Antikörper in der Muttermilch nachgewiesen wurden.
  • erfordert keine Stillpause oder -verzicht, da die mRNA des Impfstoffs nicht in der Muttermilch nachgewiesen werden konnte.

Die Autoren des Arzneimittelbriefs

Stiko gibt generelle Impfempfehlung für Schwangere

In einer ersten Stellungnahme im April dieses Jahres hat die Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Instituts (Stiko) wegen mangelnder Daten die Impfung von Schwangeren nicht allgemein empfohlen. Inzwischen hat sich aber die Datenlage verändert.

Nach der Veröffentlichung des obigen Artikels im Arzneimittelbrief hat die Stiko in ihrem Epidemiologischen Bulletin vom 18.10.2021 für alle Schwangeren eine generelle Impfempfehlung ausgesprochen.

Sie hat ungeimpften Frauen im gebärfähigen Alter dringend zu einer Impfung gegen Covid-19 geraten, sodass ein optimaler Schutz vor dieser Erkrankung bereits vor Eintritt einer Schwangerschaft besteht. Noch ungeimpften Schwangeren wird die Impfung mit zwei Dosen eines mRNA-Impfstoffs ab dem zweiten Trimenon empfohlen.

Wenn die Schwangerschaft nach bereits erfolgter Erstimpfung festgestellt wurde, sollte die Zweitimpfung erst ab dem zweiten Trimenon durchgeführt werden. Überdies empfiehlt die Stiko ungeimpften Stillenden die Impfung mit zwei Dosen eines mRNA-Impfstoffs.

Klaus-Dieter Kolenda, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin - Gastroenterologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin/Sozialmedizin, war von 1985 bis 2006 Chefarzt einer Rehabilitationsklinik für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atemwege, des Stoffwechsels und der Bewegungsorgane. Seit 1978 ist er als medizinischer Sachverständiger bei der Sozialgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein tätig. Zudem arbeitet er in der Kieler Gruppe der IPPNW e.V. (Internationale Ärztinnen und Ärzte für die Verhinderung des Atomkriegs und für soziale Verantwortung) mit. E-Mail: klaus-dieter.kolenda@gmx.de

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.